Engel der Kindheit
die letzten drei Wochen gut zu verstecken gewusst hatte, obwohl er seit ihrer ersten Begegnung gewusst hatte, was für ein Mensch sie war. Naiv war er ihr in die Falle gegangen und hatte artig den ausgelegten Köder geschluckt.
„Mein Lieber, ich hatte im vergangenen Zyklus nur mit dir Sex, habe alle meine sonstigen Abenteuer für diesen einen Monat, indem ich von dir schwanger werden wollte, ausgesetzt. Es war so getimet, dass meine Periode gerade zu Ende war, als wir das erste Mal Sex hatten und danach war es fast jeden Tag. So war es eigentlich sicher, dass es klappen musste. Mehr als einen Monat hätte ich nur mit dir auch nicht ausgehalten. Du langweilst mich doch ziemlich!“ Spöttisch schnippte sie eine Fliege von ihrem Schenkel. „Denke von mir, was du möchtest! Du wirst mich am dreißigsten Januar heiraten! Ich werde auf eine kirchliche Trauung verzichten! Wir werden in meiner Villa wohnen und du wirst die Firma mit meinem Vater zusammen leiten! Das Kind werde ich mit Kaiserschnitt entbinden und gleichzeitig eine Sterilisation durchführen lassen. Eine Kinderfrau wird sich um das Kind kümmern, ich habe keine Ambitionen, eine fürsorgliche Mutter zu werden! Du hast deine Freiheiten, ebenso wie ich mir alle Freiheiten nehmen werde. Ab und zu kannst du mich befriedigen, aber nur wenn ich bereit bin, mit dir Intimitäten auszutauschen. Ich hoffe, ich habe mich klar ausgedrückt?“ Gelangweilt lehnte sie sich in dem Stuhl zurück, keine Regung in ihrem Gesicht ließ erkennen, ob sie überhaupt Gefühle besaß.
„Du bist das widerwärtigste Monster, das mir je unter die Augen gekommen ist!“ Ein schmerzhaftes Zucken lief über Nils Gesicht, lethargisch schüttelte er den Kopf. Alles Leben schien aus seinem Körper gewichen zu sein, er fühlte sich ausgebrannt und leer. Für so eine Bestie hatte er seine große Liebe geopfert.
„Daran wirst du dich gewöhnen!“ Böse lächelte sie ihn an, als sie gönnerhaft den letzten der Briefe in Fetzen zerriss, bevor sie die Schnipsel auf dem Boden verteilte.
Müde ließ Nils sie gewähren. Nicht mehr fähig, sich in irgendeiner Weise zu wehren, stammelte er noch: „Wie bist du eigentlich in das Haus gekommen?“
„Mein Lieber! Meinem Vater gehört das Haus! Denkst du, wir haben keine Schlüssel mehr? Du solltest uns nicht unterschätzen!“ Selbstgefällig erhob sie sich, wischte die Papierstücke von ihrem oberhalb des Knies endenden Rock. „Ich finde alleine hinaus!“ Auf ihren Stilettschuhen schritt sie siegessicher, leicht die Hüften wiegend, in das Wohnzimmer, dem Ausgang zu.
„Nils! Meine Güte, was ist denn hier passiert?“ Eine Stunde später fand Sven seinen Freund apathisch zu den weißen Wolken am Himmel starrend, in dem hohen Holzgartenstuhl.
„Nils! So sag doch etwas!“ Erschreckt schüttelte er ihn leicht an den Schultern, schwerelos fiel sein Kopf hin und her. Mit sturem Blick sahen seine Augen durch ihn hindurch.
„Nils, verdammt, was ist hier los? Haben sie dich unter Drogen gesetzt oder was ist los?“, schrie Sven voller Sorge.
Ruckartig bewegte sich Nils Kopf, sah überrascht, aus weiter Ferne zurückkommend, auf Sven. Wie lange er hier gesessen hatte, wusste er nicht mehr. Jedes Empfinden war aus seinem Körper gewichen, er war leer, tot, ausgebrannt.
Stur starrte Nils auf die Veilchen und die Blätter, die Bilder- und Papierschnipsel und den leeren Karton. Eine frische Windböe, die vom Meer her wehte, erfasste die leichten Teile, wirbelte sie durch die Luft, verteilte die Schnipsel und nahm die getrockneten Blüten mit sich mit. Sanft fielen sie auf die kleinen Wellen, die zum Strand schwappten.
„Ich liebe sie!“ Sehnsüchtig formten Nils Lippen diese Worte.
„Wen? Marie-Luise? Bist du vollkommen übergeschnappt?“ Sven, der Alison kommen hörte, fuhr sich durch das Haar, seine Hand rieb sein raues Kinn, kopfschüttelnd sah er seinen Freund an.
„Lena! Ich liebe Lena!“ Gebrochen sahen seine Augen zu Sven und Alison, die gerade über die Terrassenstufen zu ihnen getreten war.
„Dann ist ja gut! Ich dachte schon! Und jetzt räumen wir hier zusammen!“ Hilfsbereit wollte Sven nach dem Karton greifen und die spärlichen Überreste einsammeln, die noch auf den Steinplatten lagen.
Hart erfasste Nils Hand seinen Arm, „das berührt niemand mehr, außer mir!“ Kalt funkelten seine Augen.
„Oh, entschuldige! Ich wollte dir nur helfen!“ Eingeschnappt drehte er sich zu Alison und begrüßte sie zärtlich.
„Was
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