Endstation
zeigte weiter die sechzehn weißen Linien, der Herzschlag wurde angezeigt. Die Temperatur war gleichmäßig, die Atmung hob und senkte sich in einer weichen Kurve. Die Techniker begannen damit, vorprogrammierte »Parameter« in den Computer einzuspeisen. Die normalen Laborwerte waren bereits eingegeben. Während der ganzen Operation würde der Computer nun in Abständen von fünf Sekunden alle lebenswichtigen Funktionen überwachen und sofort ein Signal senden, wenn etwas schiefging.
»Musik bitte«, sagte Ellis. Eine der Schwestern schob eine Kassette in den tragbaren Kassettenrecorder, der in der Ecke des Operationssaals stand. Leise klang ein Konzert von Bach auf. Ellis operierte immer bei Bachmusik. Er pflegte zu bemerken, die Präzision des Meisters, wenn nicht gar sein Genie, würde ansteckend wirken. Nun konnte die Operation beginnen. Die Digitaluhr an der Wand zeigte 6,29’, 14” an. Eine Stoppuhr daneben stand noch auf 0,00’,00”.
Janet Ross zog mit Hilfe einer sterilen Schwester die Gummihandschuhe an und schlüpfte in den sterilen Kittel. Die Handschuhe bereiteten ihr stets Schwierigkeiten. Sie benutzte sie nur selten und dann kam es häufig vor, daß sie hängenblieb oder zwei Finger in einen Gummifinger schob. Die Miene der Schwester war schwer zu deuten, weil man mit der Maske nur ihre Augen sehen konnte, Janet war froh, daß Ellis und die anderen Ärzte sich schon dem Patienten zugewandt hatten.
Sie zog sich in den Hintergrund des Raums zurück und achtete darauf, nicht über die dicken, schwarzen Kabel zu stolpern, die überall auf dem Fußboden herumlagen.
Am ersten Stadium der Operation war sie noch nicht beteiligt. Sie wartete, bis der stereotaktische Mechanismus eingesetzt und die Koordinaten bestimmt waren. So hatte sie Zeit, an ihren Handschuhen zu zupfen, bis alle Finger richtig saßen.
Eigentlich hatte sie bei der Operation überhaupt nichts verloren, aber McPherson bestand darauf, daß bei jedem Eingriff ein Nichtchirurg steril zur Verfügung stand. Nach seiner Meinung förderte das den Zusammenhalt innerhalb der Mannschaft. Zumindest behauptete er das. Sie sah Ellis und seinem Assistenten zu, wie sie Benson abdeckten. Dann beobachtete sie die abgedeckte Stelle auf dem Monitor. Die gesamte Operation wurde für spätere Kontrollen aufgezeichnet.
»Ich denke, jetzt können wir beginnen«, sagte Ellis vollkommen entspannt. »Die Nadel bitte.«
Der Anästhesist, der hinter dem OP-Stuhl stand, setzte die Nadel an Bensons Wirbelsäule, zwischen dem zweiten und dritten Wirbel, an. Benson machte eine kleine Bewegung und murmelte etwas, dann sagte der Anästhesist: »Ich bin jetzt durch die Dura. Wieviel brauchen Sie?«
Der Computer meldete OPERATION BEGONNEN. Damit setzte er automatisch die Stoppuhr in Gang, die in Ziffern die verstrichene Zeit anzeigte.
»Geben Sie mir am Anfang dreißig Kubikzentimeter«, sagte Ellis. »Röntgenbild bitte.«
Die Röntgengeräte wurden vor und neben dem Kopf des Patienten eingestellt. Mit einem Klick schnappten die Filmkassetten ein. Ellis trat auf einen Druckschalter am Boden, dann glühten die Fernsehschirme auf und zeigten die Schwarzweißbilder des Schädels. Er beobachtete aus zwei Ebenen, wie sich die Ventrikel langsam mit Luft füllten und die Hörner sich schwarz abzeichneten.
Der Programmierer saß am Steuerpult, seine Hände glitten über die Knöpfe. Auf seinem Kontrollschirm erschienen die Worte PNEUMOGRAPHIE EINGELEITET.
»Gut, setzen wir ihm den Hut auf«, sagte Ellis. Der stereotaktische Rahmen, ein runder Kasten, wurde über den Kopf des Patienten gerückt. Dann kontrollierte man die Bohrstellen. Als Ellis sich davon überzeugt hatte, daß alles stimmte, spritzte er das Lokalanästhetikum in die Kopfschwarte. Er durchschnitt die Haut, klappte sie zurück und legte die weiße Knochenfläche frei. »Bohrer, bitte.«
Mit dem Zweimillimeterbohrer öffnete er auf der rechten Schädelseite das erste von zwei Löchern. Dann schob er den stereotaktischen Rahmen - den »Hut« - über den Kopf und schraubte ihn fest.
Janet Ross blickte hinüber zu den Computerangaben. Auf dem Schirm leuchteten die Werte für Herzschlag und Blutdruck auf und verblaßten wieder. Alles war normal. Aber schon bald würden sich Computer und Chirurgen mit den komplizierteren Dingen beschäftigen.
»Bitte die Position kontrollieren«, sagte Ellis und trat von dem Patienten zurück. Kritisch betrachtete er Bensons rasierten Schädel und den aufgeschraubten
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