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Engel des Todes

Engel des Todes

Titel: Engel des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marshall
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heraus und wuchtete ihn sich auf den Rücken. Dann bückte er sich nochmals und griff mit beiden Armen in den Kofferraum. Als er sich wieder aufrichtete, sah ihn Tom verwundert an.
    »Was zum Teufel ist das?«
    Das war dumm gefragt, denn was der Mann nun über der Schulter trug, war eindeutig ein Gewehr. Und der kürzere, massive Gegenstand in seiner Hand war eine großkalibrige Pistole. Beide Waffen sahen nicht so aus, als wären sie für die waidgerechte Jagd gemacht. Solche Waffen sah man eher in den Abendnachrichten, mit einer Rauchsäule im Hintergrund.
    Henrickson schloss den Kofferraumdeckel. »Das Leben in der Wildnis kann gefährlich sein«, höhnte er.
    »Jetzt bestimmt«, sagte Tom. »Mein Gott, können wir die Knarren nicht im Kofferraum lassen?«
    Der andere hatte sich schon abgewandt und marschierte auf die Hütte zu. Tom eilte ihm nach, unsicher, was nun passieren würde. Als er Henrickson eingeholt hatte, war dieser schon an der Tür und klopfte. Sie warteten. Henrickson wollte gerade zum zweiten Mal klopfen, da hob er den Kopf und lauschte. Tom hatte nichts gehört.
    Ein Geräusch, wie wenn ein Riegel weggeschoben wurde, dann noch einmal, dann ging die Tür auf.
    Patrice Anders stand in der Tür, hinter ihr war ein gemütlicher Wohnraum zu erkennen. Sie sah älter und kleiner aus, als Tom sie in Erinnerung hatte. Aber sie machte keinen ängstlichen oder auch nur überraschten Eindruck.
    »Guten Abend, Mr. Kozelek«, sagte sie. »Und wen haben Sie da mitgebracht?«
    »Sie wissen, wer ich bin«, sagte Henrickson.
    »Nein«, erwiderte sie. »Aber ich weiß, warum Sie gekommen sind.«
    »Das sollte uns die Sache leichter machen.«
    Sie zuckte die Achseln. »Für mich schon. Von mir werden Sie nichts erfahren.«
    »O doch«, sagte Henrickson. Irgendetwas war anders an seiner Stimme. Er marschierte an der Frau vorbei in die Hütte und suchte mit den Augen Wände und Einrichtung ab. Er riss das Telefonkabel aus der Wand, und als er das Handy der Frau fand, warf er es auf den Boden und trat darauf.
    »Aber Jim«, sagte Tom verstört, »so können Sie das nicht anpacken.«
    »Was anpacken?«, fragte die alte Frau. Sie bemühte sich, ruhig zu erscheinen, aber ihre Stimme klang erstickt, und ihre Gesichtszüge waren angespannt. »Was glauben Sie, weshalb er hier ist?«
    »Er ist Journalist«, sagte Tom und trat ebenfalls ein. »Er möchte eine Reportage über meine Entdeckung im Wald schreiben, was ich dort gesehen habe. Sonst nichts.«
    Patrice schaute ihn an. »Mein Gott, sind Sie naiv.«
    »Was wollen Sie damit sagen?«, fuhr er sie an. Er hatte es satt, immer für den Trottel gehalten zu werden, der nichts verstand.
    »Er ist nicht wegen einer Reportage gekommen. Er ist ein Jäger und ist zum Töten hier.«
    »Und was will er zur Strecke bringen?«
    »Bären. Etwas anderes haben wir in den Wäldern nicht.«
    Tom schaute zu Henrickson hinüber und musste zugeben, dass sein Gefährte überhaupt nicht wie ein Journalist aussah. Nicht nur wegen der Schusswaffen, sondern wegen der Art und Weise, wie er die Schubladen der Schränke aufriss und ihren Inhalt durchwühlte, so als ob der Umstand, dass es sich um die persönliche Habe eines Menschen handelte, der neben ihm stand, überhaupt keine Rolle spielte. »Jim, sagen Sie, dass das nicht wahr ist.«
    »Mrs. Anders verstellt sich«, versetzte Henrickson, ohne sich umzudrehen, »aber davon abgesehen stimme ich mit ihr, was meine Absicht und Ihre Ahnungslosigkeit betrifft, vollkommen überein. Aha.« Er zog ein Stück Seil aus einer Schublade und warf es Tom zu. »Binden Sie ihr damit die Hände auf den Rücken.«
    »Das meinen Sie doch nicht im Ernst«, sagte Tom. »Das mache ich nicht.«
    Der Kolben von Henricksons Gewehr flog auf abgezirkelter Bahn heran und landete in Toms Gesicht. Er hatte ihn nicht einmal kommen sehen.
    Tom stürzte rücklings gegen den Küchenschrank, rutschte auf dem Teppichläufer aus und fiel zu Boden. Benommen sah er, wie Henrickson über ihn hinwegstieg, die Eingangstür mit der Fußspitze zustieß und dann die alte Frau an den Haaren packte. Tom schüttelte sich, um wieder einen klaren Kopf zu bekommen. Er hatte das Gefühl, als habe ihm jemand zwei Schraubenzieher zu beiden Seiten die Nasenlöcher hochgetrieben.
    »Sie können es gleich jetzt tun«, hörte er die Stimme der Frau wie durch einen Nebel. »Ich helfe Ihnen nämlich nicht.«
    Als Antwort versetzte ihr Henrickson einen Schlag, so dass sie über die Couch flog. Dann stand

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