Endymion - Pforten der Zeit & Die Auferstehung
Hoyt.«
»Ach?«, sagte Kardinal Lourdusamy. Er wirkte gelinde amüsiert. »Wie sollen wir das tun, Kind?«
Aenea riss den Kopf zu Ratgeber Albedo herum. »Der Core beherrscht aller Leben und Tod durch die Kruziform. Menschen sterben, wenn es dem Core ins Konzept passt! Sie sterben zu lassen... neuronale Netze sind im Sterben kreativer als lebende. Sie werden den Papst wieder töten, aber diesmal wird seine Auferstehung nicht erfolgreich sein, oder?«
»Sehr feinfühlig, meine Teure«, knurrte Kardinal Lourdusamy. Er zuckte die Achseln. »Vielleicht ist es Zeit für einen neuen Pontifex.« Er machte eine Handbewegung, worauf ein fünftes Hologramm in dem Raum auftauchte: Papst Urban XVI., komatös in seinem Krankenbett, von Krankenschwestern, Ärzten und medizinischen Maschinen umgeben. Lourdusamy bewegte die feiste Hand erneut, worauf das Bild verschwand.
»Sind Sie an der Reihe, Papst zu werden?«, fragte Aenea und machte die Augen zu. Rote Pünktchen tanzten vor ihrem Gesichtsfeld. Als sie die Augen wieder aufschlug, zuckte Lourdusamy bescheiden mit den Schultern.
»Genug davon«, sagte Ratgeber Albedo. Er ging einfach durch die Holos der sitzenden Kardinäle hindurch und blieb am Rand des Gitters unmittelbar vor Aenea stehen. »Wie hast du das Farcastermedium manipuliert? Wie kannst du ohne Portale farcasten?«
Aenea sah den Repräsentanten des Core an. »Das macht Ihnen Angst, Ratgeber, nicht? So wie die Kardinäle zu große Angst haben, persönlich hier zu erscheinen.« Der graue Mann ließ seine ebenmäßigen Zähne sehen.
»Keineswegs, Aenea. Aber du besitzt die Fähigkeit, dich selbst – und andere in deiner Nähe – ohne Portale zu farcasten. Seine Eminenz Kardinal Lourdusamy, Kardinal Mustafa und auch Monsignore Oddi verspüren keinen Wunsch, plötzlich mit dir von Pacem zu verschwinden. Was mich betrifft... ich wäre entzückt, wenn du uns anderswohin farcasten würdest.«
Er wartete. Aenea sagte nichts. Sie bewegte sich nicht. Ratgeber Albedo lächelte wieder. »Wir wissen, dass du die Einzige bist, die diese Art des Farcastens gelernt hat«, sagte er leise. »Keiner deiner so genannten Jünger beherrscht diese Technik auch nur ansatzweise. Aber was ist es für eine Technik? Wir konnten die Leere nur zum Farcasten nutzen, indem wir permanente Falten in dem Medium geöffnet haben – und das kostet zu viel Energie.«
»Und sie lassen es auch nicht mehr zu«, murmelte Aenea und blinzelte die roten Pünktchen weg, damit sie dem Mann in die Augen sehen konnte.
Die Schmerzen in ihrer Hand schwollen an und ab wie die Wogen eines unruhigen Meeres.
Ratgeber Albedo zog die Brauen ein Stück hoch. »Sie lassen es nicht mehr zu? Wer sind sie, Kind? Beschreib uns deine Meister.«
»Nicht Meister«, murmelte Aenea. Sie musste sich konzentrieren, um die Übelkeit zurückzudrängen. »Löwen und Tiger und Bären«, flüsterte sie.
»Kein zweideutiges Geschwätz mehr«, knurrte Lourdusamy. Der dicke Mann nickte dem zweiten Nemes-Klon zu, der zum Tablett ging, die rostige Zange nahm, zu Aeneas linker Hand ging, sie am Handgelenk festhielt und meinem Liebling alle Fingernägel herauszog.
Aenea schrie, verlor kurz das Bewusstsein, kam zu sich, versuchte den Kopf rechtzeitig zu drehen, was ihr nicht gelang, erbrach sich auf ihren Körper und stöhnte leise.
»Schmerz kennt keine Würde, mein Kind«, sagte Kardinal Mustafa.
»Erzähl uns, was der Ratgeber wissen will, dann werden wir diese traurige Charade beenden. Du wirst hier weggebracht, man wird deine Wunden versorgen, deinen Finger nachwachsen lassen, man wird dich waschen und einkleiden und zu deinem Leibwächter oder Jünger oder was auch immer bringen. Diese hässliche Episode wird vorbei sein.«
In diesem Augenblick, während sie sich in Qualen wand, spürte Aenea dennoch die fremde Substanz, die ihr vor Stunden während ihrer Bewusstlosigkeit injiziert worden war. Ihre Zellen erkannten sie. Gift. Ein sicheres, tödliches, schleichendes Gift ohne Gegenmittel – es würde in vierundzwanzig Stunden aktiviert werden, was auch immer geschehen mochte. Da wusste sie, was sie von ihr wollten, und warum.
Aenea hatte immer in Verbindung mit dem Core gestanden, schon vor ihrer Geburt, und zwar durch die Schrön-Schleife im Kopf ihrer Mutter, die mit der Cybrid-Persönlichkeit ihres Vaters verbunden war. Sie ermöglichte ihr, primitive Datensphären direkt anzuzapfen, und das machte sie jetzt – und spürte den soliden Aufbau exotischer Maschinen des
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