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Endstation Nippes

Titel: Endstation Nippes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingrid Strobl
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gern.
    Dann googelte ich Antonio Salieri. Bekam, wie erwartet, endlos Links zum Komponisten. Als ich gerade aufgeben wollte, stieß ich auf den Link zu F.I.C. in Kambodscha. Also nahm ich einen neuen Anlauf, aber nun ging es wirklich nur noch um den historischen Salieri und die offenbar ungezählten Aufführungen und Einspielungen seiner Werke.
    Ich lief eine Runde durch das Nippeser Tälchen und versuchte, die Bilder loszuwerden, die ich im Kopf hatte. Bilder von kleinen Jungen voller Narben und Hämatome. Bilder von Marcos malträtiertem Körper. Ich war frustriert und wusste nicht mehr weiter. Ich drehte mich ständig im Kreis. Egal, welche Recherche ich anfing, ich landete bei Salieri oder im Nichts. Tina hatte sich nicht mehr gemeldet. Hannas Mann kam erst morgen Abend zurück, so lange hatte ich nicht Zeit.
    Ich ging über die Neusser Straße zurück und checkte im Internetshop meine web.de-Mails. Bingo! Tina hatte mir eine Nachricht geschrieben: »Guck mal, meine neue Mail-Adresse. Herzlich Lara.« Ich hatte nicht gewusst, dass sie Lara-Croft-Fan war. Es passte aber zu ihr. Ich schrieb zurück: »Kannst du an die Personalakte von deinem liebsten Freund kommen? Und hast du etwas von T gefunden?«
    Ich loggte mich aus und warf mein Handy an, das ich in der Redaktion ausgestellt hatte. Fand eine SMS von Bruderherz: »Sei um 18.00 Uhr bei mir!«
    Aye, aye, Sir.
    Dann tat ich, was ich die ganze Zeit vor mir hergeschoben hatte. Läutete bei Hotte. Er war da. Chantal, erzählte er, war im Kung-Fu-Kurs. Na denn, Leichter, dachte ich, jetzt oder nie.
    »Hast du über meinen Vorschlag nachgedacht?«
    »Vorschlag? Ich dachte, das wär ‘ne Bitte gewesen.«
    »Hotte!«
    »Wenn ich wieder einfahre, muss die Chantal ins Heim. Haste das auch bedacht?«
    Hatte ich. Und mir war deswegen mehr als mulmig zumute.
    »Ich habe Tina Gruber gefragt, ob sie noch mal in die Wohnung reinkann, um irgendetwas von Tamara zu suchen. Und dann hätte sie sich auch so noch mal genauer umsehen können. Aber dieser Staatsanwalt gibt ihr die Genehmigung nicht.«
    »Und was willst du da finden?«
    »Klamotten von dem Mädchen, ‘ne Haarbürste oder so was, irgendwas mit ihrer DNA . Vielleicht ist noch was da. Und sonst – ich hab keine Ahnung, Hotte. Vielleicht gibt es da noch ein Notizbuch oder eine CD mit irgendwelchen Infos, oder – ich weiß es nicht.«
    »Also mach ich mit dir ‘n Bruch in dem Scheiß-Lindenthal und riskier Knast für – ›ich weiß es nicht‹«, äffte er mich nach.
    »Ich will an den Rechner von dem Mann von der Grimme ran. Mal gucken, was der da draufhat.«
    »Ah ja, vielleicht sollten wir paar Stullen mitnehmen und ‘n lecker Bierchen?«
    Ich stand auf. »Okay, vergiss es.«
    »Jetzt mach mal halblang.« Er schob mir den Aschenbecher hin und holte zwei Flaschen Bleifrei aus dem Kühlschrank. »Lass mal überlegen.«
    Um Viertel vor sechs raste ich zur Florastraße und jumpte in die 12, die zum Glück gerade einfuhr. Um drei nach sechs lief ich bei Paul auf. Aysche fuhr gerade ihren Rechner herunter.
    »Die Herren sind oben«, sagte sie mit einem maliziösen Lächeln.
    Die Herren?
    Ich wünschte Aysche einen schönen Abend und stieg die Treppen zur ersten Etage hoch. An Pauls Besuchertisch saß der ältere Herr von neulich, Oberstaatsanwalt irgendwas.
    »Katja Leichter, Dr. Gorowski«, stellte uns Paul noch einmal vor. »Tee? Kaffee?« Er hatte beides da stehen. Und seine edelsten Tassen. Wow, dachte ich, was geht da ab?
    »Tee bitte«, sagte ich artig und ließ mir einschenken.
    Dr. Gorowski musterte mich mit einem Blick, als müsste er über meine Einstellung entscheiden. Er bekam auch Tee. Paul nahm sich Kaffee. Dann wandte er sich an mich mit einer Höflichkeit, die ich so von meinem älteren Bruder nicht wirklich gewohnt war.
    »Katja, würdest du bitte Herrn Dr. Gorowski alles erzählen, was du über Frau Grimme, Marco und dieses Mädchen Tamara weißt?«
    »Alles?«, fragte ich entsetzt.
    »Ich wäre Ihnen sehr dankbar«, sagte Gorowski mit einem bekümmerten Gesichtsausdruck. Ich versuchte, Pauls Blick einzufangen, aber er blätterte in einer Akte.
    »Es tut mir leid«, erwiderte ich und lächelte Gorowski höflich zu, »aber ich habe gerade kein großes Vertrauen zu Staatsanwälten.«
    »Das kann ich verstehen. Ihr Verdacht gegen Dr. Völcker ist schwerwiegend, Frau Leichter. Aber ich muss die Gründe dafür kennen.«
    Ich starrte Paul so lange an, bis er meinen Blick erwiderte. Er nickte kaum

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