Engel des Todes
kleine Festrede, in der er die Schönheit der Wissenschaft mit der Schönheit der Musik verglich. Er schenkte DuBonheur einen Speicherkristall mit Musik aus der Neoantike. Das Mondgesicht des Mannes strahlte, er zeigte sich hocherfreut und ließ den Kristall auch sofort in eine Schnittstelle des Foyers schalten. Das erledigte einer der beiden blonden Hünen. Die übrigens glichen einander wie ein Schlachtschiff dem anderen und kamen Bergen noch erheblich größer und schwerer vor als der Höchstgeehrte in seinem respektablen Thronsessel.
Bald schwirrten Klänge durch den Raum, als wären sie greifbare Formen, und DuBonheur erkundigte sich prompt nach dem »exotischen Instrument«, wie er sich ausdrückte.
»Eine Orgel«, erklärte Calibo Veron und wagte einen linkischen Exkurs in die Musikgeschichte der Steinzeit. Bergen korrigierte ihn nicht, seine Aufmerksamkeit galt längst der Malerin hinter der Staffelei. Eine auffällig schöne Frau. Da Veron und vor allem die Ling und Robinsons Frau den Höchstgeehrten in ein Gespräch über Kybernetik im allgemeinen und seine Erfindung im besonderen verwickelten, ging er einfach zu ihr. Sie trug eine ungewöhnliche Garderobe, ein bordeauxrotes Kleid mit schwarzen Spitzensäumen und -kragen. Ihre Stiefel glänzten metallicblau.
»Sir Walker Paladei und seine Tochter Lady Josefina Paladei«, rief Lissa DuBonheur. Sie war ihm ein Stück nachgeeilt.
Künstler also. »Bergen, gnädige Frau, Merican Bergen.« Der Rothaarige deutete eine Verneigung an. »Darf ich fragen, was für ein Werk hier unter Ihren zarten Händen entsteht?« Er wußte es natürlich längst; sein Großvater war während seiner Reise nach Terra Prima von mindestens neun Malern porträtiert worden. Kontakt zu der Schönen suchte er, das war alles.
Glücklicherweise zog DuBonheurs Frau sich zurück. »Sehen Sie selbst, Merican.« Josefina trat einen Schritt zur Seite, und Bergen konnte die ersten Konturen der Gestalt des Höchstgeehrten bewundern. Das gerade begonnene Gemälde erinnerte ihn an das Bildnis eines fettleibigen Gottes, das er Jahre zuvor in einer Höhle auf dem Planeten Pompeji Nova gefunden hatte. Aber schlecht war es nicht, nein, wirklich nicht. Und mit entsprechend charmanten Worten lobte er es auch.
»Ihr Großvater trat einst ebenfalls den ruhmreichen Weg nach Terra Prima an?« fragte sie. Das Lächeln ihrer schwarzen Augen war reinste Magie.
»Woher wissen Sie das, Lady Josefina?«
»Welcher gebildete Mensch hätte denn noch nie von der Sippe der Bergens gehört?« Sie griff nach einem Zeichenblock und einem Kohlestift. »Und wer wüßte nicht, daß die Bergens in den letzten drei Jahrhunderten fünfmal den Primgeneral stellten?«
»Viermal«, korrigierte Bergen. Er fühlte sich geschmeichelt, selbstverständlich fühlte er sich geschmeichelt.
»Was für ein markantes Profil!« Sie biß sich auf die Unterlippe und betrachtete ihn interessiert. »Darf ich Sie zeichnen, mein Primgeneral?«
»Selbstverständlich, aber verzichten Sie bitte auf diese Anrede. Nennen Sie mich einfach Merican.«
»Welch edler Name! Ich bin Josefina, wie gesagt …« Während sie ihn mit ein paar Strichen porträtierte, gerieten sie in ein Gespräch über den Sinn des Lebens, über Geschichte und über die Parallelen zwischen Musik und Malerei. Die ganze Zeit über glaubte Merican, die Blicke ihres Vaters im Nacken zu spüren. Er kümmerte sich aber nicht weiter um den Mann, sondern spielte seinen ganzen Charme aus. Die Frau verstrahlte eine Erotik, die jenes Feuer in ihm entfachte, das nur auf einem einzigen Weg wieder zu löschen war.
Irgendwann bedeutete Veron ihm, daß es Zeit zu gehen wäre. Schweren Herzens verabschiedete er sich von Tochter und Vater. Und von DuBonheur natürlich – fast hätte er dessen Namen vergessen.
Der Sicherheitsmann brachte sie zurück in den Beiboothangar. Niemand hielt sie auf, unbehelligt stiegen sie in den Sparklancer BRÜSSEL 01. Exakt dreiunddreißig Minuten waren vergangen, seit sie an Bord gegangen waren. Veron hielt das für ein gutes Zeichen. »Es könnte klappen«, sagte er. »Es könnte tatsächlich klappen, mit diesem Verband bis nach Terra Prima zu fliegen.«
»Was hat Ihnen der Erste Offizier und der Sicherheitsmann über Genna und den Aufstand erzählt?« platzte es aus Bergen heraus.
»Nichts von Offizieren, die einen Befehl verweigert hätten.« Cludwich berichtete das Wichtigste zuerst. »Zähring hat die Schächte zu den Höhlensystemen mit
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