Endstation
Kühle des OP’s eine Gänsehaut bekam. Wie die meisten Chirurgen zog es auch Ellis vor, bei einer Temperatur zu arbeiten, die für den Patienten eigentlich zu niedrig war. Aber dazu bemerkte Ellis nur: »Wenn ich zufrieden bin, ist es der Patient auch.«
Ellis ging hinüber zu den Mattscheiben mit den Röntgenaufnahmen des Patienten, während die nicht sterile Schwester, die für Botengänge zuständig war, ein paar Aufnahmen aufhängte. Ellis hatte sie zwar schon ein dutzendmal gesehen, aber er betrachtete sie trotzdem noch einmal ganz genau. Es waren absolut normale Schädelaufnahmen. In die Hirnhohlräume würde Luft gepumpt werden, damit die inneren Konturen deutlicher sichtbar würden.
Nacheinander kamen auch die anderen Mitglieder des Operationsteams herein. Insgesamt waren es zwei sterile Schwestern, zwei halbsterile, eine Schwester für Botengänge, dann Ellis mit zwei Assistenten, zwei Elektronentechniker und ein Computerprogrammierer. Der Anästhesist war draußen bei Benson.
Ein Elektroniker blickte von seinem Pult auf und sagte: »Wir können jederzeit beginnen, Doktor.«
»Vielleicht warten wir doch noch auf den Patienten«, bemerkte Ellis trocken. Ein paar Leute lachten leise. Tanet Ross sah sich um und betrachtete die sieben Fernsehschirme. Sie hatten unterschiedliche Größen und waren auch verschieden angeordnet, je nach der Wichtigkeit für den Operateur. Der kleinste Schirm war ein Monitor vom Operationsbild. Im Augenblick zeigte er eine Luftaufnahme von dem noch leeren Operationsstuhl. Ein anderer Schirm, der dicht neben dem Operateur angeordnet war, übertrug das Elektroenzephalogramm oder EEG. Er war jetzt abgeschaltet und zeigte nur sechzehn waagrecht verlaufende weiße Linien. Ein großer TV-Schirm übertrug während der Operation die wichtigsten Biodaten des Patienten: Elektrokardiogramm, peripheren arteriellen Blutdruck, Atmungsfrequenz, Herzleistung, den zentralen venösen Blutdruck, die rektal gemessene Temperatur. Wie der Schirm für das EEG, zeigte auch er jetzt nur weiße Linien. Zwei andere Schirme waren ausgeschaltet. Später, während der Operation, würden sie in schwarz-weiß verstärkte Röntgenbilder projizieren.
Die beiden Farbschirme schließlich waren für das lim-BIC-Programm bestimmt. Dieses Programm lief zur Zeit ohne eingedrückte Koordinaten leer. Auf den Schirmen rotierte das dreidimensionale Bild des Gehirns, während darunter die vom Computer willkürlich eingespeisten Koordinaten aufleuchteten. Janet Ross hatte wieder einmal das Gefühl, daß der Computer fast so etwas wie ein weiterer Mitarbeiter im Raum war ; dieses Gefühl pflegte sich bei ihr im Verlauf der Operation noch zu verstärken. Ellis beendete das Studium der Röntgenaufnahmen und warf einen Blick auf die Uhr. 6 Uhr 19. Benson wurde draußen noch vom Anästhesisten untersucht. Ellis ging ungewöhnlich freundlich lächelnd umher und wechselte mit jedem ein paar nette Worte. Doktor Ross fragte sich unwillkürlich, warum er so demonstrativ entgegenkommend war. Dann sah sie hinauf zur Beobachtungsgalerie, erkannte den Direktor des Krankenhauses, den Chef der Chirurgie, den Chef der Medizinischen Abteilung, den Leiter der Forschungsabteilung - und hatte verstanden.
Um 6 Uhr 21 wurde Benson hereingeschoben. Die Wirkung der vorbereitenden Medikamente hatte jetzt voll eingesetzt. Seine Muskeln waren entspannt, seine Lider schwer. Der Kopf war in ein grünes Handtuch gewickelt.
Unter Ellis’ wachsamen Augen wurde Benson auf den Operationsstuhl gesetzt. Er schien noch einmal aufzuwachen, als ihm mit Ledermanschetten Arme und Beine festgeschnallt wurden.
»Nur damit Sie uns nicht herunterfallen«, sagte Ellis freundlich. »Sie sollen sich nicht weh tun.«
»Hmhm«, machte Benson leise und schloß die Augen wieder. Ellis nickte den Schwestern zu. Sie nahmen Benson das sterile Tuch vom Kopf. Janet Ross kam der kahle Schädel sehr klein und sehr weiß vor. Die Haut war, bis auf eine winzige Schnittwunde links vom, ganz glatt. Auf der rechten Seite waren deutlich die beiden blauen X-Zeichen zu sehen, die Ellis angebracht hatte. Benson lehnte sich in dem Stuhl zurück, ohne noch einmal die Augen zu öffnen. Einer der Techniker begann die Kontrolleitungen anzuschließen und sie mit kleinen Klecksen elektrolytischer Paste zu befestigen. Nach wenigen Minuten war Bensons Körper durch ein Gewirr verschiedenfarbiger Drähte mit den Apparaten verbunden.
Ellis sah auf die verschiedenen Beobachtungsschirme.
Das EEG
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