Engel des Todes
Bürger ausgezeichnet. In manchen Jahrhunderten kommt das sogar nur einmal vor.« Damals, als er seinen Großvater Cayman Bergen bis zur Grenze des Sol-Systems begleitet hatte, waren zeitweise über dreihundert Schiffe voller Gratulanten im Troß mitgeflogen. »Wer kann schon ernsthaft damit rechnen, jemals zu den Glückskindern zu gehören, die eingeladen werden, sich auf dem Paradies von Terra Prima anzusiedeln? Also will man wenigstens einmal im Leben einen Menschen sehen und sprechen, dem das Unvorstellbare widerfahren ist.« Sein Großvater hatte seinerzeit jeden Tag im Schnitt hundertsechzig Autogrammkarten signiert, und vor lauter Besuchen erreichte sein Schiff damals das Sol-System statt nach geplanten dreißig erst nach fünfzig Tagen. »Es finden sich bei solchen Anlässen immer ein paar interstellare Reisebüros, die günstige Gratulationsreisen anbieten. Ich glaube, das ganze Theater hat eine religiöse Komponente.«
»Ehrlich gesagt, ich kann es kaum noch erwarten, diesen DuBonheur kennenzulernen«, gab Robinsons Zweite Offizierin zu, Oberst Li Ling. »Daß ich allerdings religiös bin, könnte ich von mir nicht behaupten.«
»Wer gesteht sich das schon gern ein?« sagte Homer Goltz. »Außerdem scheint mir das eine Frage des Unterbewußtseins zu sein.«
»Was, wenn sie nun doch unsere I-Ziffern anpeilen?« Calibo Veron beschäftigte sich lieber mit den aktuellen Herausforderungen der Realität. Wie die anderen beiden Schiffskommandanten hatte auch Merican Bergen seinen Ersten Offizier mitgenommen. »Bei allem Respekt vor Ihrem legendären Ruf und Ihren ehemaligen Offizieren, mein Subgeneral – ich traue keinem Befehl, den ich nicht selbst empfangen oder gegeben habe.« Er bezog sich auf die Zusagen des Verbandskommandeurs. Ein gewisser Oberst Kühn, ein Verehrer Bergens, hatte versprochen, ihnen den üblichen Check zu ersparen.
»Dann werden sie unsere persönlichen Daten in die Zentral Verwaltung nach Terra Sekunda senden«, antwortete Zeelia Peer-Robinson, »und frühestens dreißig Minuten später eine Antwort erhalten.« Sie hatte darauf bestanden, gemeinsam mit ihrem Mann zur WYOMING zu fliegen.
»Mit anderen Worten: Länger als zwanzig Minuten sollten wir uns bei Dr. DuBonheur nicht aufhalten«, sagte Bergen.
Er war nervös und mußte sich zwingen, seine Gedanken auf den bevorstehenden Besuch zu konzentrieren. Die Ursache: Heinrich hatte aus irgendeinem Grund darum gebeten, ihn nicht begleiten zu müssen. Das war noch nie vorgekommen, und entsprechend viele Fragen lagen Bergen schwer auf dem Magen. Sobald die Lage hier im Verband des Höchstgeehrten sich geklärt hatte, würde er sich mit seinem Roboter beschäftigen müssen.
»Noch drei Kilometer«, sagte Robinson. Er verkleinerte das Sichtfeld. Ein paar Minuten verstrichen noch, bis die WYOMING mit bloßem Auge erkennbar war. Das lag vor allem an der tiefschwarzen Farbe auch dieses Omegaraumers. »Commander Tartagnant an Sparklancer BRÜSSEL 01. Stellen Sie bitte ihre Triebwerke ab. Wir holen sie rein.« Der Kommandant des Kreuzers gehörte nicht der Flotte an. Zivile Schiffskommandanten pflegten sich alle möglichen Titel zu geben. Das fing beim Captain an und hörte beim Primus Commodore auf, je nach Geltungsbedürfnis.
»Verstanden.« Robinson deaktivierte die Maschine, machte Meldung, und Sekunden später ging ein Ruck durch das Kleinschiff – ein Controgravstrahl der WYOMING hatte die BRÜSSEL 01 erfaßt. Bald erkannten sie Konturen des hufeisenförmig gebogenen Rumpfs des schwarzen Zivilkreuzers. Der Omegaraumer entsprach in seinen Ausmaßen den Leichten Kreuzern der Flotte, hatte also einen Innenschenkeldurchmesser von 180 Metern. Natürlich war er unbewaffnet.
Der Controgravstrahl zog sie unter den Kreuzer. Über ihnen öffnete sich ein Schott an seiner Unterseite. Langsam glitten die beiden Schotthälften auseinander, und langsam stieg BRÜSSEL 01 der Öffnung entgegen. »Geschafft«, sagte Robinson, als die Magnetklammern den Sparklancer von oben an Bug und Heck umschlossen. Unter ihnen schob sich das Schott zu.
»›Geschafft‹ sage ich, wenn ich wieder an Bord der JOHANN SEBASTIAN BACH bin.« Calibo Veron gebärdete sich mal wieder als das fleischgewordene Mißtrauen. »Jetzt wird es erst einmal ernst.«
»Keine überflüssigen Worte, meine Damen und Herren«, sagte Bergen leise. »Nicht ein einziges.«
Sie warteten etwa dreißig Sekunden. Dann hatte das Schott sich wieder mit Atemluft gefüllt. Sie stiegen aus. Das
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