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Engel auf Abwegen

Engel auf Abwegen

Titel: Engel auf Abwegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Linda Francis
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alte Arbeitskleidung. Ich sagte ihr, ich könnte das Haus selbst sauber machen, aber sie huschte einfach an mir vorbei und fing an, Befehle zu erteilen.« Er lachte, als er sich daran erinnerte. »Das Haus wäre wahrscheinlich immer noch in Unordnung, wenn sie nicht vorbeigekommen wäre. Es gehört nicht zu meinen besten Eigenschaften, ein Haus sauber zu halten.« Er schüttelte den Kopf. »Als eine Woche später alles sauber und wir total erschöpft waren, sagte ich ihr, wie unendlich dankbar ich ihr sei. Sie erwiderte: ›Sawyer Jackson, dafür sind Freunde doch da.‹ Ja«, sagte er abschließend, »sie ist eine gute Freundin. Ich bin so froh, dass sie Howard gefunden hat. Ich habe noch nie Menschen getroffen, die so eng miteinander verbunden sind wie die beiden.«

    Da war es wieder, dieses Ding, das Howard und Nikki gemeinsamen hatten – dieser Beschützerinstinkt, dieses »Wir gehören zusammen« oder etwas dergleichen. Zumindest war es so gewesen, bevor Nikki mit der Junior League in Kontakt gekommen war.
    Ungute Gefühle stiegen in mir auf, die ich jedoch rasch wieder abschüttelte.
    »Stimmt es also?«, beharrte ich und änderte das Gesprächsthema.
    »Was denn?«
    »Dass Sie ein schlimmer Junge waren?«
    Er zuckte die Schultern. »Kommt drauf an, was Sie darunter verstehen.«
    »Haben Sie getrunken?«, fragte ich.
    »Vielleicht.«
    »Geraucht?«
    »Ein wenig.«
    »Sich mit anderen geschlagen?«
    »Ein oder zwei Mal.«
    Wahrscheinlich habe ich ein verächtliches Grunzen von mir gegeben. Jedenfalls fing er an zu lachen, steckte seine Hände in die Taschen seiner Jeans und kippte auf die Absätze. »Okay, vielleicht noch viel mehr als all das. Aber meiner Meinung nach hatte ich kaum eine andere Wahl.«
    »Warum?«
    »Mein Vater sagte, es sei unehrenhaft, einen Streit anzuzetteln – er sagte aber auch, dass ich mich verteidigen könnte.«
    »Also haben Sie sich ziemlich oft verteidigt?«
    »Das musste ich. Ich mochte die Kunst und nicht Fußball. Glücklicherweise war ich wirklich gut darin, mich zu verteidigen. Mein Vater hat es aber nicht so gesehen.« Er
lächelte bei der Erinnerung daran und schüttelte den Kopf. »Ich vermisse ihn sehr.«
    »Wo ist er?«
    »Er ist vor zwei Jahren gestorben. Meine Mutter starb kurz nach ihm.«
    »Das tut mir leid.«
    »Mir auch. Ich habe zu viel Zeit damit verbracht, zu reisen und an verschiedenen Orten zu leben, und habe immer geglaubt, ich kann noch genügend Zeit mit ihnen verbringen.«
    »Haben Sie das gemeint, als Sie sagten, Ihr Leben hätte eine andere Richtung eingeschlagen, als Sie geplant hatten?«
    Er dachte eine Sekunde nach. »Ja, ungefähr so.«
    »Das tut mir wirklich leid.«
    »Das muss es aber nicht. Ich habe Glück gehabt, denn meine Eltern hatten ein schönes, langes Leben. Sie mochten es, an der Universität zu unterrichten. Sie liebten mich und einander und hatten keine Angst, es zu zeigen.«
    Dieser Mann stammte wirklich aus einer glücklichen Familie? »Woher kommt dann diese Angst in Ihrer Kunst?«
    Sein Mundwinkel zog sich nach oben. »Wer sagt denn, dass ich Angst habe?«
    »Wie nennen Sie dann diesen mürrischen Gesichtsausdruck, diese dunkle Kunst, ganz zu schweigen davon, dass Sie netten Menschen die Tür vor der Nase zuschlagen?«
    »Aggressive Zufriedenheit vielleicht?«
    Daraufhin lachte ich so sehr, dass sich die Leute zu mir umdrehten und mich anstarrten, darunter eine Frau, die ich zuvor nicht bemerkt hatte. Gar nicht gut.
    »Frede?«
    Ich knipste mein Lächeln an. »Marcia!« Ich lachte erneut schallend.

    Marcia Travers hatte in der Junior League ziemlich viel zu sagen. Sie war letztes Jahr die Vorsitzende der Weihnachtsmesse gewesen. Sie gab mir einen Luftkuss, streckte ihre Arme aus und hielt mich in einigem Abstand von sich entfernt.
    »Frede, du siehst einfach … nicht wie du selbst aus!«
    Sie schien erfreut zu sein und nicht so, als wollte sie sagen, »Ich bin so froh, dass du deinen Horizont erweiterst«, wie man es eigentlich hätte erwarten sollen beim Anblick meiner jeansbekleideten Hüften und Schenkel, ganz zu schweigen von den zehn Zentimeter hohen Stilettos, die ich aus einer Laune heraus angezogen hatte.
    »Danke«, sagte ich mit aufgesetzter Begeisterung, und die Panik stieg in mir auf. »Bei diesen ganzen Abenteuern von Gordon war ich ein wenig deprimiert, weil ich ihn so vermisse.« Ich benötigte ein Notizbuch, um all meine Geheimnisse im Auge zu behalten: meinen ehebrecherischen Mann, mein fehlendes Geld, meine

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