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Engel auf Abwegen

Engel auf Abwegen

Titel: Engel auf Abwegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Linda Francis
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an. »Ich habe geübt, aber es ist so schwer.«
    Ich hätte wissen sollen, dass weder Nikki noch ihr Mann verlegen waren, als ich Howard dabei erwischte, wie er im Raum hin und her stolzierte und ein Buch auf dem Kopf balancierte wie eine fette, untersetzte Möchtegern-Debütantin.
    Howard hob das Buch vom Boden auf, und in diesem Moment klingelte sein Handy. Er blickte auf das Display, grunzte und leitete den Anruf auf seine Voice Mail, als hätte er wichtigere Dinge zu tun, als den Anruf entgegenzunehmen.
    »Sagen Sie mir bitte, wie man das macht?« Er legte das Buch wieder auf seinen Kopf und schritt durch das Zimmer.
    »Sie gehen zu schnell«, sagte ich automatisch.
    Er ging langsamer.
    »Zu langsam.«
    »Entscheiden Sie sich.« Das Buch fiel herunter, und er fing es mit einer schnellen Bewegung auf, bevor er es erneut auf seinen Kopf legte. »Noch einmal.« Gemäßigten Schrittes setzte er sich in Bewegung.
    Ganz schön verrückt von mir, dass ich Howard Grout beibrachte, wie eine Dame zu gehen. Aber trotz seines Körperumfangs lernte er schneller als seine Frau.
    »Schaukeln Sie nicht so mit den Armen.«
    Er legte sie an seinen Körper.
    »Zu viel. Sie sind zu steif. Ihre Bewegungen sollen fließend und voller Anmut sein.«
    Alle hielten inne.
    »Ich habe zwar eine Menge Eigenschaften, Liebes, aber anmutig werde ich niemals sein.« Als Beweis dafür begann
er erneut, durch den Raum zu gehen, und versuchte, fließende Bewegungen zu machen. »Wie ist es jetzt?«
    »Besser.«
    Howard stieß ein verächtliches Grunzen aus. »Lügnerin.«
    Geschmacklos, aber clever.
    Er neigte den Kopf, und das Buch fiel in seine Hände. Er hielt es mir entgegen. »Jetzt sind Sie an der Reihe, mein Püppchen.«
    Ich blickte überrascht über meine Schulter und wieder zurück, zu verwirrt, um sofort zu kapieren, dass »mein Püppchen« mir galt. »Soll ich jetzt?«
    »Ja.« Er brachte den nicht gerade dünnen neuen Bestseller etwas ins Wanken. »Sie müssen sich mit diesen Büchern auskennen, weil Sie so viel Klasse haben.«
    Ich habe keine Erklärung dafür, warum ich es tat. Ich habe keine Ahnung, was über mich kam. Ich kann nur sagen, dass der Mann trotz seines unangemessenen Verhaltens ein gewisses Etwas hatte. Vielleicht tat ich es auch, weil ich dachte, dass, wenn ein geschmackloser Mann meine Kultiviertheit erkannte, er dafür eine Belohnung bekommen sollte.
    Nikki klatschte. »Ja, zeig es uns!«
    Selbst das Hausmädchen beobachtete mich mit Interesse, und, um ehrlich zu sein, einem Publikum konnte ich noch nie widerstehen. Ich weiß, ich weiß, ich handelte völlig NC, weil ich die Aufmerksamkeit auf mich lenkte. Hatte ich Nikki nicht gestern erst erklärt, dass es ungehörig war, Aufmerksamkeit auf sich selbst zu lenken? Aber wie heißt das Sprichwort? Wenn man in Rom ist …
    Mit dem Buch auf dem Kopf stolzierte ich im Raum umher, die Schultern gestrafft, die Arme grazil an meiner Seite,
das Kinn parallel zum Boden. Irgendwo auf dem Speicher bei meinen Eltern lag eine Auszeichnung (sogar mehrere) aus meinen Zeiten als Little Miss Debutante. Auf der Auszeichnung stand, dass ich in der Lage war, im Kreis um die anderen Mädchen herumzugehen.
    Ich hatte soeben eine Drehung vollendet (bei weitem der schwierigste Teil des Buchbalancierens), als jemand unangemeldet ins Zimmer stürmte.
    »Sawyer!«, rief Nikki aus.
    Diesmal fiel mir das Buch vom Kopf.
    Der Künstler schien von jedem Quadratzentimeter Raum die Luft abzusaugen. Er bemerkte mich nicht, denn ich stand am anderen Ende des Sonnenzimmers. Er war größer, als ich ihn in Erinnerung hatte, und auf eine Art und Weise fröhlich, die an John Wayne erinnerte, der gerade von der Ranch herübergeritten war. Ich war überrascht, dass er sogar lächeln konnte, wenn man an die Nachricht auf seinem Anrufbeantworter und meine Begegnung mit ihm in seinem Studio dachte.
    »Wie schön, dich zu sehen«, sagte Nikki begeistert.
    Er zog einen Mundwinkel nach oben und lächelte. »Die Dürreperiode ist vorbei. Ich male wieder. Hatte Besuch von so’ner Zicke …«
    Nikkis Augen wurden groß. »Sawyer!«, platzte sie heraus und brachte ihn zum Schweigen. »Wir haben Besuch.«
    Der Künstler blickte sich im Zimmer um. Zuerst sah er Howard und wollte etwas sagen. Aber dann erblickte er mich und legte den Kopf schief. »Sieh mal einer an, wer hier ist.«
    Alle drehten ihre Köpfe und starrten mich an, und angesichts der Tatsache, dass ich clever und gleichzeitig schön
bin, brauchte niemand

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