Engel der Finsternis (German Edition)
ja! Ich habe euch gar nicht gesehen. Ich dachte, Franzi muss heute mutterseelenallein in die Burg gehen. Deswegen wollte ich sie gerade fragen, ob sie sich uns anschließen möchte. Aber wenn ihr da seid …“ Hildebranda und Raginhild grüßten noch einmal und verschwanden mit großen Schritten in Richtung Burg.
Walburga und Heidrun blieben mit zorngeröteten Gesichtern stehen. Kaum hatte Franzi zu ihnen aufgeschlossen, versetzte Heidrun ihrer Stieftochter eine schallende Ohrfeige. „Du nichtsnutziges Balg!“, zischte sie und sah sich noch einmal nach den beiden anderen Frauen um. „Wie stehe ich jetzt wieder da vor den Leuten im Dorf? Die werden sich wieder schön das Maul zerreißen. Das hast du mit Absicht gemacht, stimmt`s? Immer musst du mich in Verlegenheit bringen. Wieso gehst du auch immer so weit hinter uns? Kannst du nicht schneller gehen? Oder sind wir dir etwa nicht fein genug?“
„Aber Mutter, du hast doch selbst gesagt, ich soll nicht neben euch hergehen. Du wolltest doch …“
Heidrun schlug ihr erneut ins Gesicht, dabei verzog sich ihr eigenes zu einer hässlichen Fratze. „Du unverschämtes Lügenmaul! Jetzt soll ich auch noch schuld sein? Na warte, dir treibe ich diese Unverschämtheiten schon noch aus. Und jetzt hör auf mit dieser elenden Flennerei! Wir sind gleich da.“
Mit falscher Freundlichkeit begrüßte Heidrun einige Frauen, die neben der Zugbrücke standen. Die Mägde verzogen die runzligen Gesichter und knurrten wie wütende Hunde. Heidrun und Walburga waren bekannt und nicht besonders beliebt auf Waldenfels. Auch bei den Wächtern am Tor, die sich einen ganz besonderen Spaß daraus machten, sich über sie lustig zu machen und sie mit derben Späßen zu beleidigen und zu verhöhnen. Walburga und Heidrun setzten hochmütige Mienen auf, hielten die Nase in die Luft und versuchten, möglichst würdevoll an den lachenden Soldaten vorbeizugehen. Aber die johlten nur noch lauter, so dass die beiden Frauen froh waren, als sie endlich die Wäscherei erreichten und außer Sichtweite kamen. Franzi konnte kaum Schritt halten, so eilig hatten es Walburga und Heidrun, dem Gespött der Soldaten zu entkommen.
„Hast du gehört, wie sie mich genannt haben, Mutter?“, empörte sich Walburga gereizt. „Wie kommen sie dazu, mir so etwas an den Kopf zu werfen?“
Heidrun fletschte die Zähne wie ein tollwütiger Hund und machte Anstalten, sich auf Franzi zu stürzen. „Was hast du wieder über deine Schwester erzählt?“
„Mutter, ich …“
„Mir reicht es jetzt! Erst bringst du mich vor den Frauen aus dem Dorf in Verlegenheit und dann erzählst du auch noch unverschämte Lügen über deine Schwester. Und wag es nicht, das zu leugnen!“
Franzi wollte sich verteidigen, doch Heidrun schnitt ihr mit einer raschen Handbewegung das Wort ab. Sie packte ihre Stieftochter an den Haaren und wollte gerade zuschlagen, als zwei Frauen um die Ecke kamen. Sofort ließ Heidrun ihre Hand sinken und verbeugte sich vor der Gräfin und ihrer ersten Kammerfrau. Walburga und Franzi taten dasselbe.
Katharina fixierte Franzi mit schmerzverzerrtem Gesicht. Sie atmete stoßweise und keuchend. Auf den Arm ihrer Kammerfrau gestützt, hielt sie unablässig ihren gewaltigen Bauch, als könnte sie den Schmerz dadurch erträglicher machen. „Was ist hier los?“, stieß sie mit gepresster Stimme hervor. „Wer bist du?“ Die Frage galt Heidrun. „Warum schlägst du dieses Mädchen? Weißt du nicht, dass diese … Magd unter dem ganz besonderen Schutz meines Gemahls steht?“
„Sie ist meine Stieftochter, Herrin“, erklärte Heidrun. „Ich musste sie für ihre Frechheit züchtigen.“
„Deine Stieftochter?“ Katharinas Augen funkelten boshaft. „Wie ich sehe, bereitet sie dir Kummer.“ Heidrun schwieg. „Auch mir missfällt dieses missratene Geschöpf!“ Es klang, als müsste Katharina ausspucken. „Ich kann deinen Verdruss also nur zu gut verstehen. Geh in meine Gemächer und lass dir Arbeit geben. Sage, dass ich es so will.“
Heidrun war sprachlos. Katharina wollte schon weitergehen, da trat Heidrun rasch einen Schritt vor. „Herrin, dies ist meine Tochter Walburga. Ein fleißiges und anständiges Mädchen, nicht so wie …“ Sie warf einen Seitenblick auf Franzi. „Wenn ihr so gütig sein könntet, auch ihr eine Arbeit in …“
„Nimm sie mit dir!“ Dann ging die Gräfin auf Franzi zu und versetzte ihr einen kräftigen Stoß. „Geh mir gefälligst aus dem Weg!“
Walburga und
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