Endstation Mord Kommissar Morry
du dir in diesem Punkt etwas vormachst. Du mußt anfangen, den Realitäten ins Auge zu blicken. Du, Carol Tone, hast einen Menschen getötet. Du hast Joe Simpson ermordet!"
„Es war kein Mord", verteidigte sich Carol. „Ich habe es nicht vorsätzlich getan!"
„Zugegeben. Falls es zu einer Anklage gegen dich kommen sollte, würdest du vermutlich mit einer langjährigen Zuchthausstrafe davonkommen. Ist dir klar, was das bedeutet? Du müßtest zehn oder zwanzig Jahre hinter Gittern verbringen. Wenn du herauskämest, wärest du eine alte, verbrauchte Frau. Ein Mensch mit Vergangenheit, aber ohne jede Zukunft. Ist das nicht ebenso schlimm wie ein Todesurteil? Willst du das auf dich nehmen?"
„Ich weiß selbst nicht mehr, was ich wirklich will", meinte Carol mit gebrochener Stimme. „Ich fühle nur, daß schon zuviel passiert ist, viel zuviel! Ich könnte es nicht ertragen, wissentlich an einem weiteren Mord beteiligt zu sein."
„Es ist die letzte Klippe", sagte Tone. „Sie muß genommen werden."
„Ich habe nicht die Kraft dazu. Wenn es wirklich sein muß, soll Riley die Aufgabe übernehmen!"
„Das ist nicht möglich. Baker weiß, wie Riley aussieht und wer er ist. Ich kann Riley also nicht mehr einsetzen. Unsere ganze Hoffnung ruht jetzt auf dir!"
„Erkennst du nicht, daß ich nur noch ein Nervenbündel bin? Ich würde alles nur verderben!"
„Du wirst dich wieder fangen", beruhigte er sie.
„Nein, ich kann nicht. Gib Baker doch das Geld! Es ist schließlich eine Chance, die Dinge ohne zusätzliches Blutvergießen zu regeln." Sie machte eine Pause und kaute auf der Unterlippe herum. Dann schlug sie sich plötzlich mit der flachen Hand gegen die Stirn. „Daß ich nicht gleich daran gedacht habe..."
„Woran?"
„Ich habe ihn in der Hand! Gib ihm das Geld ... er wird damit außer Landes gehen und keinen zweiten Erpressungsversuch unternehmen, das garantiere ich dir!"
„Was sollte ihn davon abhalten, es nochmals zu versuchen?" fragte Tone erstaunt.
„Dafür gibt es einen guten Grund."
„Willst du ihn mir nicht nennen?"
„Nein, ich kann darüber nicht sprechen."
„Na, hör mal. .
Carol zuckte zusammen, als das Telefon schrillte. „Das ist bestimmt die Polizei!" sagte sie atemlos.
„Unsinn", knurrte Tone und trat an den Apparat. „Wenn die Burschen wüßten, was geschehen ist, würden sie mindestens in Kompaniestärke hier anrücken. Ich hoffe, es handelt sich um Baker." Er griff nach dem Hörer, zog die Hand aber wieder zurück. „Es ist besser, wenn du dich meldest. Los, steh auf! Du mußt mit ihm sprechen. Vergiß nicht, daß ich den Toten aus dem Haus gebracht habe, um dir zu helfen! Es wird Zeit, daß du dich ein wenig erkenntlich zeigst!"
Carol stand auf und schleppte sich mit gesenktem Kopf an das Telefon. „Was soll ich ihm denn sagen?"
„Irgend etwas. Laß ihn in dem Glauben, daß ich der Mörder bin. Sage ihm, wie verzweifelt du bist und wie sehr du mich haßt. Bitte ihn vor allen Dingen um eine Verabredung! Wir müssen erfahren, wie und wo wir mit ihm Zusammentreffen können."
Carol nickte. Sie nahm den Hörer ab und nannte ihren Namen.
„Wie gut, daß ich Sie antreffe!" sagte Frank Baker am anderen Ende der Leitung. Seine Stimme klang erleichtert. „Ich habe mir Sorgen um Sie gemacht. Ich muß Sie sprechen. Ich möchte Ihnen einen Vorschlag machen. Es ist dringend..."
„Was ist es denn?"
„Sind Sie allein?"
„Ja
„Haben Sie schon mit Ihrem Mann gesprochen? Wissen Sie, daß ich in seinem Büro war?"
„Darüber hat er mich informiert."
„Ich habe ihn erpreßt. Ich war ein Narr, mich mit einer Forderung von hunderttausend Dollar zu begnügen. Ich hätte mindestens das Doppelte verlangen sollen!"
„Warum haben Sie das getan, Frank?"
„Ist es Ihnen denn nicht recht?" fragte Frank verwundert. „Sie hassen ihn doch, nicht wahr? Schließlich haben Sie mich sogar aufgefordert, ihn zu töten! Und früher oder später werden Sie sich ja doch dafür rächen wollen, daß er Ihren Geliebten getötet hat!"
„Das ist jetzt doch ganz egal!"
„Egal? Wollen Sie damit ausdrücken, daß Sie sich nach dieser entsetzlichen Tat mit ihm arrangiert haben? Das würde mich zutiefst enttäuschen ..."
„So ist es nicht."
„Aber?"
„Am Telefon kann ich Ihnen das nicht sagen. Wo sind Sie zu erreichen?"
„Ich bin in der Bronx. Jefferson Road 37. Unten im Haus ist eine Kneipe. Machen Sie sich nicht zu fein, wenn Sie kommen. Sie würden sonst Aufsehen erregen. Ich bin
Weitere Kostenlose Bücher