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Engel auf Abwegen

Engel auf Abwegen

Titel: Engel auf Abwegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Linda Francis
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nur als beklemmend bezeichnen kann, stieg ich in Nikkis Wagen, und wir fuhren nach San Antonio. Ich hätte lieber meinen eigenen Wagen genommen, da ich gerne die Kontrolle habe. Leider hatte ich kaum eine Wahl, denn ehe Howard mir die schlechte Nachricht übermittelt hatte, hatte er seiner Frau eine gute Nachricht zukommen lassen. Als wir unsere kleine Teeparty beendet hatten, hatte er seine Frau an sich gezogen, sie auf den Mund geküsst und ihr gesagt: »Ich habe eine Überraschung für mein Mädchen.«

    Das war ohne Frage ein äußerst geschmackloses Benehmen. Es wurde sogar noch schlimmer, als wir nach draußen gingen und einen brandneuen feuerwehrroten Jaguar mit einer riesigen roten Schleife auf der Kühlerhaube dort stehen sahen. (Sie war fast genauso groß wie die Schleife, die Nikki auf ihrer Teeparty getragen hatte.)
    Das Auto war irgendwann an jenem Vormittag geliefert worden. Ich blickte den Künstler an und bemerkte, dass er und Howard verschwörerische Blicke miteinander tauschten. Wahrscheinlich hatte Sawyer Jackson das Auto als Überraschung mitgebracht.
    »O du lieber Himmel!«, hauchte Nikki. »Ist der für mich?«
    Howard strahlte, dann lachte er und stolperte ein paar Schritte zurück, als seine Frau sich in seine Arme warf.
    »Ich liebe dich, ich liebe dich, ich liebe dich«, sagte sie und bedeckte sein Gesicht mit Küssen.
    In Gedanken machte ich mir eine Notiz, das Thema »keine Zärtlichkeitsbekundungen in der Öffentlichkeit« mit Nikki zu besprechen.
    Der Künstler und ich blickten uns an. Er lächelte und schüttelte den Kopf, als würde er ein kleines Kind verwöhnen. Ich versuchte, nicht das Gesicht zu verziehen, was mir wahrscheinlich nicht gut gelang, denn er zischte mich an. Entsetzt schüttelte ich den Kopf und wandte mich ab.
    In Anbetracht von Howards Geschenk konnten wir unmöglich mein normales Auto nehmen. Stattdessen ließen wir meinen Rechtsanwalt mit einem stolzen Lächeln in der Einfahrt stehen und rasten mit offenen Fenstern die I-35 hinunter. Nikki sang ein Lied mit, das wir im Radio hörten, und in Rekordzeit waren wir in San Antonio, Gott sei Dank unfallfrei. Hätte ich jedoch Lycra-Strümpfe getragen,
hätte man mich beim Aussteigen vermutlich für eine Hure gehalten. Meine Haare waren zerzaust, und meine Wangen glühten vom Fahrtwind.
    Nachdem ich ziemlich lange gebraucht hatte, um auf der Toilette Gesicht und Haare in Ordnung zu bringen, ging ich in die Designerabteilung bei Saks.
    Oh, ich habe noch etwas vergessen. Sawyer Jackson war mit uns gekommen.
    Jetzt frage ich Sie, welcher Mann ist schon bereit, den ganzen Nachmittag mit zwei Frauen einkaufen zu gehen, von denen er die eine gar nicht kennt?
    Zugegeben, Nikki hatte Sawyer praktisch bekniet, mit uns zu kommen, und ich hatte zugestimmt, nachdem er gesagt hatte, dass er, wenn er sich dazu entschließen würde, an meiner Ausstellung teilzunehmen, die Gelegenheit haben würde, den lila Satinanzug zu tragen, den er erst letzte Woche gekauft hatte. Ich hoffte, er hatte das nicht ernst gemeint, aber ich konnte kein Risiko eingehen. Ich war ohnehin schon fast ruiniert. Zuerst Gordon, dann Nikki, und wenn ich mit dem einzigen schwulen Künstler in Amerika, der keine Ahnung von Mode hatte, ankommen würde, egal, ob er schwer zu erreichen war oder nicht, wäre ich ganz bestimmt am Ende. Wenn man schwer zu kriegen ist, sollte man die Leute besser nicht enttäuschen, wenn sie einen schließlich doch zu Gesicht bekommen.
    Da waren wir nun, ein Trio voller Widersprüche, und schlenderten durch den Laden. Ich muss zu viel Zeit mit meinem Nachbarn verbracht haben, denn als wir die zahlreichen Kleiderstangen durchsahen, gelang es mir nicht, meine üblichen leicht ironischen, aber zuckersüßen Bemerkungen zu machen. Bevor ich mich versah, kommentierte ich jedes Kleidungsstück, das Nikki in die Luft hielt,
mit einer solchen Direktheit, dass ich unter Garantie aus den besseren gesellschaftlichen Kreisen von Texas geflogen wäre.
    Die Jacke mit dem Leopardenmuster und die schwarze Hose mit den Glitzersteinen anstelle eines Smokings: »Schäbig.«
    Das türkisfarbene Schlauchtop (zieht man so was wirklich immer noch an?), das gute zwölf Zentimeter über der tief geschnittenen rosa Hose aufhörte: »Schlampenhaft.«
    Das Baby-Doll-Minikleid: »Versohl mir den Hintern, großer Junge.«
    Sawyer brach in Gelächter aus. Nikki sah in dem Ensemble nicht gerade glücklich aus. Einige Zeit später bemerkte ich, dass Sawyer mich

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