Engel aus Eis
hatte. In allen ging es um Hans Olavsen und seine Zeit in Fjällbacka. »Sonst nichts?«, seufzte sie.
»So ging es mir auch. Wenn er etwas wusste, warum konnte er es mir nicht einfach sagen? Aus irgendeinem Grund war es ihm wichtig, dass ich den Rest selbst herausfand. Damit habe ich also angefangen, und ich müsste lügen, wenn ich behaupten wollte, dass mein Interesse nicht um mehrere Tausend Prozent gestiegen ist, seit Erik Frankel tot aufgefunden wurde. Selbstverständlich habe ich mich gefragt, ob es da einen Zusammenhang gibt …«, er zeigte auf den Hefter auf Ericas Schoß, »und von dem Mord an der älteren Frau vergangene Woche habe ich natürlich auch gehört.Aber von der Verbindung … die zweifellos eine Reihe von Fragen aufwirft, hatte ich keine Ahnung.«
»Haben Sie etwas über den Norweger herausgefunden?«, fragte Erica. »Ich bin noch nicht weit gekommen. Eigentlich habe ich nur in Erfahrung gebracht, dass meine Mutter und er eine Liebesbeziehung hatten und dass er sie und Fjällbacka dann offenbar ganz plötzlich verlassen hat. Als Nächstes hatte ich vor, ihn zu finden. Ich möchte wissen, wo er abgeblieben ist. Ist er nach Norwegen zurückgekehrt oder …? Aber da sind Sie mir vielleicht einen Schritt voraus?«
Kjell neigte den Kopf ein wenig zur Seite, wie um ihr zu verstehen zu geben, dass er diese Frage weder mit Ja noch mit einem klaren Nein beantworten konnte. Er berichtete von seinem Gespräch mit Eskil Halvorsen, der auf Anhieb nichts über einen Hans Olavsen wusste, aber Nachforschungen anstellen wollte.
»Er könnte ja auch in Schweden geblieben sein«, sagte Erica nachdenklich. »In dem Fall wäre es möglich, ihn über die schwedischen Behörden zu finden. Darum kann ich mich kümmern. Aber wenn er sich ins Ausland abgesetzt hat, stehen wir vor einem Problem.«
Kjell nahm die Mappe wieder an sich. »Das ist ein guter Gedanke. Man kann schließlich nicht davon ausgehen, dass er wieder nach Norwegen gegangen ist. Viele sind nach dem Krieg in Schweden geblieben.«
»Haben Sie Eskil Halvorsen ein Bild von ihm geschickt?«, fragte Erica.
»Nein, das habe ich nicht.« Kjell blätterte in den Artikeln. »Aber Sie haben recht, ich sollte es unbedingt tun. Man weiß nie, manchmal sind Kleinigkeiten nützlich. Ich werde gleich, wenn Sie gegangen sind, Kontakt mit ihm aufnehmen und ihm eins dieser Fotos schicken oder am besten faxen. Vielleicht das hier? Es ist am schärfsten, oder was meinen Sie?« Er zeigte auf das Gruppenbild, das Erica vor einigen Tagen so genau betrachtet hatte.
»Ja, das ist bestimmt gut. Hier sehen Sie übrigens die ganze Clique. Das ist meine Mutter.« Sie tippte mit dem Finger auf Elsy.
»Sie meinen also, diese fünf waren damals oft zusammen?«, murmelte Kjell. Er machte sich Vorwürfe, dass er die Verbindungzwischen der Britta, die ermordet worden war, und der Britta auf dem Foto übersehen hatte. Doch er tröstete sich damit, dass die wenigsten den Zusammenhang bemerkt hätten. Es war schwierig, Ähnlichkeiten zwischen dem fünfzehnjährigen Mädchen und der fünfundsiebzigjährigen Dame zu erkennen.
»Soweit ich es verstanden habe, waren sie sehr eng befreundet, obwohl das damals nicht nur auf Zustimmung stieß. Die Klassengrenzen waren zu der Zeit in Fjällbacka recht deutlich, und meine Mutter lebte wohl auf der ärmeren Seite, während die Jungs, Erik und Axel Frankel und, tja … auch Ihr Vater, zur feineren Gesellschaft gehörten.« Erica tupfte Anführungszeichen in die Luft.
»Wahnsinnig fein …«, brummte Kjell. Erica ahnte, dass sich hinter diesen Worten so manches verbarg.
»Ach ja, ich habe gar nicht daran gedacht, mit Axel zu sprechen«, rief Erica aufgeregt. »Vielleicht weiß er etwas über Hans Olavsen. Er war zwar etwas älter, spielte aber im Hintergrund auch eine Rolle und weiß möglicherweise …« Ihre Gedanken und Hoffnungen überschlugen sich, aber Kjell hob warnend die Hand.
»Davon würde ich mir nicht allzu viel versprechen. Ich hatte dieselbe Idee, habe aber zum Glück vorher einige Nachforschungen über Axel Frankel angestellt. Ihnen ist sicherlich bekannt, dass er während einer Fahrt nach Norwegen von den Deutschen festgenommen wurde?«
»Darüber weiß ich nicht viel.« Erica sah Kjell interessiert an. »Los, erzählen Sie!« Sie breitete die Arme aus und wartete.
»Wie gesagt, Axel wurde von den Deutschen verhaftet, als er ein Dokument an die Widerstandsbewegung übergeben wollte. Er wurde in das Gefängnis Grini
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