Engel auf Abwegen
getäuscht und war doch nicht schwanger?
Wenn es stimmte, dass er mit der Frau abgehauen war, hatten sie sich gegenseitig eine Menge verziehen.
Miss Mouse’ Nachbarin kniff die Augen zusammen und warf mir einen vorwurfsvollen Blick zu, während sie mich von oben bis unten betrachtete. »Sie sehen nicht so aus wie eine Freundin von Janet.«
Wahrscheinlich waren es meine teuren Klamotten, die mich verrieten. Aber das kümmerte mich nicht. Mein einziger Gedanke war, wie würde ich die Neuigkeit vor meinen Freundinnen verbergen können?
Das einzig Vernünftige wäre wohl, nach Hause zu fahren, ins Bett zu kriechen und so zu tun, als sei das Ganze ein schlechter Traum.
Während der nächsten Tage verbat ich Juan, irgendjemanden zum Haus zu schicken. Ich nahm auch keine Telefongespräche entgegen. Nina sagte jedem, der es wissen wollte, dass Gordon für drei bis vier Wochen nach Neuguinea
gefahren war. Ich war sicher, dass man in Neuguinea alle möglichen gefährlichen Sportarten praktizieren konnte. Aber was noch wichtiger war: Es schien weit weg zu sein und kaum per Telefon zu erreichen.
Am Sonntag ging ich zum Abendessen zu meinen Eltern und geriet mit meinen schauspielerischen Fähigkeiten an meine Grenzen.
Mittwoch, eine Woche nach dem unglücklichen Vorfall, rief Pilar Bass an. Ich hob nicht ab, aber Nina sagte, die Frau sei äußerst besorgt gewesen. Ich bezweifelte das nicht, da ich an jenem Morgen das Meeting des Komitees für neue Projekte versäumt und der Frau zu verstehen gegeben hatte, dass sie zwei Jobs machen musste. Das würde ihr eine Lehre sein, mir in der Öffentlichkeit jemals wieder zu misstrauen.
Obwohl das eigentlich völlig unakzeptabel war, trug ich eine alte Schlafanzughose aus Collegezeiten, hatte kaum Kontakt mit Seife und Wasser und dachte darüber nach, mich aus dem Fenster zu stürzen. Das wäre wahrscheinlich auch gelungen, wenn ich in einem Hochhaus gewohnt hätte. Aber mein Haus hatte nur zwei Stockwerke, und ich bezweifelte, dass ich mir mehr als einen Arm brechen würde, und ein Gipsarm würde nicht gerade modisch aussehen.
Seit dem Tag, als ich Miss Mouse in meinem Haus angetroffen hatte, hatte ich nicht nur das Meeting des Komitees für neue Projekte und die monatlich stattfindende Hauptversammlung, sondern auch meine wöchentliche Sprechzeit für die Vermittlung von Ehrenamtlichen versäumt. Stattdessen saß ich mit den Gelben Seiten in meinem Bett und blätterte die Anwaltsseiten durch. Ich fragte mich, wer mich gegen meinen Mann vertreten konnte und den Fall gewinnen würde, da mein Mann und sein Vater mit fast
jedem Anwalt und Richter in der Stadt befreundet waren und außerdem gute Kontakte im ganzen Staat hatten.
Als ich beim Buchstaben G angelangt war, zogen sich meine Augenbrauen zusammen. »Howard Grout, Anwalt«, flüsterte ich.
Durch das Seitenfenster versuchte ich, zwischen den üppigen Bäumen und Blättern hindurch die peinliche palastähnliche Konstruktion nebenan zu erkennen. Ich schlug die Laken zurück und trat näher an das Fenster heran, um besser sehen zu können.
Howard Grout. Mein Nachbar.
Er war Anwalt und kannte niemanden in der Familie meines Mannes. Ich hätte wetten können, dass er einer der wenigen Menschen in der Stadt war, die sich nicht vom Namen Ware abschrecken ließen. Wie auch, wenn er hier eingezogen war trotz der Proteste der Nachbarn, die ihn nicht hier haben wollten, allen voran mein Mann. Vielleicht war er in der Stimmung, sich zu rächen.
Ich verwarf den Gedanken, dass er sich an mir rächen wollte, weil ich ihn zweifellos bezirzen konnte. Aber ich würde nicht allzu viel Charme spielen lassen können, weil der Mann ein berüchtigter Schurke war. Aber Schurke hin oder her, er war der Einzige, der mir helfen konnte, mich an meinem Mann zu rächen.
Mit neu gewonnener Energie ging ich ins Badezimmer und nahm mein erstes Bad seit Sonntagabend. Nina kam herbeigerannt, weil sie vermutlich befürchtete, ich würde versuchen, mich zu ertränken. Als sie sah, dass ich nur ein Schaumbad nahm, nickte sie.
»Endlich«, sagte sie barsch auf Spanisch.
»Nina, meine Liebe, bitte hol mir meine Kleidung.«
Es gibt Regeln, die unbedingt einzuhalten sind, wenn ein
hochangesehenes Mitglied der JLWC oder eine respektable texanische Frau ihr Haus verlässt – aus welchem Grund auch immer.
1. Sie muss jederzeit perfekt geschminkt sein, egal, ob sie zum Sport, zum Gemüsegeschäft oder auf eine Dinnerparty geht.
2. Sie sollte sich immer mit
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