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Endymion Spring - Die Macht des geheimen Buches

Endymion Spring - Die Macht des geheimen Buches

Titel: Endymion Spring - Die Macht des geheimen Buches Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthew Skelton
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jeder Unterhaltung aus dem Weg und versuchte, möglichst nicht aufzufallen. Ein-, zweimal wurde er angerempelt, dann entschuldigte er sich, aber sonst erregte er weiter keine Aufmerksamkeit.
    Bald fand er sich vor einer kleinen Vitrine, auf der wie funkelnde Juwelen Gläser standen. Er konnte nicht widerstehen, und sobald seine Mutter den Rücken kehrte, griff er nach einem Glas Sherry. Die bernsteinfarbene Flüssigkeit hatte ein liebliches Aroma und schmeckte angenehm süß, als er daran leckte. Gar nicht mal schlecht. Er nahm einen tieferen Zug und schluckte.
    Augenblicklich brach ein Feuer in seiner Kehle aus, Flammen stiegen ihm bis ins Gesicht. Er zuckte zusammen. Schnell, bevor seine Mutter ihn dabei ertappte, stellte er das Sherryglas wieder auf das Tablett und nahm sich stattdessen einen ungefährlicheren Orangensaft.
    Mit leicht glasigen Augen schaute er sich im Raum um.
    Auf einem breiten Kaminsims, der die eine Wand beherrschte, standen Marmorbüsten wie Raubvögel nebeneinander aufgereiht, und an den anderen Wänden wetteiferten die Portäts von weiteren Gelehrten und Professoren miteinander. Wohin er auch schaute, von allen Seiten traf ihn aus düsteren Bildern die Verbitterung der Toten, als seien sie neidisch auf die Lebenden. Er konnte ihre Blicke nicht mehr ertragen und wandte sich ab.
    Seine Mutter war eindeutig in ihrem Element. Sie plauderte locker und selbstbewusst lächelnd mit den anderen Professoren. »Immer am Ball«, hatte sein Vater das heute am Telefon genannt. Seine Mutter aber hatte dafür eine andere Bezeichnung, sie nannte es »Kontakte knüpfen«.
    Auch Duck machte das Beste aus der Situation. Sie stand vor einer Gruppe von Leuten, die offenbar jede ihrer Äußerungen bemerkenswert fanden. Eine Frau in einem glänzenden Kleid, die nach Gardenien roch und die in ihrem Gehabe an eine Gans erinnerte, drückte geradezu schnatternd ihre Bewunderung aus. »Ja, ja, o wie klug, ja, richtig«, sagte sie ein ums andere Mal und zog dabei an ihrer Perlenkette. Später hörte Blake zufällig, wie sie zu seiner Mutter sagte: »... tatsächlich ein erstaunliches Mädchen und so intelligent für ihr Alter. Nur dieser Regenmantel... höchst merkwürdig. Ach, und einen Sohn haben Sie auch, sagen Sie?«
    Schnell tauchte er in der Menge unter.
    Am Ende stand er an einem großen Fenster und zupfte ein wenig am Vorhang, um hinauszublinzeln. Zum Davonstehlen wäre jetzt die günstigste Gelegenheit. Es waren so viele Menschen im Raum, dass keinem das Verschwinden eines Jungen auffallen würde.
    Da bemerkte er eine Frau mit silbrigem Haar, die in seiner Nähe stand. Mit einer säuselnden Stimme, die ihm eine Gänsehaut über den Rücken jagte, sagte sie: »Du musst Blake sein. Ich bin Diana, die Frau von Sir Giles Bentley.«
    Beim Klang ihrer Stimme hatte Blake das Gefühl, als ob ihm Schneeflocken in den Nacken rieselten, und er sah fasziniert auf Die Frau trug keinen Talar wie die anderen Mitglieder des Colleges, sondern hatte ein helles Tuch um ihre Schultern geschlungen. Es wurde von einer kleinen Silberbrosche in Form eines filigranen Schmetterlings zusammengehalten. Bewundernd sah Blake das ungewöhnliche Schmuckstück an. Seine papierdünnen Flügel sahen so echt aus, dass sie sich zu bewegen schienen.
    Die Frau zeigte auf einen Mann in einem auffallenden Talar mit Goldstickerei auf den Ärmeln. Er stand mitten im Raum und war von vielen Leuten umlagert. Blake schluckte. Sir Giles Bentley: Er hatte einen weißen Haarschopf, finster zusammengezogene dunkle Augenbrauen und Augen, hart wie Diamanten. Die Arme vor der Brust verschränkt, antwortete er gerade schnaufend und prustend einem anderen Mann - einem unterwürfig wirkenden Professor in einem schlecht sitzenden, erdfarbenen Anzug. Paula Richards, die Bibliothekarin, stand zwischen ihnen und versuchte, die beiden Männer auf Abstand zu halten.
    »Die beiden sind unterschiedlicher Meinung über zwei Ausgaben von Markt Goblin «, sagte Diana Bentley mit einem Lispeln, das zum zweiten Mal Blakes Nackenhaare in Bewegung brachte.
    »Was für ein Markt?«, fragte er. Er hatte keine Ahnung, was sie meinte.
    »Markt Gobiln «, wiederholte sie. »Eines meiner Lieblingsgedichte. Christina Rossetti hat es geschrieben. 1862. Es geht darin um zwei Schwestern, die von kleinen Kobolden, Gemüsehändlern, verführt werden, exotische Früchte zu essen. >Kommt, kauft, kommt kauft<, singen sie vor den Mädchen. Die eine wird schließlich schwach und verlangt

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