Engel auf Abwegen
Scheidung, die ich vorläufig noch geheim halten wollte. Wenn die League wissen sollte, dass ich geschieden war, müsste für mich eine Menge Geld aus der Scheidung herausspringen. »Deshalb habe ich mich auf den Weg gemacht, um mir diese fantastische Ausstellung anzusehen.«
»Ich habe gehört, Gordon ist in New Guinea.« Sie tätschelte meine Hand und gackerte. »Du armes Ding, ich kann mir nicht vorstellen, wie schrecklich es sein muss, einen Mann zu haben, der lieber reist als bei mir ist.«
Eine Sekunde lang glaubte ich, nicht richtig gehört zu haben.
Sie gackerte weiter. »Obwohl ich nichts dagegen hätte, wenn Walter mich ab und zu in Ruhe lassen würde. Er will ständig meine Aufmerksamkeit, bringt mir Blumen mit
und überhäuft mich mit Süßigkeiten. Das kann auch ganz schön ermüdend sein. Eigentlich kannst du dich glücklich schätzen.«
Ich stand da und starrte auf ihr falsches und unaufrichtiges Lächeln, bevor sie sich Sawyer zuwandte.
»Und wer ist dies?« Sie zog eine Augenbraue hoch.
Wenn es um die Definition von einem schlechten Tag ging, war mein Tag das beste Beispiel dafür.
In meinem Kopf herrschte Chaos, und ich suchte nach einer Lösung. Dann tat ich etwas, was noch schlechter als schlecht war. Ich warf meinem Künstler einen Blick zu und sagte: »Entschuldigung, wie heißen Sie gleich noch?«
Ich weiß, ich weiß, das war wirklich mies, weil Sawyer einfach zum Träumen ist, und unter seinem harten Äußeren als Marlboro-Mann ist er freundlich. Aber Marcia durfte gar nicht erst einen Skandal wittern. Außerdem, konnte man mir die Schuld daran geben, dass ich, nachdem Marcia mir ihren zuckersüßen Stoß versetzt hatte, jetzt an einem nicht so schönen Ort war?
Sawyer konnte das zweifellos, denn er biss ärgerlich die Zähne aufeinander. Aber wenn Marcia bemerkt hätte, dass irgendetwas nicht stimmte, so ließ sie sich das nicht anmerken. Stattdessen war ich überrascht, als sie sagte: »Eigentlich« – und ein böses Funkeln trat in ihre Augen – »weiß ich, wer er ist. Sawyer Jackson. Schwer zu fassender Künstler, verschwenderischer Unternehmer. Und Eigentümer von JackHill Technologies.«
Ein kurzer Augenblick verstrich, bevor ich mich umdrehte und Sawyer ansah, wahrscheinlich mit offenem Mund. »Ihnen gehört JackHill?«
Ich erinnerte mich dunkel daran, dass zwei Studenten der University of Texas vor über zehn Jahren in ihrem
Schlafsaal eine Produktionsfirma für Videospiele gegründet hatten. Einer studierte im Hauptfach Computerwissenschaften, der andere Kunst. Sie hatten die Spiele gemeinsam entwickelt, die Trickfiguren dazu gezeichnet und Computerprogramme erstellt, um sie zum Leben zu erwecken. Ich dachte an Hill, den Technikfreak auf Sawyers Dinnerparty. Sawyer Jackson und dieser Hill hatten dieses Team gegründet.
»Diese Firma JackHill, die an die Börse ging und danach für Millionen von Dollar an MicroSystems verkauft wurde?«
Wenn Sawyer ganz und gar nicht erfreut darüber war, dass ich seinen Namen nicht wusste, so war er angesichts meiner Worte noch viel verärgerter. »›Millionen von Dollar Bazillion‹ wäre nicht übertrieben«, sagte er angespannt.
Ich konnte es kaum glauben. Mein hungernder Künstler war wirklich ein Multimillionär – und er war gar nicht glücklich, dass die Leute das wussten! Ich war wie betäubt.
Marcia andererseits wollte ihm unbedingt näherkommen, aber Sawyer wollte davon nichts wissen. Höflich (wenn auch mit fester Stimme) entschuldigte er sich und ging aus dem Zimmer.
Gerüchten zufolge hatten die Besitzer von JackHill – die zufällig zu den fünfhundert reichsten Leuten gehörten – kein Interesse an Publicity und hatten einige Jahre, nachdem sie das Geschäft verkauft hatten, das Land verlassen.
Ich dachte an Sawyers Äußerung, dass er eine Zeit lang hier und dort gelebt hatte und angeblich zu lange fort gewesen sei. Vielleicht war er deshalb so lange weggeblieben, weil er sich der Öffentlichkeit entziehen wollte, und hatte somit die letzten Lebensjahre seiner Eltern verpasst.
Fünf Minuten redete Marcia über JackHill, bevor sie endlich ging. Als die Luft rein war, konnte ich Sawyer jedoch nirgendwo entdecken. Wahrscheinlich hätte ich das Galeriepersonal gebeten, mir ein Taxi zu rufen, wenn ich geglaubt hätte, er würde mich allein dort stehen lassen. Aber dann fand ich ihn. Er saß draußen auf einer kunstvollen, ungehobelten Bank.
»Ich dachte, Sie wären gegangen.« Fast wäre ich durchgedreht.
Er sah
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