Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Engel auf Abwegen

Engel auf Abwegen

Titel: Engel auf Abwegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Linda Francis
Vom Netzwerk:
oder ihn wissen lassen sollte, dass irgendetwas nicht in Ordnung ist. Nikki war der Beweis dafür. In der einen Minute war sie bedrückt und entmutigt, in der nächsten lächelte sie wieder.
    Aber die Unbefangenheit zwischen uns machte es nicht einfacher, eine Unterhaltung zu führen. Die Jungen schrien, rannten durchs Wohnzimmer hintereinander her, das Kindermädchen dicht auf ihren Fersen. Misti ignorierte das alles, im Gegensatz zu Nikki und mir. Aber dann konnte selbst Misti den schmerzvollen Schrei, der durch das Haus gellte, nicht ignorieren.
    Es gab viel Geschrei, eine Menge Blut, und das Kindermädchen fuhr Misti und die Jungen umgehend in die Notaufnahme.
    Nikki und ich verließen das Haus.
    »Ich hoffe, dass dem Jungen nichts passiert ist«, sagte sie.
    »Das Kindermädchen sagte, dass das Personal in der Notaufnahme alle Jungen mit Namen kennt, weil sie ständig
dort sind. Ich bin sicher, dass ihre Verletzungen nicht so schlimm sind«, beruhigte ich sie.
    »Glaubst du, Misti wird mich sponsern?« Sie sah aus, als stelle sie diese Fage nur ungern, obwohl sie neugierig war.
    »Das ist schwer zu sagen. Wahrscheinlich wird sie sich gar nicht mehr daran erinnern, dass wir hier waren.«
    »Ja, sie schien wie betäubt zu sein.«
    Plötzlich sahen wir das Blut.
    »O mein Gott, schau mal!«, schrie Nikki und zeigte auf ihr kamelhaarfarbenes Oberteil. »Ich kann doch so nirgendwo hingehen!«
    Sie hatte zwar kein Problem mit Strümpfen mit Leopardenmuster, aber ein wenig Blut brachte sie völlig aus der Fassung.
    Ich nahm ein Stofftaschentuch aus meiner Handtasche, und Nikki tupfte ihren Pullover damit ab.
    »Man kann es kaum sehen«, sagte ich.
    »Bist du sicher?«
    »Ganz sicher.«
    Inzwischen war Nikkis Optimismus verflogen. Als sie zum dritten Mal in mein Auto stieg, wurde ihre Laune noch schlechter.
    »Nikki, lass den Kopf nicht hängen.«
    Sie drehte sich zu mir. »Verdammte Sch…, Frede. Wie könnte ich, wenn alles, was ich tue, falsch ist oder misslingt oder nicht zustande kommt?«
    Ich biss die Zähne zusammen und lächelte sie an. »Nikki, ich will dich nicht kritisieren, aber eines der schlimmsten Dinge, die ein künftiges Mitglied der Junior League tun kann, ist, Schimpfwörter zu gebrauchen.«
    »Ich habe nicht geflucht!«
    »Aber das hättest du beinahe getan. Man muss nicht
gerade ein Genie sein, um zu wissen, was verdammt bedeutet, ganz zu schweigen von ›Sch‹, besonders im Zusammenhang mit verdammt. Niemand in der Junior League in Willow Creek sponsert eine Frau, die flucht.«
    Oder Strümpfe mit Leopardenmuster trägt.
    Oder Diskoohrringe.
    Oder mit Howard Grout verheiratet ist.
    Aber das sagte ich natürlich nicht und wollte auch nicht länger darüber nachdenken, denn ich wollte nicht wahrhaben, dass das, was ich mir vorgenommen hatte, unmöglich war. Es musste gemacht werden, und ich war die Frau, die es tun konnte. Basta.
    »Es ist so schwierig.« Sie war beschämt. »Ich trage die falschen Sachen und sage das Falsche, obwohl ich so viel geübt habe.«
    Ich freute mich, dass sie es langsam begriff, und hegte die Hoffnung, dass sie den Rest ihrer scheußlichen Klamotten wegwerfen würde, wenn sie nach Hause kam und es ihr wirklich ernst damit war, in die JLWC aufgenommen zu werden. Obwohl ich zugeben muss, dass Teil einer Clique zu sein nie Nikkis Stärke gewesen war.
    Am Anfang unseres ersten Studienjahrs in der Willow Creek High School hatte sich unsere kleine Gruppe total verändert. Nikkis Mutter hatte einen Job nach dem anderen gehabt, einer schlimmer als der andere. Während unsere Kleidung sich ständig verbesserte, wurde Nikkis Kleidung immer verlotterter.
    Mit fast vierzehn Jahren interessierten wir uns nur für die neueste Mode und hatten das Geld, um sie uns leisten zu können. Obwohl Pilar nicht gerade modisch gekleidet war, legte sie großen Wert darauf, Dinge zu tragen, die zueinander passten. Mit Ausnahme eines rosa Partykleides,
das ich ihr gekauft hatte, war Nikki nicht modern angezogen oder trug Sachen, die zueinander passten. Ich weiß, dass es daran lag, dass sie kein Geld für schöne Kleidung hatte, aber außer mir schien das niemand zu wissen.
    Eines Tages beim Mittagessen ging alles in die Brüche. Wir saßen in der Highschool-Cafeteria, die Essensschlange hatte sich aufgelöst, und die Coolsten der Coolen hatten sich am Verkaufsstand Schokoriegel und Soda gekauft. Nikki kam immer etwas später als der Rest der Gruppe. Unsere Clique bestand jetzt aus mehr als drei

Weitere Kostenlose Bücher