Endstation bei Al Wheeler
Strahlengewehr, oder was ist los ?«
Dann trat sie aus dem Kleid
heraus, hob es mit einer Hand vom Boden auf und rannte aus dem Zimmer. Ein paar
Sekunden später hörte ich die Wohnungstür hinter ihr zuschlagen, und ich hielt
mir selber den Daumen, daß die alte kleine Dame, die im Stock darunter wohnte —
die mit dem schwachen Herzen — , sich nicht gerade im
Aufzug befand, wenn eine halbnackte Maggie Harding hereingestürzt kam.
Ich nahm mein Glas und trank es
leer, und dann nahm ich das Maggies und trank es ebenfalls leer. Der Alkohol
brannte an meiner verletzten Lippe, wobei mir einfiel, daß ein aufgeschlagener
Mund eine verdammte Belohnung für ein Vierzigdollarabendessen war. Der Gedanke
trieb mich in die Küche, um mir einen neuen Drink zurechtzumachen, aber zuerst
schaltete ich das HiFi -Gerät ab. Ich meine, Thanks for the Memory ist ein großartiges Stück, aber im
Augenblick war nicht der richtige Zeitpunkt dafür.
Etwa fünf Minuten später
klingelte das Telefon, und da ich dachte, es könne ohnehin nichts geschehen,
was diesen Abend noch schlimmer machen könnte, als er schon war. Nahm ich den
Hörer ab.
» Lietnant Wheeler?« Es war eine weibliche Stimm , schrill und
vage bekannt.
»Ja«, sagte ich. »Wer ist am
Apparat ?«
»Janice Iversen .
Ich weiß nicht, ob Sie sich an mich erinnern, Lieutenant, aber wir haben uns gestern abend im Maloneschen Haus
kennengelernt — gleich nach dem Mord .«
Es verursachte mir keine Mühe,
wenn auch einen leichten Widerwillen, die allzu üppige Blonde mit dem gefärbten
Haar in einem Baby-Doll-Pyjama vor meinem inneren Auge erstehen zu lassen. »Ich
erinnere mich«, sagte ich mürrisch.
»Man hat mir im Büro des
Sheriffs Ihre Privatnummer gegeben, als ich sagte, es sei dringend«, fuhr sie
atemlos fort. »Ich weiß, es ist schrecklich spät, aber ich brauche Ihre Hilfe,
Lieutenant, und zwar gleich! Morgen wird es zu spät sein, davon bin ich
überzeugt !«
»Wo brennt’s denn ?« fragte ich.
»Mein Leben ist in Gefahr, ich
weiß es !« Ihre Stimme zitterte plötzlich. »Ich kann
Ihnen nicht am Telefon sagen, weshalb, aber wenn Sie jetzt gleich in meine
Wohnung kommen, werde ich...«
»Glauben Sie, daß Ihr Leben in
diesem Augenblick in Gefahr ist ?« fragte ich
vorsichtig.
»Natürlich ist es das !« Ihre Stimme hob sich hysterisch. »Ich kann es nicht mehr
länger bewahren, und sie wissen es! Sie werden mich auf dieselbe Weise
umbringen, wie sie Dean umgebracht haben! Sie sind meine einzige Hoffnung,
Lieutenant! Sie können mir Ihren Schutz nicht verweigern !«
»Okay«, sagte ich. »Beruhigen
Sie sich, Miss Iversen . Ich mache mich sofort auf den
Weg .«
»Dann beeilen Sie sich !« wimmerte sie. »Bitte, beeilen Sie sich! Ich war so dumm,
früher am Abend mit ihnen zu reden! Wenn ich bloß meinen großen Mund gehalten
hätte, so wären sie nie auf den Gedanken gekommen...« Nun brach ihre Stimme
völlig. »Beeilen Sie sich !« stöhnte sie, und dann
wurde die Verbindung unterbrochen.
Dies wurde nun also der
grandiose Höhepunkt einer grandiosen Nacht, dachte ich, während ich aufhängte —
bei einer verdächtigen Verrückten zu sitzen! Ich überlegte angewidert, ob sie
auch zu Hause Baby-Doll-Pyjamas trüge — oder nur auf Partys.
SECHSTES KAPITEL
E s war kurz nach Mitternacht,
und bis zu Weihnachten fehlten nur noch zwei Einkaufstage, als ich meinen Wagen
vor dem Appartementgebäude parkte, in dem Janice Iversen wohnte. Ich überlegte, daß sie in Anbetracht der Tatsache, eine ehemalige
Flamme von Carroll gewesen zu sein, von ihm gründlich sitzengelassen worden
sein mußte, da er sie in einer so schäbigen Gegend der Innenstadt von Pine City hausen ließ. Ihrem Briefkasten war zu entnehmen,
daß sie im zweiten Stock wohnte. Aufzug gab es keinen, also stieg ich die
Treppe hinauf und drückte auf den Summer.
Da nichts erfolgte, drückte ich
erneut. Als sich auch beim zweitenmal nichts rührte,
versetzte ich der Tür einen leichten Schubs, und sie öffnete sich ein paar
Zentimeter weit. Das gesamte Gebäude verfügte über eine hübsche grabähnliche
Atmosphäre, und ich spürte, wie die kurzen Härchen in meinem Nacken unruhig
wurden. Ich zog die Achtunddreißiger aus meinem
Gürtelholster, preßte mich gegen die Wand und stieß die Tür mit dem Fuß weit
auf. Und noch immer rührte sich nichts. Es war eine dieser interessanten
Situationen, bei denen ich mich selber zum Kuckuck wünsche; aber dieser Wunsch
trug mir, wenn ich allzu
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