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Endstation Nippes

Titel: Endstation Nippes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingrid Strobl
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verleihen. Und außerdem ist die Tatwaffe eines dieser hyperscharfen japanischen Profimesser, die schon schneiden, wenn du sie nur anguckst. So eines fehlt nämlich aus dem Messerset in der Grimme’schen Küche. Und der Täter hat damit die Aorta getroffen, er hatte also sozusagen Glück, und es war gar keine übermäßige Kraft nötig.«
    Ich fuhr trotzdem mit meiner Fragenliste fort: »Habt ihr Frau Lehner vernommen?«
    »Wen?«
    Na, super. Ich erklärte ihr, wer Frau Lehner war. Sie schüttelte den Kopf. Die Befragung der Nachbarn hatte der Kollege durchgeführt. Eine Frau Lehner oder sonst jemand, der freundlich über Otto Mansfeld geredet hätte, war ihr in den Protokollen nicht untergekommen.
    »So. Und was ist mit Hans Grimme? Der ist nicht koscher.« Ich berichtete ihr von meinem Telefongespräch mit ihm. »Und dann sind da noch der Vater und der Bruder von Frau Grimme. Die sie, wenn ihre Notizen stimmen, missbraucht haben. Sie und andere Kinder, und zwar vor allem Jungs. Und Mädchen, die noch nicht ihre Tage haben. Du erinnerst dich?«
    »Ich wollte mir dieses Notizbuch noch mal richtig durchlesen.«
    »Du wolltest ?« Ich war so laut geworden, dass Leute an anderen Tischen zu uns hersahen.
    Sie hielt den Kopf gesenkt. Schwieg. Dann murmelte sie etwas, das ich nicht verstand.
    »Bitte?«
    »Es ist weg. Das Notizbuch ist aus der Asservatenkammer verschwunden. Vermutlich wurde es verlegt oder …« Sie brach ab und rieb sich wieder die Augen. Ich musste das erst einmal verdauen. Bevor ich etwas sagen konnte, klingelte mein Handy.
    »Liebste, ich bin jetzt auf dem Neumarkt, die Bahn fährt gleich ein. Bist du schon zu Hause?«
    »Äh, nö, äh … kannst du zu unserem Türken kommen?« Ich hängte ein, bevor er reagieren konnte. Wandte mich wieder Tina zu. »Kannst du damit nicht zur Dienstaufsicht gehen?«
    »Das reicht nicht. Dass Sachen aus der Asservatenkammer verschwinden – oder scheinbar verschwinden –, das kann schon mal vorkommen. Das meiste taucht wieder auf.«
    »Das Grimme’sche Werk aber garantiert nicht.«
    »Katja? Du hast nicht zufällig eine Kopie?«
    Ich mochte Tina Gruber. Sie hatte mir im Winter das Leben gerettet. Ich hielt sie für anständig und integer. Aber ich dachte jetzt doch darüber nach, ob ich ihr wirklich trauen konnte.
    »Ich hab welche. Aber nicht bei mir zu Hause. Ich kann dir morgen eine Kopie der Kopien geben.«
    Sie nickte stumm. Tina ist nicht blöd. Sie hatte begriffen, dass ich ihr nicht hundertprozentig traute. Ich wollte sie nicht verletzten, aber Marco und all die anderen Kids, denen das Gleiche angetan wurde wie ihm, waren mir wichtiger.
    »Was wirst du jetzt machen?«
    Sie wich meinem Blick aus. »Gar nichts. Der Fall ist durch. Akte geschlossen.«
    »Heißt?«
    Lejlan räumte den Tisch ab. »Wollt ihr noch was trinken?«
    Wir bestellten eine große Flasche Mineralwasser. Tina lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück, ließ Schultern und Arme hängen und sah aus, als wollte sie nur noch schlafen. Vermutlich war es auch genau so. Sie tat mir leid. Ich versuchte, mich in ihre Lage zu versetzen. Es ging nicht. Ich bin nicht zufällig keine Polizistin geworden. Aber mir war klar, dass sie sich in einer höchst schwierigen Situation befand. Wenn sie diesem Staatsanwalt auf die Füße trat, ohne dass wir ihm etwas nachweisen konnten, riskierte sie vermutlich ihre Stelle.
    »Und was könnte ich machen?«, fragte ich leise.
    Sie sah mich wieder an. Lächelte schief. »Ich muss dir sagen: Du darfst gar nichts machen. Ja?«
    »Und abgesehen davon?«
    Jetzt lächelte sie breiter. »Keine Ahnung. Hast du Vorschläge?«
    Ich hatte eine Idee, aber ich würde den Teufel tun und ihr davon erzählen. Stattdessen bat ich sie, zu Paul zu gehen und ihm all das zu erzählen, was sie mir gerade gesagt hatte. Ich versprach ihr, er würde das vertraulich behandeln und nur dann etwas mit den Informationen machen, wenn sie es wollte. Sie zögerte lange, dann nickte sie. Ich verdonnerte sie dazu, gleich morgen früh zu ihm zu gehen. Sicherheitshalber rief ich ihn an und fragte ihn, ob er da wäre und eine Klientin empfangen könnte. Er konnte.
    Dann erzählte ich ihr von meinem Besuch bei Frau Lanzing in Merheim. Dass sie Tamara an Grimme vermittelt hatte. Und Tamara noch immer verschwunden war.
    »Ihr müsstet die Grimme-Wohnung noch mal durchsuchen, nach Sachen von Tamara, nach einer DNA -Probe von ihr. Das hab ich dir schon vor einer Woche vorgeschlagen!« Ich wurde gerade wieder

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