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Endstation Nippes

Titel: Endstation Nippes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingrid Strobl
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passiert. Und die Arschlöcher sind noch unterwegs. Ja?«
    »Mach ich.« Sie nickte mir ernst zu und schloss die Haustür auf.
    Ich ging nach Hause, schwang mich aufs Rad und fuhr in die Budengasse. Ich wollte mir pädophile Porno-Sites angucken. Was heißt »wollte«. Ich hatte das vor Jahren alles schon mal gemacht und mir geschworen, dieses Thema nie mehr aufzugreifen. Ich bin hart im Nehmen, aber ich habe meine Grenzen. Zu Hause hatte ich bei Google zuerst »geile Kinder Asien« eingegeben, war aber zum Glück auf nichts Einschlägiges gestoßen. Oder ich hatte es nicht erkannt. Oder ich hatte nicht lange genug weitergescrollt. Dann hatte ich »geile Kinder« eingegeben und jede Menge Links bekommen. Unter anderem zu der Seite »kleine geile kinder« mit Angeboten wie »Inzest. Unsere kleine geile Tochter eingeritten«. Mit Highspeed-Download. Ich hatte es dann noch mit »horny kids asia« probiert und war nach ein paar Klicks beim Download-Angebot »Daddy joins the horny kids« gelandet.
    Diese Varianten menschlichen Verhaltes stellen meine buddhistischen Grundüberzeugungen auf eine harte Probe. Ich tue mich ausgesprochen schwer, auch solchen Leuten zu wünschen, sie mögen frei sein von Leid und den Ursachen des Leidens. Obwohl ich weiß: Wenn sie frei wären von Unwissenheit, Gier und Aggression – den drei Ursachen den Leidens –, dann würden sie anderen kein Leid zufügen. Und schon gar keinen Kindern. Aber das sind eher langfristige Überlegungen. Kurzfristig würde ich lieber Bomben schmeißen.
    Auf jeden Fall wollte ich mir den Dreck nicht auf meinen PC herunterladen. Deshalb hatte ich Ina, meine Lieblingsredakteurin, gebeten, mich in der Redaktion an einen Rechner setzen zu dürfen.
    Ina schaute mir über die Schulter, las die Titel der Links und verließ das Zimmer. Als ich fertig war, verschleppte ich sie auf einen Kaffee. Ich musste raus. Wir ergatterten in der Espressobar an der Ecke einen freien Tisch auf der Terrasse und saßen uns eine Zeit lang schweigend gegenüber. Dann brachte ich sie auf Stand.
    »Und du hast diese Frau vom Jugendamt wirklich als O-Ton?«, staunte sie. Aber dann sagte sie nichts mehr, bis ich zu Ende geredet hatte. Schließlich meinte sie mit heiserer Stimme: »Lass es mich bitte wissen, wenn ich dem Mädchen irgendwie helfen kann.«
    Wir tranken bereits den zweiten Espresso, als sie plötzlich ausrief: »Hanna!«
    Hanna ist die Redaktionssekretärin, eine liebenswürdige, hilfsbereite und hochgradig kompetente Frau. Ich verstand nur nicht, was sie mit meinem Thema zu tun hatte.
    Hannas Mann, klärte Ina mich auf, arbeitete in der Rechtsabteilung der KV , der Kassenärztlichen Vereinigung.
    »Dieser van Maarsen muss ja nicht in Köln leben. Und Hannas Mann kann für dich sicher herausfinden, ob es unter den Ärzten in Nordrhein-Westfalen einen van Maarsen gibt.«
    Bingo! Wir gingen zurück in die Budengasse, und ich erzählte Hanna, ich müsste für mein nächstes Feature wissen, ob es in Nordrhein-Westfalen einen Arzt namens van Maarsen gab oder ob es mal einen gegeben hatte. Ob ihr Mann das für mich rauskriegen und mir dann dessen Adresse und Telefonnummer geben könnte?
    »Willst du den interviewen?«
    Ich schwankte mal wieder zwischen Notlüge und Wahrheit. Fragte mich kurz, wie lange ich das noch beibehalten würde. Wozu ich eigentlich jeden Tag meditierte?
    Dann sagte ich: »Das weiß ich noch nicht. Es kann sein, dass dieser Mann ein Verbrechen begangen hat. Ich bin einer ziemlich schrecklichen Geschichte auf der Spur.«
    Hanna sah irritiert von mir zu Ina. Die bestätigend nickte. »Es war meine Idee, dich darum zu bitten.«
    »Na gut«, meinte Hanna schließlich. »Fragen kann ich ihn.«
    »Es wäre aber ziemlich dringend«, bat ich.
    »Tja«, erwiderte sie, »ein bisschen musst du dich gedulden. Er kommt morgen Abend von einer Tagung zurück.«
    Zu Hause hatte ich eine Mail von Jeff mit einem mehrseitigen Anhang. Das war nun gar nicht seine Art, also öffnete ich die Datei sofort. Seinem nepalesischen Freund, schrieb Jeff, hatte mein Verdacht keine Ruhe gelassen. Er war einer der Förderer von Maiti und mit Anuradha Koirala, der Gründerin und Förderin der Einrichtung, entfernt verwandt. Er hatte sich mit ihr in Verbindung gesetzt, und sie hatte ihn an ihre engste Mitarbeiterin verwiesen. Die hatte ihm gesagt, sie betrachteten das angebliche Heim gleichfalls mit größtem Misstrauen und vermuteten Schlimmes. Sie hatten auch schon überlegt, wie sie an die

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