Engel auf Abwegen
auf. (Ich vermute, dass, als die Sommerferien begannen, alle von meiner tätlichen Auseinandersetzung mit dem bösen kleinen Jungen und seiner blutigen Nase erfahren hatten.)
»Wir sind beste Freundinnen«, sagte Pilar zu Nikki und deutete auf sich und mich. »Wer bist du denn?«
Nikkis Augen wurden groß, und sie verschränkte ihre Hände. »Ich möchte auch mit euch befreundet sein.«
Pilar sah sie von oben bis unten an. »Bist du clever?«
»Das weiß ich nicht.«
»Bist du reich?«
»Weiß nicht.«
»Was weißt du eigentlich?«
»Weiß nicht.«
Pilar war ganz und gar nicht erfreut, aber sie hatte mir
bereits gesagt, dass wir mindestens drei Leute brauchten, um eine Gruppe zu gründen. »Zumindest bist du nicht hübsch wie Frede. Und nicht annähernd so intelligent wie ich. Okay, du kannst unsere Freundin sein.«
Und so wurde unsere Gruppe gegründet.
Nikki, die Träumerin.
Pilar, die Realistin.
Und ich, die Prinzessin.
Jetzt, viel später, weiß ich, dass Pilar schon vom ersten Schuljahr an, wenn nicht sogar schon von Geburt an, eine sehr liberale Ausrichtung hatte. Sie war zweifellos eine von denen, die das Gefühl hatten, im falschen Staat in die falsche Familie hineingeboren worden zu sein. Und obwohl sie nach Nordamerika gegangen war, war sie zurückgekommen, was der Beweis dafür war, dass man, wenn man einmal in Texas geboren und aufgewachsen ist, davon nicht mehr loskommt, trotz liberaler Ansichten, glattem Haar und einer hässlichen Brille. Warum sollte sie auch nicht nach Hause zurückkehren?
Und was Nikki betraf: Wenn ich Howards Plan zustimmte und sie in die League einführte, hatte sich ihr Traum erfüllt, denn sie würde ein für alle Mal ständiges Mitglied der größten Clique der Stadt sein.
Was meine Rolle als Prinzessin anbetraf, so kam ich mir jetzt noch viel weniger als zuvor wie eine Prinzessin vor, denn ich stand plötzlich nahe an der Grenze zur Armut. Was völlig inakzeptabel war und verhindert werden musste.
Ich verließ The Willows und winkte Juan in seinem Pförtnerhaus zu, während ich durch den Ausgang schlüpfte. Ich brauchte Zeit, um über meine Möglichkeiten nachzudenken. Ich wollte nicht von Männern gerettet werden. Vielleicht
verwöhnt, angebetet und aufs Podest gestellt werden. Aber gerettet? Nein.
Aber wenn ich meinen Thron behalten wollte, würde ich Howard Grouts Hilfe benötigen. Dieser Gedanke machte mir zu schaffen, besonders da mich der Preis, den ich dafür würde zahlen müssen, in gesellschaftlicher Hinsicht für immer ruinieren würde.
Aber als ich durch die Stadt und an Willow Creek Park auf der östlichen Seite des Hauptplatzes vorbeifuhr, an den vielen Eichen und den wilden Glockenblumen , die sich wie ein bunter Farbteppich überall ausbreiteten, wurde mir klar, dass ich die Einzige war, die veranlassen konnte, dass Nikki Grout in die JLWC aufgenommen wurde. Ich war ein Genie darin, das Unmögliche zustande zu bringen. Außerdem, wenn ich Howards Hilfe nicht bekäme, um mein Geld zurückzukriegen, wäre ich in der JLWC ohnehin ruiniert. Ich hatte also nichts zu verlieren, wenn ich Howard Grouts Hilfe in Anspruch nahm, im Gegenteil.
Ich hatte mich entschlossen.
Ich nahm das Handy aus dem Handschuhfach und wählte die Nummer der Auskunft. Ich war überrascht, dass die Telefonnummer der Grouts im Telefonbuch stand, aber auch erleichtert, dass ich sie nicht noch einmal aufsuchen musste, zumindest jetzt noch nicht.
»Mrs. Ware«, sagte Howard.
»Ja, ich bin’s.«
»Sie akzeptieren.«
Die Worte, die ich hatte sagen wollen, gefroren mir auf den Lippen, und ich konnte die Anspannung am anderen Ende der Leitung förmlich spüren. Aber gerade als er anfing zu fluchen und bestimmt kurz davor war aufzulegen, sagte ich: »Ich nehme Ihre Hilfe an.«
Er zögerte. »Gut.«
»Sie kriegen meinen Mann?«
»Mrs. Ware, wenn Sie meine Nikki in diese verdammte Junior League von Willow Creek kriegen, werde ich mich persönlich darum kümmern, dass alles, was dem Mistkerl noch bleibt, der Lohn ist, den er bei Sonic Happy Eating fürs Burgerbrutzeln bekommt.«
Ein kühles, oberflächliches, völlig undamenhaftes Gefühl der Freude erfasste mich.
»Wunderbar. Also abgemacht.«
»Ich werde Nikki die gute Nachricht überbringen, dass sie in den Club aufgenommen wird.«
»Die einzige gute Nachricht, die Sie Ihrer Frau zu diesem Zeitpunkt überbringen können, ist die, dass ich sie einigen Mitgliedern der Junior League von Willow Creek vorstellen werde. Das
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