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Engel des Vergessens - Roman

Engel des Vergessens - Roman

Titel: Engel des Vergessens - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wallstein Verlag
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und rhythmisch. Das Reinigen der Schweinekoben muss laufen wie geölt, die Mistgabel soll sich mit Schwung in einen Haufen Streu bohren, die Mistschaufel im gleichmäßigen Rhythmus am Stallboden kratzen. Die dampfenden Kuhfladen warten nur darauf, aus der Kotrinne gehoben und in nahezu unveränderter Form auf den Misthaufen befördert zu werden. Am Mistflug ist zu erkennen, in welcher Laune Vater ist. Wirft er den Mist im hohen Bogen auf die Hinterseite des Misthaufens, ist er zuversichtlich, werden die Kuhfladen mit Wucht gegen die vordere Mistwand geklatscht, ist er zornig.
    Die Schweine drängen gegen das schwenkbare Gitter zum Trog. Mutter schiebt mit ihrem bestiefelten Fuß das Gitter zurück und mahnt die Tiere zur Geduld. Ihr werdet es schon noch erwarten, sagt sie und gießt den Trank im großen Bogen in den Trog. Kaum schwenkt das Gitter zurück, fallen die Schweine schmatzend über den Brei her.
    Mutter beginnt mit dem Melken. Mit einem Tuch reinigt sie das Euter der ersten Kuh, dann hockt sie sich auf den Schemel und stemmt ihren Kopf gegen die Flanke des Tiers. Ihr Griff nach den Zitzen fördert einen kräftigen Milchstrahl zutage, der laut auf den Boden des Eimers prallt. Auf dieses Zeichen hin beruhigt sich alles. Die Schweine schmatzen leiser, die Hühner ziehen ihre Köpfe ein, die Katzen haben sich lautlos zur Katzentränke gesetzt, die Milch im Eimer schäumt. Nach dem Melken der ersten Kuh gibt Mutter den Katzen zu trinken. Sie gießt die Milch in ein Gefäß, das Vater aus einem Stück Holz geschnitzt hat. Rosa Katzenzungen fahren schlabbernd in die weiße Flüssigkeit, die Mäuler der Katzen sind milchnass. Die Milch wird von den über das Fell fahrenden Zungen aufgefangen und abgeleckt.
    Ich stehe in einem Dunstschleier aus Behaglichkeit und lasse meine Blicke über die dreckigen Wände streifen. Meine Hände riechen nach den Schweinen, die nach dem Fressen ihre massigen Körper gegen das Gitter gedrückt haben in der Hoffnung, dass ich sie kratze. Der Hund Piko hat seinen Tagesschweiß in meinen Rock gewischt. Auf meinen Wangen kleben schon milchfeuchte Katzenhaare. Ich frage Mutter, wann wir das nächste Kalb bekommen, weil ich es liebe, die Tiere mit der Flasche zu füttern. Ihre stoßenden Kopfbewegungen während des Saugens bringen mich immer zum Lachen. Nach dem Füttern lasse ich mir von den Kälbern die Hände ablecken, bis ich Angst bekomme, meine Arme könnten zur Gänze im warmen Schlund hinter ihren noppenbesetzten Zungen verschwinden. Du wirst es schon noch erwarten können, sagt Mutter. Vater bleibt vor der Stalltür stehen und schaut in den Himmel. Das Wetter wird schön, sagt er, wir werden uns morgen beeilen müssen, das Wetter wird schön!
    An warmen Frühlingswochenenden sitzt er auf der Bank neben dem Bienenhaus und beobachtet den Bienenflug. Er hat eine Hand auf die Banklehne gelegt und tut, als ob er nichts dagegen hätte, wenn ich mich zu ihm setzte. Er schaut zu den Flugbrettchen vor den Fluglöchern der Bienenstöcke, auf denen die Sammlerinnen landen und ihre Richtungstänze aufführen. Heuer wird es eine gute Ernte geben, sagt er, oder, der zweite Stock bereitet mir Sorgen. Im späten Winter hat er bei einsetzendem Tauwetter den Schnee vor dem Bienenhaus weggeschaufelt, damit die Sonne den Platz vor den Stöcken schneller erwärmen konnte. Er hat Holzrähmchen angefertigt, Drähte gespannt und die Wachsblätter an die Drähte gelötet. Er hat die Waben ins Bienenhaus gebracht und den mit toten Tieren übersäten Boden des Bienenhauses gekehrt. Am letzten Tag im Januar hat er mich in das Bienenhaus geschickt, damit ich an den Stöcken horche, ob die Völker ein Lebenszeichen gäben. Als ich ihm von einem geheimnisvollen Summen berichtete, tat er, als sei ihm ein Stein vom Herzen gefallen. Nun fragt er, ob ich bereit wäre, ihm bei der Frühjahrskontrolle zu helfen und die Bienen einzurauchen. Ich nicke und spüre im nächsten Moment, dass ich einen Fehler begangen habe, aber für einen Rückzug ist es zu spät.
    Das Innere des Bienenhauses ist halb dunkel. An der hinteren Seite des Holzbaus fällt milchiges Licht durch ein kleines verschmutztes Fenster, neben dem zwei Schränke stehen, in denen Großmutter ihre Kleider verwahrt. Auf der Vorderseite türmen sich die Bienenstöcke wie eine breite, summende Wand. Im Frühjahr sind über die Bienenstöcke noch Wolldecken gebreitet. In einem abgetrennten Raum dahinter steht die Honigschleuder, auf einem Tischchen neben der

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