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Energie fur Centaur

Energie fur Centaur

Titel: Energie fur Centaur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
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zu können. In der Tat zeugte es davon, daß sie sich mit
der Vergangenheit der Menschen befaßt hatte. Und ebenso
erstaunlich fanden es die Menschen, daß das Computerprogramm einen solchen Begriff enthielt. „Ich glaube, centaurische Mentalität ist anders“, sprach sie weiter, „und außerdem –
die Organisation schließt solches aus. Du merkst es ja selbst,
und im Grunde ist es überall so wie hier, bei der Verteilung
erhält jeder das gleiche. Die Bevölkerungszahl ist geplant, sie
wächst nicht. Man weiß seit Jahrhunderten, wie viele Leute in
einem Territorium wohnen, was für sie gebraucht wird. Jeder
weiß, was er wann bekommt. Das ist lange vorher programmiert. Und – vielleicht sagt dir das etwas, für uns ist es ohne
Bedeutung – Hader und Mißgunst gibt es nicht. Mir scheint, in
dem Maße, in dem bei euch mit fortschreitender Evolution der
Individualismus zunimmt, hat er bei uns abgenommen.
Centauren sind Gruppenwesen. Das Objekt, die Aufgabe
vereint uns. Wir wechseln selten den Arbeitsplatz oder den
Wohnsitz.“
„Aber, Mon, entschuldige, wenn ich es so sage, wie es
meiner Sicht entspricht: Ist das nicht eine ungeheure Verarmung des einzelnen. Und – wozu lebt dann der Centaure?“
Josephin fragte ehrlich bestürzt.
Mon nahm nicht übel, sie lächelte, und wie es schien, sogar
ein wenig nachsichtig. „Darüber zu sprechen, Josephin, steht
mir nicht an. Ein Beweger sollte es dir sagen. Nur soviel: Alle
Centauren streben und leben für ein höheres Ziel, das unsere
Nachfahren eines Tages erreichen werden. Frei sein von aller
Gebundenheit an einen Boden, an das Biologische, frei sein
von den Beschwernissen, das Natürliche zu erhalten.“
Josephin und Gernot sahen sich an, Unverständnis im Blick.
War das noch die Centaurin, die sie kannten, dieselbe Mon,
dieses Wesen vor ihnen mit dem verklärten entrückten Blick.
Mon fing sich. Ihr Lächeln hatte sich vertieft. Sie sah die
beiden vielsagend an, sich bewußt, daß sie nicht verstanden,
aber auch nicht gewillt, sie aufzuklären.
„Aber jetzt, bevor dieses Ziel erreicht ist? Ihr könnt doch
nicht nur arbeiten, für die Gruppe dasein. Womit verschönt der
einzelne sich das Leben?“ fragte Gernot in einem zurückhaltenden Ton.
„Oh, es gibt da einiges, Gernot. Und ich würde es euch gern
vorführen, wenn nicht ihr ständig in eurer Arbeit stecktet.“ Aus
ihren Augen leuchtete es gutmütig-schadenfroh, weil sie den
Spieß umgedreht hatte. „So langweilig sind wir nicht. Unsere
Vergnügungen sind aber wahrscheinlich viel weniger aufwendig als eure. Wir haben unsere Sinne, wir fühlen. Ich fürchte,
ihr habt viel davon verkümmern lassen.“
Josephin fühlte sich herausgefordert. „Aber Wesentliches,
Mon, die Beziehung zwischen den Geschlechtern, fehlt euch
doch. Vieles in unserem Fühlen und Empfinden geht darauf
zurück. Wir haben…“
Mons Gesicht hatte sich verdüstert. Josephin sprach nicht
weiter, in der Annahme, etwas Dummes gesagt zu haben.
Aber da erwiderte Mon mit einem schroffen Blick: „Das
stimmt nicht ganz, Josephin. Schließlich erhalten wir unsere
Gesellschaft. Aber ich muß dir sagen, wir haben nicht empfunden, das uns etwas fehlen könnte, bis wir euch trafen…“ Sie
brach ab.
„War es also für euch nicht gut, daß wir uns getroffen haben?“ fragte Gernot behutsam.
„Ich weiß es nicht…“ Mon sah aus dem Fenster. „Vielleicht
aber empfinden dieser Lim und seine Leute so. Es ist schon
bestürzend…“, selbst der Automat übersetzte zögernd, „was
die Unseren vom Mars mitbringen.“
„Bestürzend?“ fragte Gernot. „Hast du mit solchen Centauren gesprochen?“
„Nein, aber man hört…“
Gernot dachte an das Gespräch von neulich, als Mon in ihn
drang wegen dieses Lebens der Centauren auf dem Mars. Es
schien ihm alles so ungereimt, was sie in den letzten Minuten
von ihr erfahren hatten. Sie ist mit sich nicht im reinen! Sie
zweifelt, weiß nicht, was richtig sein könnte. Aber sieht so ein
zufriedenes Wesen aus, eins, das für ein höheres Ziel wirkt?
Gernot war neugierig geworden. Er ahnte, daß er nur das
begriff, erkannte, was über eine Oberfläche lugte wie ein Pilz
über sein verzweigtes Myzel. Hier auf Centaur wirkte ein
Geist, eine Philosophie, die sie nicht begriffen, die ihnen
verborgen blieben, die kein Mensch bisher aufgedeckt hatte,
die die Centauren selbst keinem entdeckt hatten. Und er
glaubte wohl, daß der Kontakt mit der Menschheit da einige
Verwirrung stiften,

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