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Engel auf Abwegen

Engel auf Abwegen

Titel: Engel auf Abwegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Linda Francis
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vergaß völlig, welchen Schritt ich gerade machen sollte. Als wir an das Ende der Veranda kamen, ergriff er sein Jackett und zog mich aus einer Seitentür drei Holzstufen hinunter auf den Hof.
    Die Nacht war wunderschön. Es war Vollmond und die Luft angenehm kühl. Wir gingen über den Hof in sein Studio.

    »Ich bin also Ihre Muse.« Auf mein Gesicht trat ein breites Lächeln.
    Er sagte nichts, obwohl ich sein amüsiertes Schulterzucken spüren konnte.
    »Ich habe Sie also wieder zum Malen gebracht?«, beharrte ich, und sogar ich hörte den NC-haften Unterton Ja, ich bin schlimm.
    »Ich hätte geglaubt, dass ihr Gesellschaftstypen zumindest so tun würdet, als wäret ihr bescheiden.«
    Wir waren um das Haus herumgegangen, und ich konnte das Studio sehen. Anstatt beleidigt zu sein, lachte ich. »Das kommt vom vielen Wein.«
    Ich bemerkte sein trockenes Grinsen. »Vielleicht«, sagte er.
    »Was meinen Sie mit vielleicht?«
    »Vielleicht haben Sie mich dazu gebracht, wieder zu malen.«
    Ich neigte den Kopf zur Seite, während mir ein Gedanke kam und mein Verstand nichts tat, um ihn zu redigieren. »Warum haben Sie denn überhaupt aufgehört zu malen?«
    Wir gingen noch einige Schritte weiter, und ich wusste, dass er über die Antwort nachdachte. »Schwer zu sagen. Das Leben. Die Dinge entwickelten sich ganz anders, als ich vermutet hatte.«
    Dann blieb er stehen, und ich vergaß alles über Musen, Gründe oder seine Kunst. Er lehnte sich gegen die Mauer, und als sein Blick über den Ausschnitt meiner unpassenden Bluse schweifte, begann mein Puls unregelmäßig zu schlagen. Unzurechnungsfähigkeit paarte sich mit dem Alkohol, und ich hatte den starken Wunsch, das zu tun, was ich nicht tun durfte.

    Lauf weg, sagte ich mir.
    Lass den Mann stehen.
    Ich war schließlich verheiratet, wenn auch mit einem lügenden, betrügenden Mistkerl, der auf der Flucht war und mein Konto geplündert hatte.
    Stattdessen blickte ich auf Sawyers Lippen.
    Ich spürte kaum die Kälte, bis er mir sein Jackett um die Schultern legte und den Kragen hochschlug, um mich zu wärmen. Als er das getan hatte, ließ er mich nicht los. Es war mir immer leichtgefallen, anständig zu sein, aber an jenem Abend war alles anders.
    Ich spürte, wie seine Finger über meinen Nacken fuhren, über mein Schlüsselbein, dann weiter nach unten. In meinem Kopf ertönte ein Alarmsignal. Sie können mich jetzt mit allen möglichen vulgären Ausdrücken belegen, aber in dem Moment konnte ich nicht anders, als mich zu fragen, wie es sich wohl anfühlen würde, wenn er mich küsste.
    Er sah mich einen Moment lang an, und seine dunklen Augen waren noch dunkler. Seine Handflächen glitten an meinen Armen hinunter. »Dies ist vermutlich keine so gute Idee«, sagte er.
    Ich hielt den Atem an und fühlte mich sicher und war gleichzeitig enttäuscht. »Sie haben recht.«
    Natürlich hatte er recht.
    Aber als er sich von mir abwandte, geschah etwas sehr sehr Schlechtes. Meine Finger krallten sich in sein Hemd.
    Er wurde ganz ruhig und blickte mich an. »Zum Teufel«, sagte er und küsste mich.
    Ich schloss die Augen und atmete ein, als hätte ich seit dem Tag, an dem ich erfahren hatte, dass er nicht schwul war, darauf gewartet. Er zog mich zwischen seine Schenkel. Kurz gesagt, es artete in eine wilde Knutscherei aus, und
seine und meine Hände berührten sich an Körperteilen, an denen sie absolut nichts verloren hatten. Aber dann erwies sich, dass ich eine grundanständige, wohlerzogene Frau war, und im letzten Augenblick, bevor wir nicht mehr zu bremsen gewesen wären, öffnete ich die Faust und presste meine Hand gegen seine Brust.
    Er lockerte seinen Griff, und ich duckte mich und entschlüpfte ihm. »Fantastische Party! Vielen Dank, dass Sie mich eingeladen haben«, sagte ich, dann ging ich so schnell, wie ich konnte, fort, ohne den Eindruck zu hinterlassen, als würde ich wegrennen.
    Ich hatte es gerade bis zur Hausecke geschafft, als er mir zurief: »Frede.«
    Zögernd blieb ich stehen, obwohl ich das nicht hätte tun sollen.
    »Ich hoffe, der Tag war schön für Sie.«
    Schiefes Lächeln, jungenhafter Charme und jetzt auch noch Liebenswürdigkeit. Ich nickte.
    »Das freut mich«, sagte er. »Gute Nacht.«
    Er drückte sich von der Mauer ab, folgte mir jedoch nicht. Stattdessen ging er weiter und verschwand schließlich in seinem Studio.
    Nach einer Sekunde eilte ich ins Haus zurück. Ich verabschiedete mich höflich von den anderen Gästen, dann verließ ich das

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