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Endstation Nippes

Titel: Endstation Nippes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingrid Strobl
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Und ihr geht so lange bitte nicht raus. Ich meine damit: Ihr setzt keinen Fuß vor die Tür. Und wenn es läutet, macht ihr nicht auf. Okay?«
    Chantal nickte erneut. Marco grub mit dem Fuß Linien in die Erde. Chantal nahm ihn an der Hand: »Komm, Hörnchen, wir gehen zum Hotte-Opa.«
    Er ließ sich widerstandslos abführen. Nele hatte die ganze Zeit über kaum ein Wort gesprochen. Ich sah sie an. Sie hatte Tränen in den Augen. Tausend Fragen im Blick. Die ich auch nicht beantworten konnte.
    Sie schnäuzte sich kurz und verlegen und fragte betont flapsig: »Habt ihr Picos denn keinen Hunger?«
    »Doch!«, rief Chantal.
    »Okay, auf was habt ihr Lust? Pizza? Sahnetorte?«
    »Jaaaaa!« Chantal lachte, Marcos Augen leuchteten kurz auf.
    »Gut.« Ich überlegte einen Moment, dann schlug ich vor, Nele und die Kiddies sollten im Altenberger Hof eine Cola trinken, und ich würde rasch etwas zu essen holen.
    Ich marschierte los zur Neusser Straße. Auf dem Erzbergerplatz fiel mir plötzlich ein: Ich konnte die Sendung über Pflegefamilien jetzt ja gar nicht mehr machen, zumindest nicht so wie geplant. Ich rief meine Redakteurin an, bekam aber nur den AB dran. Bat sie, sich dringend bei mir zu melden, und warnte sie schon mal vor, dass ich den Sendetermin nicht einhalten konnte.
    Als ich im REWE vor der Tiefkühltruhe stand, rief sie an. Ich ließ den Wagen stehen und ging raus vor die Tür. Harry, mein Lieblingsschnorrer, hielt mir den Kaffeebecher hin, ich schüttelte den Kopf, deutete auf das Handy und setzte mich auf die Bank.
    »Ina«, fing ich an, »es gibt ein Riesenproblem, aber ich liefere dir zum guten Ende eine Wahnsinnsgeschichte.«
    »Es ist ein bisschen schwierig, einen Sendetermin so kurzfristig zu kippen«, meinte sie ziemlich zurückhaltend.
    »Ina, ich hab das in all den Jahren noch nie gemacht«, flehte ich.
    »Stimmt. Entschuldige, dass ich so gereizt bin. Ich habe bloß drei Sendungen in einer Woche und weiß nicht mehr, wo mir der Kopf steht. Und grade weil du so zuverlässig bist, macht mir das jetzt erst mal Stress. Was ist denn passiert?«
    Ich sagte, dass ich ihr das jetzt hier nicht erzählen könne. Dass ich aber Anfang der Woche bei ihr vorbeischauen würde.
    Mein Wagen stand noch vor der Tiefkühltruhe. Ich versuchte, mich an meinen Kontostand zu erinnern, ließ es aber lieber wieder sein. Nahm zweimal Pizza Salami, zweimal Thunfisch und eine Packung TK -Asia-Wok mit Basmatireis. Für mich. Bei Merzenich holte ich Bienenstich, Erdbeertorte und ein Stück Marmorkuchen. Für den Fall, dass Hotte kein ganz so Süßer war. Anschließend lief ich noch schnell in den Schreibwarenladen, kaufte ein Klemmbrett, eine Aktenmappe, zwei Blatt loses Briefpapier, das ich in das Klemmbrett einlegte, und zwei Kölner Stadtanzeiger, die ich in die Mappe stopfte, damit sie richtig schön voll aussah.
    Im Altenburger Hof ging ich erst mal auf die Toilette, kämmte mich und band mir die Haare zusammen. Inspizierte meine Kleidung und steckte schließlich das T-Shirt in die Hose, was grässlich aussah, aber für die Rolle sicher gut war.
    Als wir zu viert bei Hotte einliefen, trug Nele die Plastiktüte mit dem Essen und plärrte Chantal an: »Der Opa hat kein Geld, der kann dir dat nit kaufen!«
    Chantal kreischte: »Ich brauch das aber!«
    Nele im schrillsten Ton: »Halt die Klappe oder ich vergess mich!«
    Hotte riss die Tür auf: »Wat brüllste schon wieder mit den Pänz rum!«
    Nele: »Misch du dich da nich ein!«
    Hotte: »Wenn ich die haben soll …«
    Jetzt, fand ich, war ich an der Reihe: »Wenn ich mal um Ruhe bitten dürfte!« Eisig-schneidender Fürsorgetonfall. Übertreib’s nicht, Leichter, sagte ich mir stumm, so sind die heute nicht mehr! In dem Moment ging die Wohnungstür gegenüber auf. Eine monumental dicke Frau um die vierzig in violetten XXL -Caprihosen sah höchst interessiert zu uns herüber, Arme vor der Brust verschränkt, Lippen zusammengepresst.
    »Herr Schulz«, sagte ich und öffnete die Akte einen Spalt, »vielleicht lassen Sie uns einfach rein? Ich würde mich gerne mit Ihnen und auch mit den Wohnverhältnissen ein bisschen vertraut machen.«
    »Für was das denn?«, blaffte Hotte.
    »Hörma«, quengelte Nele, »das is die Frau vom Jugendamt, hab ich dir doch gesagt, jetzt lass uns ma rein, der Kleine muss Pipi!«
    Hotte blieb stur in der Tür stehen und blickte mich grimmig an.
    »Wenn ich Sie korrigieren darf, Frau Baldauf«, wandte ich mich an Nele, »ich bin nicht die

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