Engel der Schuld Roman
beschwichtigen?«
Ellen verkniff sich eine Bemerkung über seine Feigheit. »Rudy, ich habe triftigen Grund zu der Annahme, daß diese Jungs meinen Cadillac abgefackelt haben. Ich möchte sie nicht beschwichtigen. Und was wenn sich herausstellt, daß Priest mit Wright in die Entführungen verwickelt ist?«
»Er hat den Lügendetektortest bestanden. Er war in St. Peter, als O'Malley angegriffen wurde . . .«
»Wir wissen, daß Wright derjenige ist, der Megan angegriffen hat. Das entlastet Priest nicht. Es könnte sein, daß er diesen Aufstand nur macht, damit wir ihm von der Pelle rücken, damit er Platz zum Manövrieren hat.«
»Gütiger Gott.«
Ellen beobachtete, wie er mit seiner Hand durch sein Stahlwollehaar fuhr. Sie konnte fast hören, wie sich die öligen Räder seines Verstandes drehten, während er versuchte, dieses Dilemma so zu lösen, daß er einen Nutzen davon hatte.
»Ganz ruhig«, sagte sie. »Die Öffentlichkeit wird sich auf die Seite von Priest stellen. Ich bin die Hexe. Sie können nicht verlieren, Rudy. Außer, es stellt sich heraus, daß Priest ein Kidnapper ist und die Sci-Fi Cowboys das Auto geröstet haben.«
Fast hätte sie gelacht, als sein Gesicht das ganze Spektrum zwischen Erleichterung und Panik durchlief. Er konnte sich offenbar nicht entscheiden, welcher Ausdruck der richtige war.
»Sie können diese Stellungnahme abgeben«, sagte sie. Sie ging zu ihm und zog ihm den Kragen aus der Krawatte. »Keine Kommentare zu laufenden Ermittlungen. Sie haben Vertrauen in meine Fähigkeiten – das sagen Sie mit sehr ernster Miene, die Raum für Zweifel läßt. Das alte Lied. Sinatra könnte es nicht besser machen als sie.«
Er sah sie mit finsterer Miene aus dem Augenwinkel an, während er versuchte, sich in einem gerahmten Zertifikat an der Wand zu spiegeln. »Wissen Sie, dieses freche Mundwerk wird Ihnen wenig nützen, wenn Sie für ein Amt kandidieren«, sagte er und zog den Knoten an seiner Krawatte fester.
»Zum millionsten Mal, ich habe nicht die Absicht, für ein Amt zu kandidieren.«
Er hörte genausowenig zu wie immer.
»Wo ist Jay Butler Brooks?«, fragte er verärgert. »Ich dachte, er wäre häufiger hier im Büro. Ich möchte ihm eine Idee für sein Buch verkaufen.«
»Ihre Lebensgeschichte?«
»Die Karriere eines Anwalts vom Lande«, sagte er todernst. »Ich habe zu meiner Zeit ein paar faszinierende Fälle gehabt. Wie damals, als die Warneky-Brüder eine Kuh auf ihren Tagelöhner gekippt haben. Es sah aus wie ein Unfall, aber . . .«
»Wissen Sie, Rudy«, sagte Ellen und klopfte mit dem Finger gegen ihre Uhr. »Ich bin überzeugt, das ist Material für einen Bestseller, aber ich muß in fünf Minuten in Grabkos Richterzimmer sein. Er verkündet seine Entscheidung zu Joshs Krankenblättern. Ich informiere Sie später.«
Sie hastete aus dem Büro, blieb nur kurz an Phoebes Schreibtisch stehen, um ihr zu sagen, sie solle hinter Rudy zuschließen. Sie nahm eine Hintertreppe, um den Reportern aus dem Weg zu gehen, und mußte um ein Gerüst herumbalancieren. Sie fluchte leise, als Gipsstaub herunterrieselte und ihren marineblauen Blazer puderte. Sie klopfte ihn ab, schlich an der Bibliothek vorbei und versteckte sich hinter einer Granitsäule, um die Lage im Hauptkorridor zu sondieren.
Das Familiengericht tagte. Der Gang vor Richter Frankens ehemaligem Gerichtssaal war mit Kindern und Ehemännern und Ehefrauen verstopft, die sich wütend anstarrten, und mit Sozialarbeitern und Anwälten, die warteten, bis sie beim Aushilfsrichter, den der Bezirk geschickt hatte, an der Reihe waren. Dahinter, von Richter Grabkos Tür bis hin zum Balkon der Rotunde, drängten sich die ehrbaren Mitarbeiter der Presse und warteten darauf, als erste von Richter Grabkos Entscheidung zu erfahren.
Sie warten, um mich zu erwischen, dachte Ellen. Sie waren aufgebracht, weil die Pioneer Press ihnen allen mit dem Interview mit Christopher Priest zuvorgekommen war, und sie würden es an ihr auslassen.
»Ich lenke sie von Ihnen ab, wenn Sie mir ein Exklusivinterview geben.«
Ellen zuckte zusammen. Adam Slater hatte sich hinter sie geschlichen und war so nahe, daß sie ihn berühren konnte. Er trug schmuddelige Flanellhosen und ein zerknittertes Jackett und hätte sich ohne weiteres in die Meute seiner Kollegen einreihen können. Das Haar hing ihm in die Augen, als er mit dramatischer Geste seine Bleistiftspitze in den Mund nahm, daran leckte und sie dann über seinem Notizbuch schweben ließ.
»Sie
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