Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Engel des Todes Gesamtausgabe (German Edition)

Engel des Todes Gesamtausgabe (German Edition)

Titel: Engel des Todes Gesamtausgabe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Prescher
Vom Netzwerk:
über ihre Knie. Weiße Haut kam zum Vorschein. Durchzogen von roten Streifen. Alte Schnitte in ihrem Oberschenkel. Ein Teil verheilt und nur noch als blasse Narben, schwer zu sehen andere frisch und noch tiefrot. In ihrer Hand die Rasierklinge, die ihr den Schmerz nimmt. Mit zitternden Fingern senkt sie, die scharfe Klinge auf ihren Oberschenkel. Sie schnitt sich immer nur in die Schenkel, alles andere wäre aufgefallen. Niemand durfte sehen was sie tat, denn keiner hätte es verstanden. Niemand wusste, wie sie sich fühlte, den alle lebten nur ihr Leben. Ein Leben, in dem für Sara kein Platz war.
    Das Metall ging wie Butter durch ihr weißes Fleisch. So scharf und kalt fühlte sich die Klinge an. Ihr Schlüssel in die wundervolle Welt des Schmerzes. Süß brannte der Schnitt in ihrem Oberschenkel. Wie roter Samt lief das Blut über ihre Haut. Tiefer wollte sie schneiden. Das tat so gut. Mit dem Blut, das aus dem Schnitt lief, zerfloss auch ihr innerer Schmerz. Der Schmerz der Seele ist soviel tiefer, als der Schmerz des Fleisches.
    Mit zwei Fingern drückte sie die Wunde zusammen, um das Brennen und das Bluten zu verstärken. Wunderschönes Blut, das aus ihr lief. Wenn es blutet, dann schmerzen Herz und Seele nicht mehr so stark. Sie strich mit ihrer Hand über die Wunde und verschmierte den warmen Saft über ihre dünnen Oberschenkel.
    Ihr Fingerspitzen streiften über ihre Narben. Die Haut war von den vielen Schnitten vernarbt und von Schorf bedeckt. Die Narben in ihrer Seele waren unsichtbar. Ganz vertieft in ihr blutiges Ritual, hörte sie ganz leise Schritte.
    Jemand stieg die Treppe hinauf. Blitzschnell zog sie sich die Hose über ihre Schenkel und wischte sich die Tränen aus ihrem Gesicht, niemand sollte sie weinen sehen. Nein, die anderen sollten denken sie wäre stark. Die Tür ihres Zimmers öffnet sich und ihre Mutter tritt ein. Jede andere Mutter hätte erst angeklopft bevor sie das Zimmer betrat aber ihre Mutter nicht, sie öffnete einfach die Tür und trat ein. Privatsphäre gab es für Sara nicht. Sie hatte immer bereit zu sein und immer zu funktionieren.
    „Dein Vater und ich haben beschlossen, dass du in den Ferien Klavierunterricht nimmst“, sagte sie und schaute Sara ernst an.
    Sara wollte kein Klavierunterricht nehmen, sie wollte die Ferien mit ihren Freundinnen verbringen. Wollte schwimmen gehen, einfach mal abschalten.
    „Ich will keinen Klavierunterricht, ich habe doch Ferien.“
    „Richtig du hast Ferien und deshalb bekommst du von uns eine Aufgabe. Den ganzen Tag nur herumgammeln, das ist nichts, was dir gut tut. Klavierunterricht ist etwas Sinnvolles.“
    Sara kämpfte mit ihren Tränen. Sie war gut in der Schule, lernte auch am Wochenende, tat immer was man von ihr verlangte, wenigstens in der schulfreien Zeit wollte sie mal etwas tun, was ihr Spaß machte.
    „Das ist unfair, alle anderen amüsieren sich in den Ferie n und ich soll Klavierunterricht nehmen! Ich habe es satt!“ Sie schleuderte ihrer Mutter die Worte entgegen.
    Die Augen ihrer Mutter weiteten sich, das war sie von ihrer Tochter nicht gewohnt. Worte des Widerspruchs: „Du machst, was wir dir sagen, du bist fünfzehn Jahre alt!
    Es gibt keine Diskussion, wir haben es so beschlossen. Du wirst nicht sechs Wochen lang, nur mit deinen komischen Freundinnen verbringen. Du wirst etwas Sinnvolles tun! Noch ein Wort des Widerspruchs und ich hole deinen Vater und du kannst die Sache mit ihm besprechen aber ich warne dich, dein Vater wird nicht so nachsichtig sein, wie ich es bin!“
    Ihre Mutter drehte sich um und schloss geräuschvoll die Tür. Sie wusste genau, was ihre Mutter meinte, als sie sagte ihr Vater wäre nicht so nachsichtig. Sie kannte die Gespräche mit ihrem Vater.
    Ohrfeigen waren seine Worte. Sara strich sich über ihre Wangen, es war erst ein paar Tage her, wo sie eine Kostprobe von seinen Erziehungsmethoden bekam. Er hatte sie gesehen, wie sie mit einem Jungen, den sie aus ihrer Schule kannte gelacht hatte. Nur gelacht, nichts weiter. Als sie nach Hause kam, warte ihr Vater schon auf sie. Er schrie sie an, beschimpfte sie als kleine Hure. Eine Streunerin, die sich mit Jungen abgibt. Noch immer fühlte sie seine Ohrfeigen, heiß auf ihren Wangen. Ihr Vater verlangte alles von ihr, was er selbst nicht erfüllte.
    Er hatte unzählige Affären, jeder wusste das aber ihre Mutter tat so, als wäre alles in bester Ordnung. Eine wahre Bilderbuch Familie. Hier war überhaupt nichts in Ordnung. Das Leben war zu einem

Weitere Kostenlose Bücher