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Endstation Nippes

Titel: Endstation Nippes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingrid Strobl
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Fresse, bist du breit!«
    Er setzte sich auf und wurde wieder ernst. »Von wegen breit. Hertha war ziemlich hinüber, als ich vorhin bei ihr geklingelt habe. Sie hat nach Schnaps und Dope gestunken.«
    »Ich weiß. Seit Nele weg ist, dröhnt sie sich ständig zu. Das tut ihr nicht gut. Und ich hab keine Zeit, mich um sie zu kümmern. Scheiße!«
    »Soll ich mal mit ihr reden?«
    »Nö, danke. Sie weiß ja, dass du Suchttherapeut bist, und das würde bei ihr jetzt grade gar nicht gut kommen.«
    Wir gingen in die Küche, ich legte zehn Knoblauchzehen, vier getrocknete Tomaten, Brett und Messer vor Stefan auf den Tisch, setzte Nudelwasser auf und zupfte eine Handvoll Blätter von meinem Basilikumbäumchen. Von Jeffs Mail und dem Gespräch mit Gorowski wollte ich ihm nach dem Essen erzählen. Jetzt brauchte ich erst mal Ruhe. Rosa strich um meine Beine und maunzte vorwurfsvoll. Ich konnte mich nicht erinnern, ob ich ihr seit dem Morgen schon etwas zu essen gegeben hatte. Dieser Fall muss jetzt bald ein Ende haben, dachte ich, es geht nicht, dass alle meine Lieben ständig darunter zu leiden haben.
    Stefan musste allerdings ganz und gar nicht leiden. Zumindest nicht in dieser Nacht. Obwohl wir beide grauenhaft nach Knoblauch stanken.

ACHTZEHN
    Tanja Meissner, die Autorin des Films über Kinderprostitution, sprang sofort darauf an, als ich »Antonio Salieri« sagte. Sie hatte diesem Phantom auch schon hinterherrecherchiert – wie ich vergeblich. Aber, sagte sie mir, »dieses F.I.C. -Projekt« – sie sprach es »Fick-Projekt« aus – »gab es wirklich«. Und, fügte sie hinzu, eine Prostituierte, die in einem Bordell in der Nähe arbeite und die eine ihrer wichtigsten Informantinnen sei, habe ihr erzählt, sie hätte öfter einen alten Mann dort ein und aus gehen sehen, einen großen hageren Weißen, der etwas Militärisches an sich hatte.
    Okay, dachte ich, jetzt bekommt die Sache langsam Hand und Fuß. Ich berichtete ihr von dem »Heim« in Kathmandu und von dem alten Weißen, der dort gesehen worden und als »Feldwebel« klassifiziert worden war. »Und jetzt raten Sie mal, unter welchem Namen er sich in seinem Hotel angemeldet hat?«
    »Sagen Sie nicht, Antonio Salieri!«
    »Doch.«
    »Wahnsinn!«
    Weiter kamen wir dann allerdings auch nicht. Sie würden erst nächste Woche zum Dreh fliegen, ich bat sie aber trotzdem, sich in Phnom Penh nach diesem Mann umzuhören und mir sofort Bescheid zu geben, wenn sie etwas erfuhr. Und, schlug ich vor, sie solle den Namen van Maarsen fallen lassen, wenn sie mit ihren Informanten sprach. Und gucken, wie sie darauf reagierten. Sie versprach es und meinte, wir müssten uns mal kennenlernen. Ganz meine Meinung.
    Kaum hatte ich eingehängt, berichtete ich Jeff per Mail von dem Gespräch mit Tanja Meissner. Bat ihn, die Message auch seinem Freund weiterzugeben und alle Kontakte zu aktivieren. Vielleicht befand sich Mr. Salieri ja noch in Nepal. Und er solle sich mal vorsichtig nach einem Deutschen namens van Maarsen umhören.
    Hertha sah aus, als wäre sie schwer krank. Meinte, sie hätte jetzt keine Zeit, ich solle später kommen. Ich ließ mich nicht abweisen. Sie schlurfte zum Küchentisch und sah mich herausfordernd an.
    »Krieg ich ‘n Kaffee?«
    »Mach dir welchen. Du weißt ja, wie das geht.«
    Ich stellte Wasser auf, schmiss den alten Filter weg, legte einen neuen ein und putzte die Spüle, während ich darauf wartete, dass das Wasser kochte. Von unter der Spüle kam ein fauliger ekliger Geruch. Ich sah nach – es war der Müll. Ich hielt mir mit einer Hand die Nase zu, holte mit der anderen die übervolle stinkende Tüte heraus und brachte sie runter. Dann wusch ich den Mülleimer aus, stellte ihn verkehrt herum auf die Fensterbank und sah mich nach weiteren Jobs um. Hertha sagte kein Wort. Ich holte eine neue Mülltüte aus dem Schrank, hängte sie an den Türgriff und kippte den überquellenden Aschenbecher hinein. Dann öffnete ich den Kühlschrank und sortierte den verschimmelten Käse, die abgelaufene Wurst und die ranzige Butter aus.
    »Is dir langweilig? Häste nix ze don?«
    »Nö. Ich such bloß die Arschlöcher, die Marco umgebracht haben.« Im Kühlschrank standen vier Flaschen Grappa, im obersten Fach lagen übereinandergestapelt acht Flaschen Kölsch. »Haste Nele schon angerufen?«
    »Sollte ich?«
    »Weiß ich nicht. Ich denk bloß, sie würd sich drüber freuen.«
    »Seh ich anders. Sonst hätt se sich jemeldet.«
    »Hertha, wie alt biste grade? Vier?

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