Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Endymion Spring - Die Macht des geheimen Buches

Endymion Spring - Die Macht des geheimen Buches

Titel: Endymion Spring - Die Macht des geheimen Buches Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthew Skelton
Vom Netzwerk:
habe.«
    Einsicht. Das Wort hallte in Blakes Kopf nach und erinnerte ihn an das Buch mit den leeren Seiten in der Bibliothek. Dasselbe Wort war in der letzten Zeile des Gedichts vorgekommen.
    Plötzlich fing eine Großvateruhr an, die Stunden zu schlagen. Das klang so schwach und gebrechlich, dass Blake befürchtete, die Uhr würde noch vor dem letzten Schlag ihren Geist aufgeben. Sieben, acht, neun ... und jeder Schlag begleitet von einem langen bronzenen Echo.
    Jolyon schien erschrocken. »Himmel«, rief er. »Ich habe gar nicht gemerkt, dass es schon so spät ist.«
    Blake war einen Moment abgelenkt.
    »Hm?«, sagte er. Gerade hatte er gesehen, wie Duck an Sir Giles Bentleys Ärmel zupfte und wie dieser mit kaum verhüllter Geringschätzung auf sie herabsah. Einen schwächeren Gegner als Duck hätte sein Blick zerschmettert. Diana, die in der Nähe stand, beobachtete die beiden kühl.
    Schwerfällig erhob sich Jolyon. »Ich hoffe, du nimmst es mir nicht übel, wenn ich so hastig aufbreche.« Wieder streckte er seine Hand aus, und dieses Mal bemerkte Blake Tintenkleckse darauf. »Es war mir ein Vergnügen, mein Junge.«
    »Äh, ja«, sagte Blake, der es bedauerte, dass der Professor ging. Er hätte gern noch viel mehr über seine Eltern erfahren.
    Der Mann schien seine Enttäuschung zu spüren, denn er sagte: »Du siehst aus, als hättest du noch mehr Fragen auf dem Herzen. Komm doch einfach in mein Büro, sobald du genau weißt, was du wissen willst.« Er war sichtlich stolz auf sein Wortspiel. Zwinkernd und leise in sich hineinlachend drehte er sich um.
    Da drängte sich die Frage wie von selbst über Blakes Lippen, er konnte nichts dagegen tun. Am liebsten hätte er die Worte sofort zurückgenommen, aber jetzt waren sie heraus, jetzt hingen sie zwischen ihnen.
    »Was ist Endymion Spring?«
    Was ist Endymion Spring? Der Professor fuhr herum und starrte den Jungen an, erschrocken, fassungslos. Das war ganz sicher nicht die Frage, die er erwartet hatte.
    Blake wich zurück. Einen Augenblick lang meinte er ein gieriges Funkeln in den Augen des Mannes gesehen zu haben - einen hungrigen, verlangenden Blick, der ihn an den Obdachlosen vor der Buchhandlung erinnerte. Zum Glück verschwand dieser Blick schnell, und Jolyon zeigte wieder seine freundliche Miene.
    »Endymion Spring?«, wiederholte er Blakes Frage, und der Name schien auf seinen Lippen zu zittern. Sorgenvolle Falten standen auf seiner Stirn.
    Blake nickte.
    Jolyon sah sich nervös um. »Das ist nicht die richtige Zeit und der richtige Ort«, flüsterte er schließlich. Er presste seine Hände zusammen, dass die Knochen knackten, dann versenkte er beide Hände tief in den Falten seines Talars. »Wir müssen über ihn reden ... später.«
    Damit eilte er davon. Er wirkte völlig durcheinander, schien fast vergessen zu haben, wohin er wollte.
    Also war Endymion Spring eine Person, keine Jahreszeit, dachte Blake. Dann handelte es sich offenbar um den Autor des Buches und nicht um den Titel. Aber wie konnte jemand der Autor eines Buches mit unbeschriebenen Seiten sein?
    Um das herauszufinden, gab es nur eine Möglichkeit. Blake musste in die Bibliothek, das Buch finden und das Rätsel darin lösen. Jetzt oder nie.
    Als er sich vergewissert hatte, dass ihn niemand beobachtete, schob er sich unauffällig in Richtung Tür. Bevor er endgültig ging, warf er einen flüchtigen Blick auf die Platte mit dem klebrigen Konfekt.
    Niemand schien es angerührt zu haben.
     

 
    Sechs
     
    raußen war es kälter, als Blake erwartet hatte. Nach der Wärme im Master's House schlug ihm die Luft fast winterlich kalt entgegen. Er schlang die Arme um seinen Körper, um sich warm zu halten.
    Das College-Gelände lag im Mondlicht vor ihm, und er tappte unsicher über die dunklen Wege. Überall türmten sich Schatten. Die Taschenlampe wollte er erst anknipsen, wenn er sicher in der Bibliothek war.
    Finster ragten die Kreuzgänge auf, und er ging schnell darauf zu.
    Kaum hatte er den ersten der dunkel gewölbten Bogengänge hinter sich, blieb er stehen. Plötzlich kamen ihm Zweifel. Er fuhr herum. Jemand folgte ihm.
    Er stand reglos, lauschte angestrengt.
    Nichts. Kein Laut.
    Vorsichtig blinzelte er um einen Pfeiler und warf einen Blick zum Eingang der Alten Bibliothek auf der gegenüberliegenden Seite der Anlage. Nur die in Stein gemeißelten Zacken, die wie Zähne die Tür umgaben, waren undeutlich zu erkennen und sahen aus, als wollten sie ein Stück aus der Nacht herausbeißen.

Weitere Kostenlose Bücher