Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Energie fur Centaur

Energie fur Centaur

Titel: Energie fur Centaur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
Vom Netzwerk:
Bewahrern, Bewachern, Bewegern. Ob sich der Autor dieser Begriffe nur von
einem skurrilen Worteinfall hatte leiten lassen, der den
Schülern aller Generationen eine tragfähige Eselsbrücke bot,
oder ob er tatsächlich damit eine centaurische Bevölkerungsschichtung charakterisierte, blieb freilich dahingestellt.
    Jedenfalls steht über dem Ganzen das Leitorgan, die Administration, die sich in ihrer Zusammensetzung paritätisch aus
diesen drei Schichten konstituiert. Eine Art Parlament also,
dessen würdigste Vertreter den Rat, die Regierung, bilden. Und
aus den drei Schichten wird diese Leitgruppe stets auf Sollstärke gehalten. Gewählt wird allenfalls ein Ausschuß, eine
Interessenvertretung, innerhalb der entsprechenden Schicht.
    Gernot stieß sich an dem Begriff „Bewacher“. Mon erklärte
ihm lächelnd, daß darunter Centauren verstanden werden, die
im weitesten Sinne Prozesse überwachen, kontrollieren,
Produktionsvorgänge zum Beispiel. Eine disziplinarische
Funktion haben sie nicht. Den Bewahrern hingegen obliegt es,
das Vorhandene zu erhalten, zu regenerieren, zu reparieren,
auszuwechseln. Den Bewegern nun ist es vorbehalten, Neues
zu schaffen, eben zu bewegen, den gesellschaftlichen Fortschritt zu programmieren oder Naturerscheinungen zu interpretieren. Diese Gruppe ist zahlenmäßig am schwächsten.
Innerhalb der drei Schichten herrschen weitgehende arbeitsteilige Differenzierungen.
    Der Planet ist territorial in fünf Sektoren gegliedert, die sich
wie Oasen in den Wüstengebieten ausschließlich über die
Äquatorzone erstrecken und die weitgehend, was die Produktion und damit die Versorgung betrifft, autark sind. Handel
zwischen diesen Sektoren wird kaum betrieben – wenn, dann
ausschließlich über die entsprechende Fachabteilung des Rats.
Maßnahmen im Gesamtinteresse der centaurischen Bevölkerung heben formal die Zuständigkeit der Sektorenräte auf. Aber
in praxi sei das der Punkt, an dem die für die Menschen schwer
begreiflichen Hindernisse entstünden.
    Und Gernot bedauerte sehr, daß er sich nicht eher Zeit und
Gelegenheit genommen hatte, genaueren Einblick in diese
Strukturen zu erhalten. Sie wollen etwas von uns, sie also
müssen kommen. So etwa lautete die Devise der Menschen auf
Centaur. Aber er begann zu ahnen, wie schwierig es sein
mußte, aus im Sektorendenken Befangenen plötzlich Globalstrategen zu machen. Man hörte es aus Mons Worten: Für
Centauren war es eine Selbstverständlichkeit, daß ausschließlich lange Wege vom Regionalen zum Zentralen führten.
    „Und du bist demnach also eine Bewegerin?“ fragte Josephin
mit ziemlicher Bestimmtheit.
„Nein!“ Mons Augen sagten: Wo denkst du hin! „Ich bin ein
Bewahrer, habe dafür zu sorgen, daß…“
„Aber wie das?“ unterbrach Gernot.
Mon lächelte. „Ich fürchte, Mensch Gernot, daß du nun
allzusehr von deinem irdischen Denken ausgehst, von eurer
Vergangenheit. Die Schichtungen der centaurischen Bevölkerung sind keine sozialen Kategorien. Unsere Gesellschaft ist in
vielem schon der euren gleichzusetzen, auf jeden Fall, was die
soziale Gleichheit anbelangt. Jedes Individuum wird auf
seinem Platz gebraucht – für die Gemeinschaft. Also hat es von
ihr den gleichen Anteil am Gesamtprodukt zu beanspruchen,
ein Arzt so wie ein Instandhalter. Natürlich wird erwartet, daß
jeder das leistet, wozu er imstande ist.“
„Und das Prinzip ist verwirklicht auf Centaur?“ fragte Gernot.
„Lückenlos. – Zweifelst du?“
Gernot hob betont die Schultern an, zog die Mundwinkel
nach unten. „Auf der Erde war – ist es ein Prozeß, ein sehr
langwieriger.“
Da Mon verständnislos blickte, erläuterte er: „Zwei Jahrtausende gab es auf der Erde das Universaltauschmittel Geld…“
Der Übersetzer summte unwillig. „Vom Staat herausgegebene
Wertscheine, gegen die jede Ware erhältlich war.“
„Ware im weitesten Sinne“, warf Josephin ein.
„Aber du weißt das sicher“, fuhr Gernot fort. „Sagen wollte
ich, daß lange Zeit der Besitz vieler derartiger Wertbons ein
Statussymbol des einzelnen darstellte…“
„Ich weiß das alles, Gernot“, sagte Mon, „ungefähr.“ Sie sah
sehr ernst auf die Menschen. „Vieles in eurer Geschichte bleibt
uns unverständlich, vor allem eure blutigen Auseinandersetzungen…“ Sie schwieg eine Weile. Dann sah sie lächelnd auf.
„Aber individuelle Aneignung gibt es bei uns nicht, wenn du
das meinst…“
Es sah aus, als sei Mon stolz, einen solchen Begriff gebrauchen

Weitere Kostenlose Bücher