Endstation
bin noch wach.«
»Natürlich sind Sie das.«
»Aber ich will nicht wach sein.«
Morris nickte geduldig. Benson hatte vor einer halben Stunde die vorbereitenden Medikamente bekommen. Sie würden bald wirken und ihn schläfrig machen. »Wie fühlt sich Ihr Mund an?«
»Trocken.«
Also wirkte das Atropin schon. »Es ist alles in Ordnung.«
Morris selbst war noch nie operiert worden. Er hatte zwar Hunderte von Operationen ausgeführt, aber niemals eine an sich selbst erfahren. In den letzten Jahren machte er sich allmählich immer mehr Gedanken darüber, wie es wohl sein mochte, auf der anderen Seite des Zauns zu stehen. Er gab es zwar nicht zu, aber er stellte es sich schrecklich vor.
»Es ist alles in Ordnung«, wiederholte er und legte Benson die Hand auf die Schulter.
Benson sah ihn nur unverwandt an, während er den Flur entlang zum OP 9 geschoben wurde.
Der OP 9 war der größte Operationssaal des Krankenhauses. Die hundert Quadratmeter waren mit elektronischen Geräten vollgestopft. Wenn sich alle zwölf Mann des Operationsteams hier aufhielten, wurde es ziemlich eng. Aber im Augenblick arbeiteten nur zwei OP-Schwestern in dem großen, graugefliesten Raum. Sie bereiteten die sterilen Instrumententabletts und den Stuhl mit den sterilen Tüchern vor. Im OP 9 gab es keinen Operationstisch, sondern nur einen weich gepolsterten, aufrecht stehenden Stuhl, wie bei einem Zahnarzt. Janet Ross beobachtete die Mädchen durch die Fenster, die den Vorraum vom OP trennten.
Neben ihr stand Ellis, schrubbte Hände und Arme und fluchte leise vor sich hin, weil Morris zu spät dran war.
Vor Operationen konnte Ellis sehr drastisch werden. Er war außerdem höchst nervös und glaubte, daß niemand es bemerkte. Janet Ross hatte beim Waschen vor Tieroperationen einige Male neben ihm gestanden und kannte den Ablauf: Hochspannung und Flüche vor der Operation, dann absolute Gelassenheit, wenn erst einmal alles begonnen hatte.
Ellis drückte mit dem Ellenbogen den Hebel für das Waschwasser herunter und betrat rückwärts gehend den OP, damit seine Hände nicht die Tür berührten. Eine Schwester reichte ihm ein steriles Tuch. Während er sich die Hände abtrocknete, warf er erst durch die Glasscheibe einen Blick auf Janet, dann sah er hinauf zu den Fenstern der Beobachtungsgalerie. Janet wußte, daß von dort oben aus eine Menge Leute der Operation zusehen würden.
Morris kam herunter und begann sich zu waschen. Sie sagte zu ihm: »Ellis hat schon nach Ihnen gefragt.«
»Ich habe den Patienten heruntergebracht«, antwortete er.
Eine der OP-Schwestern betrat den Waschraum und sagte: »Frau Doktor Ross, aus dem Strahlungslabor ist jemand mit einer Bombe da. Braucht Doktor Ellis sie?«
»Wenn sie geladen ist«
»Ich werde fragen«, sagte die Schwester. Sie verschwand und steckte gleich wieder den Kopf herein. »Er sagt, die Strahlenbombe ist geladen und vorbereitet, aber sie könnte Schwierigkeiten machen, falls Ihre Geräte nicht abgeschirmt sind.«
Janet Ross wußte, daß erst in der vorigen Woche die ganze Einrichtung des OP abgeschirmt worden war. Der Plutoniumaustauscher sandte nicht viel an Strahlung aus - nicht einmal so viel, daß auf der Röntgenplatte ein Nebel auftauchte -, aber er konnte vielleicht die empfindlicheren Geräte stören. Für Menschen bestand keine Gefahr. »Wir haben alles abgeschirmt«, sagte sie. »Er soll das Ding in den OP bringen.«
Dann wandte sie sich an Morris, der neben ihr immer noch die Arme schrubbte. »Wie geht’s Benson?«
»Er ist nervös.«
»Verständlich«, sagte sie. Morris sah sie über die Gesichtsmaske hinweg fragend an. Sie schüttelte das Wasser von den Händen und ging in den OP. Da sah sie den Mann aus dem Strahlenlabor, der auf einem Instrumentenwagen die Strahlenbombe hereinfuhr. Sie lag in einem kleinen Bleikasten mit der Aufschrift VORSICHT STRAHLUNG. Auf allen vier Seiten des Kastens waren orangefarbene Zeichen für Strahlengefahr angebracht. Das wirkte ein wenig lächerlich, da die Behandlungsbombe kaum gefährlich war. Ellis stand drüben auf der anderen Seite des Raums und bekam gerade den Kittel übergezogen. Er schob die Hände in die Gummihandschuhe und bewegte die Finger. Dann fragte er den Mann aus dem Labor: »Ist das Ding sterilisiert?«
»Wie bitte?«
»Ob die Strahlenbombe sterilisiert wurde?«
»Das weiß ich nicht, Sir.«
»Dann soll eine der Schwestern das nachholen.«
Janet Ross trocknete sich die Hände ab und spürte, wie sie in der
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