Engel in meinem Haar - Die wahre Geschichte einer irischen Mystikerin
verzierten, rußigen Kamin im Wohnzimmer. Diesmal hingegen befand ich mich in einem wunderschön hergerichteten und für so einen »alten Kasten« bemerkenswert gepflegten Haus.
»Wo ist denn der Kamin geblieben?«, wollte ich von der Großmutter des Jungen wissen. Sie sah mich seltsam an und meinte, seit meinem letzten Besuch habe sich nichts verändert. Doch für mich hatte es das schon – denn ich war hier nicht nur dem Geist ihres Großvaters begegnet, sondern auch dem Geist des alten Hauses, so wie es zu jener Zeit gewesen war, als er darin gewohnt hatte.
KAPITEL 23
Seelenpartner
Joe war immer noch arbeitsunfähig, aber wenigstens zu Hause, wo er ein Auge auf die Kinder hatte, während ich gelegentlich einen Kurzzeitjob fand: So putzte ich beispielsweise in einer Schule die Böden und war als Verkäuferin in einem Schuhgeschäft tätig, aber – um ehrlich zu sein – damals gab es nicht viele Jobs, für die ich qualifiziert war.
Die glutenfreien Nahrungsmittel für Christopher strapazierten unser Haushaltsbudget natürlich auch und Joe musste als Diabetiker ja ebenfalls eine spezielle Diät einhalten. Mit unserem wenigen Geld die ganze Familie satt zu bekommen, war unter diesen Umständen immer ein harter Kampf für mich. Wir lebten buchstäblich von der Hand in den Mund. Meine Tochter Ruth lacht heute darüber, dass sie seinerzeit, um an ein bisschen Fleisch zu kommen, die Knochen vom Teller ihres Vaters abnagen musste.
Es gab kurze Intervalle, in denen Joes Diabetes unter Kontrolle blieb und es ihm von daher gut genug ging, um Gelegenheitsjobs anzunehmen. Bei einer solchen Gelegenheit gab er Fahrstunden, wobei ich das immer mit Sorge beobachtete, aus Furcht, es könnte ihn ein Schwächeanfall überkommen. Arbeiten zu können machte ihn immer sehr glücklich, doch leider waren diese Perioden nie von langer Dauer.
Wir hielten Hühner im Garten, deshalb rief Joe gelegentlich in einem Café in der Stadt an und fragte nach Brotresten für unsere Hühner. Was er nicht dazu sagte, war, dass seine Frau und seine Kinder mit davon aßen, aber genauso verhielt es sich. Kam er dann mit tütenweise
Brotresten nach Hause, untersuchten wir sie gründlich auf ihre Essbarkeit hin und schnitten schimmelige Stellen einfach weg. Mitunter fanden wir sogar tadellose Cremetörtchen oder einen frischen Laib Brot darunter – ich war immer fest davon überzeugt, dass der Betreiber des Café-Restaurants wusste, was wirklich los war und die guten Sachen ganz bewusst mit in die Tüten packte.
Einmal stand es besonders schlimm um uns, wir waren mit den Kreditzinsen für unser cottage beträchtlich im Rückstand und drohten unser Zuhause zu verlieren, sollten wir nicht bezahlen können. Daraufhin ging ich zum Sozialamt, um mich zu erkundigen, ob sie uns dort zusätzlich zu Joes Erwerbsunfähigkeitsrente noch etwas weiterhelfen konnten. Joe kam mit mir. Obwohl Joe schwer krank war, glaubte man uns unsere Geschichte nicht. Es wurde bezweifelt, dass Joe wirklich krank war: Trotz der von uns vorgelegten ärztlichen Atteste hieß es auf der Behörde, man glaube, Joe wäre durchaus arbeitsfähig gewesen, wenn er es nur ernsthaft gewollt hätte. Nach Joes Tod hat mich die zuständige Sachbearbeiterin dann um Entschuldigung gebeten.
Aus purer Verzweiflung boten wir einen Teil des Gartens zum Verkauf an. Bei näherem Hinsehen zeigt sich, dass ich in meinem Bestreben, Joe das Leben wenigstens ein klein wenig erfreulicher zu gestalten, das Land weit unter seinem Wert hergab. Dennoch reichte der Erlös zur Deckung einiger unserer Schulden.
Man verliert seine Würde, wenn man betteln gehen muss, aber manchmal bleibt einem keine andere Wahl, vor allem dann, wenn man eine Familie hat. Eines der Symptome von Joes Krankheit bestand darin, dass er ständig fror – er zitterte selbst im Sommer vor Kälte. Wieder ging ich aufs Sozialamt, ersuchte um Geld für kälteisolierende Unterwäsche. Und wieder ließ man mich im Regen stehen, behauptete, es wäre doch alles in Ordnung und verweigerte jegliche Hilfe. Was mich wirklich frustrierte und aufregte, war die Tatsache, dass
andere Familien durchaus finanzielle Unterstützung erhielten. Ich glaube, die Tatsache, dass wir ein eigenes Häuschen besaßen, so klein es auch immer war, anstatt in eine Sozialwohnung zu ziehen, nahm sie gegen uns ein. Dazu kam noch, dass Joe, aus seinem Stolz heraus, vor jedem Besuch beim Sozialamt viel Sorgfalt auf ein ordentliches und respektables äußeres
Weitere Kostenlose Bücher