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Endymion - Pforten der Zeit & Die Auferstehung

Titel: Endymion - Pforten der Zeit & Die Auferstehung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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übergeben.
    »Ich sollte auf die Anomalie hinweisen, dass die interessante Färbung der umliegenden Stratokumuluswolken auf die Anwesenheit von Ammoniummonosulfid oder Polysulfiden hindeutet, obwohl man in apotroposphärischen Höhen lediglich mit Ammoniakzirruswolken rechnen würde, da sich echte Wasserwolken erst in einer Tiefe von zehn Standardatmosphären bilden, weil...«
    »Genug«, sagte ich.
    »Ich weise lediglich wegen des interessanten atmosphärischen Paradoxons darauf hin, zu dem unter anderem...«
    »Halt den Mund«, sagte ich.
    Es wurde kalt, als die Sonne untergegangen war. An den Sonnenuntergang selbst werde ich mich bis an mein Lebensende erinnern.
    Weit, weit über mir hatten Fleckchen eines möglicherweise blauen Himmels den tiefen Lapislazulifarbton des Firmaments von Hyperion angenommen und dunkelten weiter zu Purpur ab. Die Wolken um mich herum wurden im selben Maße heller, wie der Himmel über und die Tiefen unter mir dunkler wurden. Ich sage Wolken, aber der allgemeine Ausdruck ist auf lächerliche Weise unzureichend, das packende, grandiose Schauspiel zu beschreiben, das sich mir bot. Ich war in einem nomadischen Konvoi von Schafhirten der unbewaldeten Moore zwischen Hyperions Großem Südmeer und dem Pinion-Plateau aufgewachsen: Ich kenne Wolken.
    Hoch über mir fingen federartige Zirrus- und geriffelte Zirrokumuluswolken die Dämmerung als einen pastellfarbenen Aufruhr von sanften Pinktönen, rosa Leuchten, violetten Schattierungen und einem goldenen Hintergrundlicht ein. Es war, als befände ich mich in einem Tempel mit einer hohen rosigen Decke, die von Tausenden unregelmäßiger Säulen und Stützen getragen wurde. Die Säulen und Stützen waren berghohe Türme von Kumulus- und Kumulonimbuswolken, deren ambossförmige Ansätze in den dunklen Tiefen Hunderte oder Tausende Meter unter meinem schwebenden Kajak verschwanden und deren abgerundete Gipfel sich bis in die beleuchteten Zirrostratuswolkenmassen Hunderte oder Tausende Kilometer über mir bauschten. Jede Wolkensäule reflektierte das schräge, volle Licht, das durch Lücken in den Wolkenschichten viele Klicks im Westen einfiel, und dieses Licht schien die Wolken zu entzünden, als wären ihre Oberflächen aus einem höchst brennbaren Material gemacht.
    »Monosulfide oder Polysulfide«, hatte das Komlog gesagt: Nun, was immer diese lohfarbenen Kumuluswolken im diffusen Tageslicht ausmachte, der Sonnenuntergang entfachte ein rostrotes Feuer in ihrem Inneren mit gleißenden scharlachroten Schlieren, blutigen Ausläufern, die von den Wolkenmassen fortstrebten wie scharlachrote Wimpel, rosafarbenen Fasern, die die Zirrusdecke verwoben wie Muskelstränge unter der Haut eines lebenden Körpers, gebauschten Massen von Kumuluswolken, so weiß, dass ich wie schneeblind blinzeln musste, goldenen, gestreiften Zirroformen, die wie Massen blonden Haars aus den brodelnden Kumulonimbustürmen hervorquollen, das aus blassen, emporgerichteten Gesichtern geweht wurde. Das Licht wurde dunkler, voller und so intensiv, dass es mir Tränen in die Augen trieb, und dann nahm seine Intensität noch weiter zu. Gewaltige, beinahe horizontale Schächte des Gotteslichts loderten zwischen den Säulen, beleuchteten hier einige, hüllten dort andere in Schatten, drangen durch Eiswolken und vertikale Regenstreifen und erzeugten Hunderte einfacher und Tausende vielfacher Regenbogen. Dann glitten die Schatten aus den purpurroten Tiefen in die Höhe, hüllten immer mehr der nach wie vor brodelnden Kumulus- und Nimbusmassen ein und stiegen schließlich bis zu den hohen Zirrus- und wogenden Altokumuluswolken auf, aber anfangs brachten die Schatten keine Grautöne oder Dunkelheit mit sich, sondern eine unendliche Palette von Zwischentönen: Glänzendes Gold wurde zu Bronze, reinstes Weiß zu Beige, das in Sepia und Schatten überging, Scharlach im leuchtenden Rot frisch vergossenen Bluts wandelte sich allmählich zum Rostrot geronnenen Bluts und verblich zu einem herbstlichen lohfarbenen Rostbraun. Der Rumpf meines Kajaks verlor seinen Glanz, und das Parasegel über mir fing kein Licht mehr auf, als diese vertikale Tag-und-Nacht-Grenze über mir und an mir vorbeiwanderte. Langsam krochen die Schatten höher – es muss mindestens dreißig Minuten gedauert haben, aber ich war zu sehr mit Staunen beschäftigt, um auf das Komlog zu sehen –, und als sie die Zirrusdecke erreichten, war es, als hätte jemand sämtliche Lichter in dem Tempel gelöscht.
    Es war ein Hammer von

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