Engel auf Probe (German Edition)
“Da wären wir, Mr Harding.”
Reed runzelte die Stirn. “Ich verstehe nicht?”
“Miss Makepeace ist heute Abend Ihre Tischdame.”
“Danke, Roberto”, unterbrach Angie nun die beiden. “Nehmen Sie doch Platz, Mr Harding.”
“Was hat das zu bedeuten?”, wollte Reed von ihr wissen, nachdem sich Roberto eiligst entfernt hatte.
Anstatt zu antworten, schenkte sie ihm ein Lächeln, das gefährliche Fantasien in ihm weckte. Sie brauchte nur die Mundwinkel nach oben zu ziehen, und sein Körper reagierte darauf mit der ursprünglichsten aller männlichen Regungen. Reed ballte die Hände zu Fäusten, um Angie nicht auf der Stelle zu packen, an sich zu ziehen und allen Leuten im Lokal mit einem nie mehr enden wollenden Kuss zu zeigen, wie sehr er diese Frau begehrte.
Warum hatte man ihm auch die persönliche Gehilfin der Lust als Sekretärin untergeschoben? Und wie wurde er sie wieder los?
“Möchten Sie sich nicht doch setzen, während ich Ihnen alles erkläre”, riss Angie Reed aus seinen Gedanken.
“Ich sage Ihnen, was ich am liebsten tun würde, Miss Makepeace: auf der Stelle kehrtmachen.”
Anmutig neigte Angie den Kopf und strahlte Reed aus babyblauen Augen an. “Das liegt ganz bei Ihnen. Ich werde Sie nicht aufhalten.”
“Kluge Entscheidung.” Reed kämpfte noch mit sich, ob er nun wirklich gehen sollte. Natürlich wusste er, es wäre das einzig Vernünftige. Aber wann war er schon mal vernünftig? Leise fluchend zog er sich schließlich einen Stuhl heran. “In Ordnung, Miss Makepeace, was zum Teufel ist hier los?”
“Das ist eine lange Geschichte.”
“In diesem Fall schlage ich vor, dass Sie anfangen, sie zu erzählen.”
Zu seiner Verwunderung nahm Angie nun eine der Brotstangen auf dem Tisch und brach sie entzwei. Auf Angies Tischseite verteilten sich überall feine Krümel. “Wissen Sie, ich kenne jemanden, der aus Brotkrumen liest wie andere aus Kaffeesatz. Wir haben uns immer einen Spaß daraus gemacht. Haben Sie das schon mal versucht?”
“Nein.”
“Dann tun Sie’s jetzt.”
“Miss Makepeace …”
“Bitte nennen Sie mich Angie.”
“Angie …”
“Brechen Sie das Brot für mich, Reed.”
Die Frau war ja total verrückt. Trotzdem tat er ihr den Gefallen, und sofort war auch seine Seite des Tisches mit Krümeln übersät. “Zufrieden?”
Angie wühlte in ihrer Minihandtasche und setzte ihre Brille auf, dann kam sie um den Tisch herum und beugte sich zu Reed hinunter, bis sie einander an den Schultern berührten.
Er konnte Angies Parfüm riechen. Die verlockende Duftmischung erinnerte an frische Blütendüfte, aber irgendwie auch an heiße leidenschaftliche Nächte endloser Hingabe. Reed schüttelte den Kopf, in der Hoffnung, seine schlüpfrigen Gedanken vertreiben zu können. Wie konnte eine Duftkomposition gleichzeitig so unschuldig und doch so erregend wirken? Wer immer sie zusammengestellt hatte, musste ein Genie sein.
Nun beugte sich Angie noch ein wenig weiter zu Reed hinunter, und er stellte zum ersten Mal an diesem Abend fest, dass sie das Haar hochgesteckt hatte und nicht wie sonst offen trug. Aus unerfindlichen Gründen machte ihn das noch mehr verrückt. Seidenweiche kurze Löckchen umrahmten Angies Gesicht, kräuselten sich auf der mondhellen Haut ihres Nackens und bewegten sich bei jeder ihrer Bewegungen mit, sodass Reed wie hypnotisiert darauf blicken musste. Das Einzige, woran er jetzt noch denken konnte, war samtweiche Haut auf Satinbettwäsche.
“Das ist ja interessant”, murmelte da Angie.
“Bitte?” Reed befürchtete schon, dass Angie womöglich seine Gedanken gelesen hatte. Aber dann erinnerte er sich an die Brotkrumen auf dem Tisch. “Was bedeuten die Krümel?”
Angie war die Brille auf die Nasenspitze gerutscht, und über den Rand hinweg fixierte sie Reed nun direkt mit ihren klaren blauen Augen.
Reed hatte noch nie so viel Wärme in dem Blick einer Frau gesehen. Außerdem war er unheimlich vielsagend. Er erzählte von Liebeslust, Lachen und Freundschaft, wodurch in Reed eine Sehnsucht wiederbelebt wurde, die er seit Langem unterdrückt hatte. Es war schon Jahre her, dass ihn jemand mit dieser bedingungslosen Akzeptanz angesehen hatte.
Angie seufzte bedauernd und blickte wieder aufs Tischtuch. “Die Krümel besagen, dass Sie ein genauer, sorgfältiger Mensch sind.” Stirnrunzelnd fuhr sie fort: “Sogar Ihre Krümel sind gut organisiert. Außer …”
“Außer was?”
“Außer in den Randbereichen. Sehen Sie, wie da ein
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