Endymion - Pforten der Zeit & Die Auferstehung

Titel: Endymion - Pforten der Zeit & Die Auferstehung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons

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Meter von meinem Kajak entfernt sein können, oder es hätte viele Kilometer im Durchmesser haben und weit, weit entfernt sein können. Dann schwamm der Organismus zwischen einer fernen Wolkensäule und einem näher gelegenen Kumulusturm hindurch, und mir wurde klar, dass Kilometer eine zutreffendere Schätzung sein musste. Als es näher kam, sah ich Myriaden kleinerer Gestalten, die es am Morgenhimmel begleiteten.
    Bevor ich versuche, diese Wesen zu beschreiben, muss ich anmerken, dass wenig in der Geschichte der Expansion der Menschheit in diesem Spiralarm der Galaxie uns darauf vorbereitet hatte, gigantische außerirdische Organismen zu beschreiben. Auf den Hunderten von Welten, die während und nach der Hegira erforscht und besiedelt wurden, hatte das heimische Leben überwiegend aus Pflanzen und wenigen sehr einfachen Organismen bestanden, wie zum Beispiel die leuchtenden Sommerfäden auf Hyperion. Die wenigen größeren hoch entwickelten Lebensformen – zum Beispiel die Lampenmünder von Mare Infinitus oder die Zeplins auf Whirl – wurden bis zur Ausrottung gejagt. Das übliche Resultat war eine Welt mit einigen wenigen eingeborenen Lebensformen und einer Myriade von menschenangepassten Spezies. Die Menschheit hatte sämtliche Welten terrageformt, hatte ihre Bakterien und Erdwürmer und Fische und Vögel und Landtiere als DNA-Rohmasse mitgebracht, auf den frühen Saatschiffen Embryos aufgetaut und bei der späteren Expansion Geburtsfabriken gebaut.
    Die Resultate sahen weitgehend wie auf Hyperion aus – lebensfähige eingeborene Pflanzen wie die Tesla- und Chalma- und Werholzbäume sowie einige überlebende lokale Insekten koexistierten mit gedeihenden Transplantaten der Alten Erde und biofakturierten Angepassten wie Triaspen, Immerblau, Eichen, Stockenten, Haien, Kolibris und Hirschen.
    Wir sind nicht an außerirdische Tiere gewöhnt.
    Und was ich da sah, das waren definitiv außerirdische Tiere.
    Das größte erinnerte mich an Tintenfische – auch eine der angepassten Arten von der Alten Erde –, die in den warmen Untiefen des Großen Südmeers auf Hyperion existierten. Dieses Geschöpf hatte Ähnlichkeit mit einem Tintenfisch, war aber fast transparent, seine inneren Organe deutlich sichtbar, wiewohl ich gestehen muss, dass es schwierig war, sein Äußeres vom Inneren zu unterscheiden, da es pulsierte und pochte und von einer Sekunde zur nächsten seine Form veränderte wie ein Raumschiff, das zum Gefecht morphte. Das Ding hatte keinen Kopf als solchen, nicht einmal dieses flache, vom Rumpf abgesetzte Gebilde, das man als Kopf betrachten konnte, aber ich konnte eine Vielzahl von Tentakeln erkennen. Freilich wären Wedel oder Ranken bessere Ausdrücke für die konstant zuckenden, eingezogenen, nach außen gestülpten und bebenden Anhängsel. Aber diese Ranken befanden sich ebenso sehr innerhalb des bleichen, durchscheinenden Körpers wie außerhalb, und ich war nicht sicher, ob die Bewegungen des Wesens in der klaren Luft auf die Schwimmbewegungen der Ranken zurückzuführen waren oder darauf, dass Gase ausgestoßen wurden, wenn sich der riesige Tintenfisch aufblähte und zusammenzog.
    Soweit ich aus Büchern und Grandams Erklärungen wusste, war das Äußere der Zeplins von Whirl deutlich einfacher – luftschiffähnliche Gashüllen, quallenähnliche Zellen, die die Mischung aus Wasserstoff und Methan enthielten, Helium in rudimentären Hubsäcken speicherten und dem Stoffwechsel zuführten, gigantische Medusen, die in der Wasserstoff-Ammoniak-Methan-Atmosphäre von Whirl schwebten. Soweit ich mich erinnern konnte, ernährten sich die Zeplins von einer Art atmosphärischem Phytoplankton, das in der giftigen Atmosphäre schwebte wie himmlisches Manna. Es gab keine Raubtiere auf Whirl – bis die Menschen mit ihren fliegenden Taucherkugeln eintrafen, um die seltenen Gase abzubauen.
    Je näher das Tintenfischwesen kam, desto deutlicher sah ich sein komplexes Inneres: blasse, pulsierende Umrisse von Organen, Schlingen, die wie Eingeweide aussahen, Ranken, die wahrscheinlich der Nahrungsaufnahme dienten, und Röhren, die zur Fortpflanzung oder zur Ausscheidung da sein mochten, und es gab einige Auswüchse, bei denen es sich um Geschlechtsorgane, vielleicht aber auch um Augen handeln konnte. Und währenddessen zog es sich die ganze Zeit in sich zusammen, holte die wimmelnden Ranken ein und bewegte sich pulsierend und mit ausgestreckten Tentakeln vorwärts wie ein Tintenfisch, der in klarem Wasser schwimmt.