Endstation Venedig
daß
Sie seinen Leumund in Zweifel ziehen.
Brunetti beeilte sich nicht,
etwas zu seiner Verteidigung vorzubringen, so daß Patta erklärend fortfahren mußte:
Er sagt, sein Versicherungsagent sei angerufen worden, von Ihnen, wohlgemerkt, und Sie hätten gefragt, woher er so schnell gewußt habe, daß bestimmte Dinge aus dem Palazzo entwen-det wurden.
Wäre Patta in die begehrenswerteste Frau der Welt verliebt gewesen, er hätte ihren Namen nicht ehrerbietiger flüstern können als das Wort
Palazzo .
Außerdem hat Signor Viscardi
erfahren, daß Riccardo Fosco, ein bekannter Linker
– was sollte
das wohl heißen, fragte sich Brunetti, in einem Land, in dem der Präsident der Abgeordnetenkammer seit Jahren Kommunist war? –
vieldeutige Fragen nach Signor Viscardis Finanzlage gestellt hat.
Hier legte Patta eine Pause ein, um Brunetti Gelegenheit zur Rechtfertigung zu geben, aber der schwieg weiter.
Signor Viscar-
di , nahm Patta den Faden wieder auf, hat mir diese Informationen nicht von sich aus gegeben, ich mußte ihn erst eingehend danach be-fragen, wie man hier mit ihm umgegangen ist. Aber er sagte, daß der Polizist, der zweite, wobei ich keine Veranlassung sehe, warum zwei hingeschickt werden mußten, daß dieser Polizist einige seiner Antworten nicht zu glauben schien. Natürlich fand Signor Viscardi, ein geachteter Geschäftsmann und Mit-Rotarier,
– überflüssig zu er-
klären, wessen Mit-Rotarier er war –
diese Behandlung unwürdig,
insbesondere so kurz nach seiner brutalen Mißhandlung durch die Männer, die in seinen Palazzo eingebrochen waren und Gemälde und kostbaren Schmuck hatten mitgehen lassen. Hören Sie überhaupt zu, Brunetti?
fragte Patta unvermittelt.
O ja, Vice-Questore.
Warum sagen Sie dann nichts?
Ich warte, was es mit dem unerfreulichen Anruf auf sich hat.
Verdammt noch mal , schrie Patta und schlug mit beiden Händen auf den Tisch. Das war der unerfreuliche Anruf. Signor Viscardi ist ein bedeutender Mann, hier wie in Mailand. Er hat beträchtlichen politischen Einfluß, und ich möchte nicht, daß er denkt – und weitererzählt –, er sei von der Polizei dieser Stadt schlecht behandelt worden.
Ich verstehe nicht, inwiefern er schlecht behandelt worden sein soll, Vice-Questore.
Sie verstehen gar nichts, Brunetti , stieß Patta wütend hervor.
Sie rufen am selben Tag, an dem der Diebstahl gemeldet wird, den Versicherungsagenten des Mannes an, als ob Sie den Verdacht hätten, es sei etwas damit nicht in Ordnung. Und dann gehen nach-einander zwei Polizisten ins Krankenhaus, um den Mann zu vernehmen und ihm Fotos von Leuten zu zeigen, die gar nichts mit dem Verbrechen zu tun hatten.
Hat er Ihnen das gesagt?
Ja, nachdem wir uns eine Weile unterhalten hatten und ich ihm versichert hatte, daß ich volles Vertrauen zu ihm habe.
Was hat er genau gesagt, über das Foto, meine ich?
Daß der zweite Polizist ihm das Foto eines jungen Kriminellen gezeigt und ihm offenbar nicht geglaubt hat, als er sagte, er kenne ihn nicht.
Woher wußte er, daß der Mann auf dem Foto ein Krimineller war?
Wie bitte?
Brunetti wiederholte: Woher wußte er, daß dieses Foto, das ihm gezeigt wurde, das Foto eines Kriminellen war? Es hätte das Bild eines beliebigen Menschen sein können, vom Sohn des Polizisten beispielsweise.
Commissario, was für ein Bild hätte man ihm denn zeigen sollen, wenn nicht das eines Kriminellen?
Als Brunetti nicht antwortete, seufzte Patta aufgebracht.
Sie
machen sich lächerlich, Brunetti.
Und als Brunetti etwas sagen wollte, schnitt Patta ihm das Wort ab. Und versuchen Sie nicht, sich hinter Ihre Leute zu stellen, wenn Sie genau wissen, daß sie im Unrecht sind.
Da Patta so sehr dar-
auf bestand, daß die unbotmäßigen Polizisten seine Leute
seien,
stellte Brunetti sich vor, wie es wohl zwischen Patta und seiner Frau zuging, wenn sie die Erfolge und Mißerfolge ihrer beiden Söhne untereinander aufteilten. Mein Sohn würde dann in der Schule Preise gewinnen, während deiner sich mit Lehrern anlegte oder durch Prüfungen rasselte.
Haben Sie dazu etwas zu sagen?
fragte Patta schließlich.
Die Männer, die ihn überfallen haben, konnte er nicht beschreiben, aber er wußte genau, welche Bilder sie mitgenommen hatten.
Wieder einmal erkannte Patta an Brunettis Argumentation nur die Dürftigkeit von dessen Herkunft.
Offensichtlich sind Sie es
nicht gewöhnt, mit kostbaren Dingen zu leben, Brunetti. Wenn ein Mensch jahrelang mit wertvollen Dingen
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