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Engel der Verdammten (German Edition)

Engel der Verdammten (German Edition)

Titel: Engel der Verdammten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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sich die Tür hinter ihr schloss.
    Langsam fuhr die Kommissarin nach Hamburg zurück. Unterwegs rief sie schon einmal bei der Vermisstenstelle des LKA an und erkundigte sich, ob eine Meldung für das Mädchen vorlag.
    »Sie ist ungefähr fünf Jahre alt, klein, sehr dünn, mit schwarzem, glattem Haar und asiatischen Zügen. Ich würde sagen, mindestens ein Elternteil ist asiatischer Abstammung«, erklärte sie der Beamtin der Vermisstenstelle, die an diesem Abend Überstunden schob.
    »Wo? In der Elbchaussee in Nienstedten. Nein, ich habe keine Ahnung, wo das Kind hingehört.«
    Die Frage, wann sie das Kind dort gefunden habe, beantwortete sie nicht. Wenn sie zugeben würde, dass das Mädchen bereits gestern Nacht dort allein unterwegs gewesen war, müsste sie sich den Vorwurf gefallen lassen, sich zu spät gemeldet zu haben. Ebenso wenig wollte sie erwähnen, dass sie das Kind im Haus des Vampirs gefunden hatte, der es nicht für notwendig hielt, sich bei den Behörden zu melden. Es würde nicht gut ankommen, wenn der Name Peter von Borgo schon wieder durch das LKA geisterte. Das wäre ganz und gar kein guter Start!
    »Hallo?«, meldete sich die Kollegin wieder. »Ich habe nichts gefunden. Es wird weder in Hamburg noch im Zuständigkeitsbereich der Kieler ein Kind vermisst, auf das Ihre Beschreibung passt. Wollen Sie noch vorbeikommen und es herbringen? Dann muss ich zusehen, dass ich jemanden vom Kinder- und Jugendnotdienst erreiche, der sich um die Kleine kümmert.«
    Sabine wehrte ab. »Sie kann heute Nacht bei mir bleiben. Ich bringe sie dann morgen vorbei. Wenn sich ihre Eltern melden, erreichen Sie mich auf meinem Handy.«
    Sie gab der Beamtin ihre Nummer und legte auf. Bald schon erreichten sie St. Georg, wo es der Kommissarin tatsächlich gelang, in der Nähe ihres Hauses in der Langen Reihe einen Parkplatz zu ergattern. Sie führte das Mädchen hinauf in ihre Wohnung. Es folgte ihr widerstandslos. Schweigend aß es die Brote, die sie ihm auf den Teller legte, und trank ein Glas Saft. Dann zog Sabine ihm einen von Julias alten Schlafanzügen an und führte es zur Schlafcouch im Arbeitszimmer, auf der auch ihre Tochter bei ihren Besuchen schlief. Sie schüttelte das Kissen auf und zog ihm die mit einem bunten Disneymotiv bedruckte Bettdecke bis ans Kinn.
    »Schlaf jetzt, Kleines. Es wird alles wieder gut«, sagte sie sanft und streichelte die blassen Wangen, und zum ersten Mal zeigte sich der Hauch eines Lächelns auf dem Kindergesicht.
    Peter von Borgo sah der Kommissarin nach, als sie mit dem Kind verschwand. Um seine Mundwinkel zuckte so etwas wie Ärger, oder war es Enttäuschung?
    Er nahm sich nicht die Zeit, über seine Gefühle nachzugrübeln. Wenn Sabine diese Nacht nicht mit ihm verbringen wollte, dann würde er sich eben mit etwas anderem beschäftigen. Doch was? Der Gedanke, den Nachtschwärmern auf dem Kiez oder an der Schanze aufzulauern, reizte ihn nicht, obwohl er sich natürlich Blut besorgen musste. Ein Vergnügen würde es heute jedoch nicht sein.
    Was dann?
    Ihm kam ein Gedanke, bei dem sich seine Miene aufhellte. Er schlüpfte in den Garten. Eine silberne Mondsichel schob sich über die Wipfel der Bäume und übergoss den herbstlichen Garten mit ihrem sanften Schein. Peter von Borgo sog genüsslich die Gerüche ein, die ihn umgaben. Er liebte diese Jahreszeit, wenn die Üppigkeit des Sommers verging und das wechselnde Farbenspiel der Blätter und der zunehmend modrige Geruch der Wiesen an den ewigen Kreislauf des Werdens und Vergehens mahnten. Vielleicht gerade weil die Natur dabei einen großen Bogen um ihn schlug.
    Die Natur hatte ihn vergessen. Er war kein Teil von ihr. Nicht mehr. Jede Nacht, in der er erwachte, war wie seine erste. Er war gleich alt oder jung, sein Körper glich aufs Haar diesem ersten Augenblick, ganz egal, was in der Nacht zuvor vorgefallen war. Nacht für Nacht, Jahr für Jahr. Er war der ewige Außenseiter, der das Spiel der Kräfte beobachtete, aber kein Teil von ihm war.
    Peter von Borgo schüttelte die melancholischen Gedanken ab. Der kühle Herbstwind fuhr ihm durch das Haar. Dies war eine Nacht, das wilde Tier in ihm zu wecken. Er zog seine Gedanken zusammen, bis er nur noch das Bild des Wolfs in sich sah. Schon begann sein Körper sich zu wandeln. Fell brach aus seiner Haut, sein Gesicht zog sich in die Länge. Nur Augenblicke später schlüpfte der graue Wolf durch die Hecke und lief unter alten Bäumen den steilen Hang hinauf. Die Welt flog vorbei, und er

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