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Endymion Spring - Die Macht des geheimen Buches

Endymion Spring - Die Macht des geheimen Buches

Titel: Endymion Spring - Die Macht des geheimen Buches Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthew Skelton
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das ist alles«, antwortete er und ging schneller, um seine Mutter einzuholen. Entweder wollte Duck mal wieder nerven, oder sie irrte sich. Etwas hatte der Mann auf alle Fälle gelesen, so viel stand fest. Die Möglichkeit, dass man an einem einzigen Tag auf zwei unbedruckte Bücher stieß, erschien ihm einfach zu unwahrscheinlich.
    Sie waren an eine verkehrsreiche Kreuzung gekommen. Zu ihrer Rechten erhob sich ein alter steinerner Turm, auf dem zwei goldbehelmte Figuren mit ihren Knüppeln die Stunde schlugen. Ein paar hundert Meter weiter, jenseits eines Colleges, hinter dem sich weite Wiesenflächen dehnten, führte eine niedrige Brücke über den Fluss in das Viertel, in dem sie wohnten. Schon konnte Blake die eng zusammenstehenden Häuser der Millstone Lane erkennen. Ihn fröstelte.
    »Zwei Bücher mit weißen Seiten an einem Tag«, überlegte Duck laut. »Ist das nicht mysteriös? Aber ich sag dir, ich werde das Rätsel lösen.«
    »Ach ja?«, gab Blake zurück. »Dann aber ohne mich.«
    »Gut«, sagte sie. »Hatte ich sowieso vor.«
    Blake achtete nicht auf ihre Bemerkung. Er hatte längst beschlossen, sich abends von diesem Dinner wegzuschleichen und noch einmal in die College-Bibliothek zu gehen. Er würde das Buch mit den leeren Seiten suchen und das Rätselgedicht so oft lesen, bis er es verstand.
     

 
    Fünf
     
    ervös betastete Blake die Taschenlampe, die er eingesteckt hatte.
    Er hatte erwartet, das Dinner würde in dem weidäufigen Speisesaal stattfinden, einer enorm großen, zugigen Halle mit flackernden Kerzen. Doch man hatte es im Master's House ausgerichtet, einem etwas wohnlicherem, aber nicht weniger prächtigen Gebäude in einem entfernten Winkel des Colleges. Blake fragte sich, wie und ob er es schaffen würde, heimlich in die Bibliothek zu schleichen.
    Kleine Laternen beleuchteten den Weg, aber sie gaben kaum Licht, sondern verbreiteten nur einen schwachen, geisterhaften Schein. Pflanzen mit stachligen Blättern rissen an Blakes Kleidung, verschlungene Schatten stiegen an den Mauern empor.
    Vor ihnen ragte ein großes Gebäude auf. Blake konnte schon von weitem Stimmengewirr hören und fühlte sich auf der Stelle versucht, umzukehren und in die stillen Räume der Bibliothek zu fliehen. Aber seine Mutter legte ihm die Hand auf die Schulter und schob ihn weiter.
    »Ich möchte, dass ihr euch gut benehmt«, flüsterte sie, während
    sie über den steinernen Treppenaufgang zu einer auf beiden Seiten von Marmorsäulen flankierten Tür gingen. »Es sind wichtige Leute da.«
    Die Eingangshalle wurde beherrscht von einem mächtigen Kronleuchter, der wie eine Fontäne kaltes Licht von der Decke strömen ließ. Duck stellte sich darunter und drehte Pirouetten, Blake betrachtete die Bilder, die auch hier die mit changierender Seide bespannten Wände zierten. Auf dem größten war ein alter Mann in einer Wüstengegend dargestellt, zu seinen Füßen ein unverhältnismäßig kleiner Löwe. Der Mann war in einen scharlachroten Umhang gehüllt und schrieb eifrig etwas in ein Buch, doch die Worte konnte Blake nicht entziffern. Sie waren Kauderwelsch für ihn. Die Gestalt aber, vielleicht ein Heiliger, erinnerte ihn an den Obdachlosen vor der Buchhandlung, und er fragte sich zum so und so vielten Mal, was der Mann gelesen haben könnte.
    Juliet Winters blieb nicht lange stehen, um ihre Umgebung zu betrachten, sondern führte die Kinder durch den Gang in eine kleine Garderobe. Hier hingen - wie tote Vögel - schwarze Talare an den Wänden aufgereiht. Blake sah, dass seine Mutter einen abnahm und dann ihren Mantel an den freigewordenen Haken hängte. Als er seine Jacke darüber stülpte und ebenfalls nach einem Talar greifen wollte, stoppte sie ihn mit einer Handbewegung.
    »Die sind nur für College-Mitglieder«, erklärte sie, während sie die schwarzen Stofffalten auf ihren Schultern zurechtschüttelte.
    Blake verzichtete nur zu gern auf die Formalität - er fand, seine Mutter sah aus wie eine zerzauste Krähe -, aber Duck war ganz wild darauf, einen Talar anzuprobieren. Sie strich mit den Fingern über die bestickten Ärmel und träumte davon, eine Oxford-Studentin zu sein. Ihren Regenmantel aber wollte sie nicht ausziehen.
    Juliet Winters warf einen flüchtigen Blick in einen goldgerahmten Spiegel, dann öffnete sie die Tür zu einem angrenzenden Raum. In vielen einzelnen Gruppen standen Leute beisammen, alle vertieft in Bücher-Gespräche. Blake schob sich langsam am Rand der Gesellschaft vorbei, ging

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