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Endzeit

Endzeit

Titel: Endzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Jensen
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fröhlichen Nihilismus und seinem Marmeladenglas voller essbarer ehelicher Asche glaubt tatsächlich, die Welt sei ohne Menschen besser dran, und denkt in Maßstäben von Epochen statt Tagen und Stunden: Warum sich dann die Mühe machen, willkürlich einige Millionen zu retten?
    Ja, warum?
    Als Schritte auf der Treppe ertönen, packt Harish Modak sein Glas in die Aktentasche und schaut zur Tür. Zuerst kommt Bethany barfuß herein, gefolgt vom Physiker.
    »Hi, Roller.«
    Ich mustere Bethany. Nach dem Bademantel, den Bethany trägt, zu urteilen, muss unser abwesender Gastgeber, der Fachmann für Biolumineszenz, über eindrucksvolle körperliche Proportionen verfügen. Sie ertrinkt fast in den rot karierten Stoffmassen. Sie lässt sich in einer Ecke des Sofas nieder und zieht die nackten Füße unter sich. Frazer Melville begrüßt uns gedrückt und macht eine Bemerkung über den üppig gedeckten Tisch. Ich spüre seinen prüfenden Blick, verstehe mich aber inzwischen darauf, ihm auszuweichen. Bethany ist gewaschen und frisch verbunden worden, von Ned, nehme ich an. Ihr Gesicht ist aschfahl, und die zerbissene Zunge hängt ihr auf die Unterlippe. Die Spitze sieht aus wie rohes Hackfleisch.
    »Ich habe gesagt, dass sie es machen soll«, sagt sie zu Harish Modak und deutet dabei auf mich. Sie spricht mit Bedacht, schiebt die Worte an ihrer zerstörten Zunge vorbei. »Ich habe ihr gesagt, sie soll mir dreißig Sekunden geben.« Sie klingt stolz. Ned und Kristin kommen leise herein und setzen sich. Wir sechs bilden einen Kreis um den Couchtisch.
    Harish Modak nickt. »Und, hat es gewirkt, Miss Krall?«
    Die Luft erstarrt in Schweigen. Bethany genießt die Aufmerksamkeit von fünf Erwachsenen und grinst, zuckt aber vor Schmerz zusammen und holt tief Luft.
    »Ich war mittendrin. Es war, als würde man vom Blitz getroffen. Das war so cool. Ich hatte eine Riesenladung in mir.«
    |292| Harish verharrt still wie ein Reptil.
    »Nimm dir Zeit. Beschreibe alles ganz genau.« Ned stellt seinen Laptop auf die Ecke des Couchtisches, um die Bilder der Bohrinseln auf die Leinwand zu werfen.
    »Es ist, als würde man eine riesige Decke von einem Bett heben. Blasen und anderes Zeug quellen überall an den Ecken hervor.« Frazer Melville und Kristin Jonsdottir wechseln einen Blick, der mich wie eine Faust in den Magen trifft. »Es sind stinkende Blasen. Dann zerbricht alles, und dann reißen riesige weiße Stücke ab und schießen nach oben. Überall. So weit man sehen kann. Dann ist Feuer auf dem Wasser, das Meer, es leuchtet im Dunkeln. Gelb und orange. An manchen Stellen blau. Es flackert auf der Wasseroberfläche.« Sie spricht in singendem Tonfall, als würde sie ein Märchen erzählen. »Dann baut sich diese gigantische Welle auf. Wie eine Wand vor dem Himmel. Höher als die Wolken.«
    Der alte Mann bewegt sich nicht, aber ich spüre, wie der Funke zündet.
    »Wir müssen wissen, wo das passiert«, sagt Kristin Jonsdottir. »Wir müssen die Bohrinsel identifizieren.«
    Ich rolle näher an Bethany heran. »Deine Zeichnung. Du warst unter Wasser und hast dir vorgestellt, dich durch das Rohr zu bewegen, und du hast die Plattform und den gelben Kran gesehen. War das jetzt auch wieder da?« Bethany nickt, blinzelt und tippt auf ihre Zungenspitze. Als sie die Hand wegnimmt, ist ein frischer Blutfleck auf dem Verband an ihren Fingern zu sehen. Sie spuckt auf den Boden, schließt die Augen und lässt den Kopf zurücksinken.
    »Kannst du dich an den Kran erinnern? Konntest du ins Führerhaus hineinsehen?«
    Sie seufzt und kneift die Augen zu. Ein Augenblick vergeht. »Da war was. Autsch. Reden tut weh. Es war rosa. Es sah aus wie   …« Mit geschlossenen Augen versucht sie, sich zu konzentrieren. »Mein Gott. Es war eine Möse.« Sie bricht in Gelächter aus. »Die |293| Möse einer Frau! Rasiert!« Sie schlägt die Augen auf und schaut Kristin Jonsdottir an. Dann grinst sie schief. Wieder lacht sie beglückt. »Es war eine nackte Muschi! Das Arschloch konnte man auch sehen. Iih, war das eklig!«
    »Bethany«, sage ich scharf. »Das hier ist ernst. Ich habe dich vorhin beinahe umgebracht. Das ist nicht die richtige Zeit für Spielchen.«
    »Das ist kein Spiel!«, ruft sie lachend. »Ich sag doch, ich hab eine Möse gesehen!«
    »Ähm, wenn ich aus meinem Wissen über Bohrinseln schöpfen dürfte«, meldet sich Ned Rappaport zu Wort, »könnte sie durchaus recht haben. Eigentlich ist es kein großes Rätsel.«
    Harish Modak zeigt flüchtige

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