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Engel auf Abwegen

Engel auf Abwegen

Titel: Engel auf Abwegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Linda Francis
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sie.
    »Aber es ist beige.«
    »Was hast du denn gegen beige?«
    »Können wir mit ›langweilig‹ anfangen?«
    »Sarkasmus schickt sich nicht für eine Lady.« Hatte ich diese Worte meiner Mutter wirklich gesagt?
    »Beige ist überhaupt nicht langweilig, Nikki. Es kann fabelhaft aussehen.« Wenn die richtige Frau es trug, und wenn es ein guter Stoff und Schnitt war.
    Sie sah nicht gerade überzeugt aus. Ich fuhr fort: »Das Problem mit auffälliger Kleidung, sei es die Farbe oder der Schnitt, ist, dass die Kleidung die Frau trägt und nicht umgekehrt. Die Leute sollen sich an Nikki Grout erinnern und nicht an deine Kleidung.«
    Ich wagte es nicht, zu erwähnen, dass die Kleidung für eine Frau wie eine Rüstung war, egal, ob es sich um wilde Nylonstrümpfe oder schwarze kastenförmige Hosenanzüge und hässliche Brillen handelte. Der glühende Charme einer Frau soll der Welt sagen, wer sie ist, und nicht ihre Kleidung. Wenn sie jedoch keinen Charme hat, hat sie vermutlich keine andere Wahl, als sich ihre Persönlichkeit per Kreditkarte zu kaufen.
    »Und jetzt zu den Schuhen.« Für Notfälle hielt ich immer ein extra Paar Ferragamo Pumps bereit. »Welche Größe hast du?«
    »Siebeneinhalb.«

    »Ausgezeichnet.«
    Ich reichte ihr einen Karton. Sie nahm ihn argwöhnisch entgegen und warf einen Blick hinein. Als sie die Schuhe sah, verzog sie das Gesicht, als hätte ich ihr mit einem ihrer Stilettoabsätze ins Herz gestochen.
    »Flache Schuhe. Das überrascht mich gar nicht«, sagte sie.
    Sie blickte auf meine Füße hinab. Irgendwie wirkten meine Ferragamo-Schuhe mit den Schleifchen eher farblos als klassisch, verglichen mit Nikkis Stilettos. Was einfach lächerlich war.
    »Sie sind nicht gerade flach, denn sie haben einen hübschen kleinen Absatz. Du musst mir glauben, Nikki« – ich reichte ihr das beigefarbenes Baumwollkleid mit dem Gürtel -, »ich habe das Kleid noch nie getragen. Versuch es einfach mal.«
    Sie wollte gerade anfangen zu meutern. Aber dann stieß sie einen Seufzer aus und zog sich in der Zeit, die eine normale Frau braucht, um ihren Mantel auszuziehen, bis auf BH und Schlüpfer aus.
    Ich war mehr als schockiert. Erstens: Ich hatte eigentlich gemeint, sie sollte das Kleid mit nach Hause nehmen und später anprobieren; und zweitens: Seit ich in der Junior High School gewesen und gezwungen worden war, am Gymnastikunterricht teilzunehmen, hatte ich nicht mehr gesehen, wie sich eine weibliche Person auszog. Aber die Mädchen auf der Junior High hatten normalerweise keine Brüste wie Pamela Anderson und die Art von Unterwäsche, die in Geschäften verkauft wird, in die jemand unter achtzehn Jahren nicht ohne Begleitung eines Erziehungsberechtigten gehen darf.
    Ich wandte mich von ihr ab. »Zieh dich in Ruhe an«,
sagte ich und ging, so schnell ich konnte, aus dem Zimmer.
    Nach einigen Minuten erschien Nikki in dem beigefarbenes Kleid und den Pumps (sie sah unglücklich aus), aber ohne Strümpfe. Ich würde später darauf zurückkommen müssen. Die neutralen Farben dämpften ihr gesamtes Erscheinungsbild, die Tammy-Faye-Bakker-Wimpern, das grelle Rouge, sogar ihre Brüste.
    »Nikki, du siehst fabelhaft aus.« Das meinte ich ehrlich.
    Als wir wieder nach unten gingen, war sie beleidigt. Ihre bunte Kleidung hatte sie in die hellgrüne Schultertasche gestopft.
    »Ich wünschte, ich brauchte mich nicht wie ein Troll zu kleiden.«
    »Troll? Unmöglich. Ich trage beige Kleidung, sehe ich darin wie ein Troll aus?«
    »Da du schon fragst …«
    Ich unterbrach sie. Da sie geschmackvolle Sachen verabscheute, wollte ich nicht unbedingt wissen, was sie zu sagen hatte. »Das Mittagessen ist fertig.«
    »O …«
    Ich führte Nikki in das Sonnenzimmer, wo ich ihr die wichtigsten Umgangsformen beibringen wollte. Der Tisch war mit feinem weißem Porzellan mit Blumenmuster gedeckt, das für eine gewöhnliche Mahlzeit am Tag angemessen war.
    »Wow!«, rief Nikki aus, nahm einen Teller in die Hand und drehte ihn um, um die Rückseite zu lesen. »Das muss dich ein Vermögen gekostet haben.«
    Ich nahm ihr den Teller aus der Hand und stellte ihn auf den Tisch. »Du kannst nicht einfach das Porzellan einer
Lady hochheben, um es dir anzusehen. Und von dem Preis zu sprechen ist einfach tabu. Bei sämtlichen Dingen.«
    »Aber was ist, wenn man selbst etwas davon haben möchte?«
    »Wie kannst du originell sein, wenn du immer jemand anderes kopierst?«
    Ich gebe es nur ungern zu, aber plötzlich kam mir der erschreckende

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