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Endstation Venedig

Endstation Venedig

Titel: Endstation Venedig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shaya
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sah, erklärte er: Das ist die Friedhofsinsel. Dorthin ist die Leiche gebracht worden.
    Ohne auf ihre Antwort zu warten, zeigte er zum Anleger und ging über die Straße voraus. Sie sagte noch irgend etwas zu ihrem Fahrer und folgte ihm dann. Am Wasser angelangt, deutete er auf die blau-weiße Polizeibarkasse, die dort lag. Hierher, Doctor , sagte er, indem er vom Ufer an Deck sprang. Sie war dicht hinter ihm und ergriff ohne Zögern seine Hand, um sich an Bord helfen zu lassen.
    Ihr Uniformrock bedeckte gerade ihre Knie. Sie hatte hübsche Beine, gebräunt und muskulös, mit schmalen Fesseln. Sobald sie in der Kabine Platz genommen hatten, lenkte Monetti das Boot in den Canal Grande. Rasch ging es mit rotierendem Blaulicht am Bahnhof vorbei und links in den Canale della Misericordia, dessen Auslauf direkt gegenüber der Friedhofsinsel lag.

    Wenn Brunetti einen Besucher von auswärts auf einem Polizeiboot mitnehmen mußte, machte er es sich normalerweise zur Aufgabe, ihn auf Sehenswürdigkeiten und andere interessante Punkte hinzuweisen. Diesmal begnügte er sich mit einer Förmlichkeit.
    Sie
    haben hoffentlich gut hierhergefunden, Doctor.
    Sie blickte auf den schmalen grünen Teppichstreifen zwischen ihnen und murmelte etwas, das er als ja verstand, aber weiter sagte sie nichts. Er merkte, daß sie von Zeit zu Zeit tief durchatmete, um sich zur Ruhe zu zwingen, eine seltsame Reaktion, da sie ja immerhin Ärztin war.
    Als hätte sie seine Gedanken gelesen, blickte sie zu ihm auf, lächelte ein sehr hübsches Lächeln und sagte: Es ist etwas anderes, wenn man den Menschen kennt. Beim Medizinstudium sind es Fremde, da ist es leicht, den professionellen Abstand zu wahren. Sie machte eine lange Pause.
    Und Leute in meinem Alter sterben nor-
    malerweise nicht.
    Da hatte sie sicher recht.
    Haben Sie lange zusammen gearbei-
    tet?
    fragte Brunetti.
    Sie nickte und wollte antworten, aber bevor sie noch etwas sagen konnte, ruckte das Boot heftig. Sie hielt sich mit beiden Händen an ihrem Sitz fest und warf ihm einen ängstlichen Blick zu.
    Wir sind gerade in die Lagune hinausgefahren, hier ist mehr Wellengang. Keine Sorge, es ist nichts Beängstigendes.
    Ich bin kein guter Seemann. Ich stamme aus North Dakota, und da gibt es nicht viel Wasser. Ich habe noch nicht einmal schwimmen gelernt.
    Ihr Lächeln war schwach, aber es war wieder da.
    Haben Sie und Mr. Foster lange zusammen gearbeitet?
    Sergeant Foster , korrigierte sie ihn automatisch.
    Ja. Seit ich
    vor etwa einem Jahr nach Vicenza kam. Er macht eigentlich alles allein. Die brauchen nur einen Offizier, der die Verantwortung trägt.
    Und Papiere unterschreibt.
    Dem man die Schuld geben kann? fragte er mit einem Lächeln.
    Ja, ja, so könnte man vielleicht sagen. Aber es ist nie etwas schiefgegangen. Nicht bei Sergeant Foster. Er macht seine Arbeit sehr gut.
    Ihre Stimme klang herzlich. Lob? Zuneigung?
    Das Motorengeräusch unter ihnen wurde zu einem langsamen, gleichmäßigen Schnurren, und dann kam der schwere, dumpfe Schlag, als sie an die Anlegestelle des Friedhofs glitten. Er stand auf und stieg über die schmale Treppe aufs offene Deck, wo er stehenblieb, um die eine Hälfte der Schwingtür für die Ärztin aufzuhalten.
    Monetti war damit beschäftigt, die Leinen um einen der hölzernen Pfähle zu schlingen, die in absurdem Winkel aus dem Wasser der Lagune ragten.

    Brunetti sprang an Land und hielt ihr seinen Arm hin. Sie legte die Hand darauf und war mit einem großen Schritt neben ihm. Er stellte fest, daß sie weder eine Handtasche noch eine Aktenmappe bei sich hatte. Vielleicht im Auto oder im Boot gelassen.
    Der Friedhof wurde um vier Uhr geschlossen, so daß Brunetti auf die Klingel rechts von den großen Holztoren drücken mußte. Kurz darauf wurde das rechte Tor von einem Mann in dunkelblauer Uniform geöffnet, und Brunetti nannte seinen Namen. Der Mann hielt ihnen die Tür auf und schloß sie hinter ihnen. Brunetti ging durch die Haupteinfahrt voraus und blieb am Fenster des Wachmanns stehen, um seinen Namen zu nennen und seinen Dienstausweis vor-zuzeigen. Der Wachmann bedeutete ihnen, rechts durch die offene Arkade weiterzugehen. Brunetti nickte. Er kannte den Weg.
    Als sie das Gebäude betraten, in dem die Leichenhalle war, spürte Brunetti den plötzlichen Temperaturunterschied. Dr. Peters bemerkte ihn offensichtlich auch, denn sie kreuzte die Arme über der Brust und senkte den Kopf. An einem einfachen Holztisch am Ende des langen Korridors saß ein

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