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Endstadium

Endstadium

Titel: Endstadium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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sinnvolle, wenn auch recht spät begründete Altersvorsorge. Gewiss eine Luxusvorsorge, aber die monatlichen hohen Prämien wurden stets bezahlt. Der Abschluss der Versicherung erfolgte zu einem Zeitpunkt, in dem Justus Rosell aller Wahrscheinlichkeit noch nicht krank war. Selbst wenn zum Zeitpunkt der ersten Röntgenaufnahme der Tumor sichtbar gewesen sein sollte, wäre die Krankheit – ihren aggressiven und schnellen Verlauf unterstellt – zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nicht vorhanden oder zumindest nicht erkennbar gewesen. Das bestätigen Mediziner, die wir im Rahmen unserer Ermittlungen zum wahrscheinlichen Krankheitsverlauf in diesem Fall konsultiert haben. Rosell hatte nichts vorgetäuscht. Seine Frau setzte er unwiderruflich als Bezugsberechtigte ein, soweit er den Ablauf der Versicherung nicht erlebt, allerdings unter der auflösenden Bedingung des Scheiterns der Ehe. Alles in allem nicht ungewöhnlich. Der Vertragsschluss erfolgte zeitlich reichlich vor dem Zeitpunkt, als Justus Rosell auffallend Gewicht verlor. Als der Prozess Rosell gegen Hobbeling begann und zeitgleich das mediale Feuerwerk entzündet wurde, hat unser Herr Schürmann den Fall von rechts auf links und wieder zurück gewendet. Es kam nichts heraus, was uns berechtigt hätte, den Vertrag zu kündigen oder anzufechten. Auch Schürmann hat das einsehen müssen, obwohl er telefonisch Frau Rosell beinahe inquisitorisch befragt hatte, wann und wie sich die Symptome bei ihrem Mann zeigten. Deshalb habe ich mich gewundert, dass er nun wieder in dieser Sache schnüffelte, und das, obwohl er nicht mehr in unserem Unternehmen tätig ist. Aber ein Typ wie Schürmann kann offensichtlich keine Ruhe geben. Er kann nichts abwarten, lauert, denkt vor und zurück, will ein Ergebnis um jeden Preis. Das sind Eigenschaften, die nicht gut tun. – Ich möchte das vorausschicken, Frau Schwarz, denn ich muss um Verständnis dafür bitten, dass wir nach den leidvollen Erfahrungen in anderen Fällen mit den Ermittlungsergebnissen von Herrn Schürmann sehr vorsichtig umgehen. – Also, Frau Schwarz: Gibt es Hinweise im Fall Rosell, dass irgendetwas nicht stimmt? Sie sagten doch, dass Sie Herrn Rosell vertreten. Was ist also Ihr eigentliches Interesse? Ich wunderte mich damals schon, dass Sie bei Ihrem eigenen Mandanten einen Betrug vermuteten. Oder habe ich Sie missverstanden?«
    Marie war überrascht.
    »Es ist vielleicht wirklich nicht wichtig«, relativierte sie. »Lassen wir es dabei bewenden.«
    »Nicht böse sein«, schloss Herr Schwamhof. »Aber außer handfesten Beweisen zählt für uns nichts. Und ich denke, die gibt es nicht.«
    »Sie haben recht«, bestätigte Marie und beendete das Gespräch.
     
    »Unser Freund Schürmann«, staunte Stephan. »Ich verstehe nun überhaupt nicht mehr, welches Interesse er noch an dem Fall Rosell hat. Wer will denn noch etwas für den Arbeitgeber tun, von dem er rausgeworfen wurde?«
    »Rehabilitation vielleicht«, meinte Marie. »Oder er will es der Versicherung jetzt richtig zeigen. Das würde zu ihm passen, wenn er ein Besessener ist.«
    »Aber er hat nichts davon«, entgegnete Stephan. »Er hat hier vor Ort für sich und seine Frau eine Menge Geld verbraucht, um einen vermeintlichen Betrug aufzudecken, der – was er letztlich weiß – keiner ist. Stattdessen erfährt er, dass Julita Rosell und Jens Hobbeling ein Verhältnis miteinander haben. Die von uns eingeleitete Scheidung erspart der Versicherung die Auszahlung, aber davon hat er nichts. Warum sollte er sich so engagieren? Das macht doch keinen Sinn.«
    »Besessen eben«, sagte Marie.
    Stephan dachte eine Weile nach.
    »Ich glaube, wir denken in die falsche Richtung, Marie …«, sagte er dann. Er nahm das Handy und sandte Julita Rosell eine SMS: ›Wir müssen dringend reden. Es ist zu Ihrem Schutz. Bitte vertrauen Sie mir. Es eilt! Stephan Knobel.‹
     
    Auf dem Nachbargrundstück unten an der Sackgasse machte der pensionierte Banker Dehnübungen. Marie und Stephan kletterten den Hang hinab und begrüßten den Rentner durch den Zaun.
    »Wir suchen Frau Rosell«, eröffnete Stephan.
    Der Banker hielt inne und kam auf sie zu.
    »Julita wird bei ihrem Mann im Krankenhaus sein«, vermutete er. »Sie kam gestern völlig verstört zu uns herüber, als sie den Einbruch bemerkt hatte und ihren Mann im Haus nicht finden konnte. Meine Frau hatte mir alles berichtet. Ich war ja bei Justus im Krankenhaus. Es steht ganz schlimm um ihn. Sehr traurige Geschichte.

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