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Engel der Schuld Roman

Titel: Engel der Schuld Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tami Hoag
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hatte ihr einen Teil von sich gegeben und würde trotzdem abreisen.
    »Ich hab's kapiert«, sagte sie. »Und ich weiß die Anregung zu schätzen. Deshalb werde ich gleich morgen früh diesen Riegel einbauen lassen.«
    »Und heute nacht?«
    »Das Risiko gehe ich ein.«
    »Nein«, sagte er. »Ein Risiko ist das letzte, worauf du dich einlassen solltest. Es ist besser, auf Nummer Sicher zu gehen. Du hast dich einmal verbrannt, warum willst du es noch mal riskieren?«
    »Ich habe gestern abend viel riskiert.«
    »Und jetzt bedauerst du es«
    »Nein«, gab Ellen zu. »Ich sehe nur, daß es klug wäre, es nicht noch einmal zu tun.«
    Jay musterte für einen langen Augenblick ihr Gesicht – die Ehrlichkeit, die Entschlossenheit, das Bedauern über diesen Moment, wenn nicht gar über die Nacht, die sie miteinander verbracht hatten. Er hätte sich vielleicht mehr Mühe geben sollen, ihre Meinung zu ändern. Er hätte sie verführen können, aber dann wäre jeder böse Gedanke, den sie über ihn hatte, wahr. Und gerade jetzt, zum ersten Mal seit langer Zeit, war ihm die Meinung eines anderen Menschen wichtig. Zum ersten Mal überhaupt ertappte er sich dabei, daß er etwas sein wollte, was er nicht war. Edel.
    Das Leben war zu kompliziert geworden.
    »Bitte, Jay«, murmelte Ellen. »Es liegt nicht daran, daß ich nicht will. Ich kann einfach nicht. Jetzt nicht. Ich werde den Polizisten reinholen und diese Nacht auf der Couch schlafen. Bitte geh.«
    »Du hättest lieber einen fetten alten Cop, der Doughnuts auf deinem Sofa ißt, als mich in deinem Bett? Du lieber Himmel.«
    »Nein, aber so ist es am besten.« Sie reichte ihm seinen Mantel und ging zur Treppe. »Ich wünschte, die Dinge würden anders liegen, aber der Fall ist der Fall, und ich bin, was ich bin, und du bist, was du bist . . .«
    »Und ich bin, verflucht noch mal, nicht gut für dich«, sagte er. »Also, mein Schatz, das ist nicht gerade eine sensationelle Neuigkeit.«
    »Vielleicht, wenn das alles vorbei ist . . .« begann Ellen, verstummte aber dann. Was hatte es für einen Sinn, es auszusprechen. Sie hatten eine gemeinsame Nacht gehabt und keine Versprechen abgegeben.
    »Sag gute Nacht, Ellen«, befahl sie sich selbst.
    »Gute Nacht, Ellen«, wiederholte er und beugte sich über sie. Er küßte sie langsam, eindringlich.
    »Sollten Sie sich entschließen, die Chance doch noch zu nutzen, Counselor«, flüsterte er, »Sie wissen ja, wo Sie mich finden.«
    Dann verschwand er durch die Tür.
    Ellen stand an der Außentür, bis das Glas beschlug und die Kälte die Hitze des Verlangens auf ihrer Haut abgekühlt hatte. Aber das schwere Gefühl von Sehnsucht blieb, als sie ihre Aktentasche mit zu Bett nahm.

28
    Der Montag morgen brachte einen Artikel in der Pioneer Press über die Schikanen gegen die Sci-Fi Cowboys, Anrufe vom Bürgermeister, von zwei Senatoren, drei Kongreßabgeordneten und die Androhung einer Klage. Rudy erschien in Ellens Bürotür, noch bevor ihre erste Tasse Kaffee kalt werden konnte.
    »Sie haben keine Grundlage für eine Schadenersatzklage«, versicherte ihm Ellen und rieb einen Schmierfleck aus Graphit-staub von der Fingerabdrucksuche von der Lampe. »Priest ist sauer, weil seine Schäfchen sich vielleicht doch als böse Buben entpuppen. Mitch hatte guten Grund, diese Jungs zu vernehmen.«
    Rudy war es irgendwie gelungen, seine Krawatte über eine Kragenspitze zu binden. Sie war grün und gelb und sah aus wie eine zu groß geratene Giftschlange, die versuchte, ihn zu erwürgen.
    »Ellen, dieses Programm hat nationales Interesse erregt. Haben Sie eine Ahnung, welche Leute es sind, die es unterstützen?«
    Menschen mit Geld. Menschen mit Einfluß auf lokaler oder staatlicher Ebene. Leute, bei denen Rudy sich eingeschmeichelt hatte oder sich an irgendeinem Punkt seiner Laufbahn einschmeicheln würde.
    » Ich persönlich habe es genehmigt.« Er blieb an ihrem Fenster stehen und sah hinaus, als erwarte er, einen wütenden Mob auf der Treppe brüllen zu hören. Er zog ein Röhrchen mit Magentabletten aus der Hosentasche, holte zwei heraus und steckte sie in den Mund.
    »Es ist ein gutes Programm«, sagte Ellen. »Es wäre nicht Ihre Schuld, wenn sich herausstellt, daß da ein paar faule Äpfel im Faß sind.«
    »Um Himmels willen, wir können doch nicht zulassen, daß sie das Büro des Bezirksanwalts verklagen.«
    »Die rasseln nur mit den Säbeln, mehr nicht.«
    »Können Sie denn nicht irgendeine Stellungnahme abgeben? Sie

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