Engel küssen besser
vista, ihr Räuber!”
, rief Allison und, ehe man es sich versah, hatte sie sich auf die beiden geworfen. Ihr Kichern besänftigte die tausend Schmerzen, die sich wie rote Linien auf einer Landkarte durch seinen Körper zogen. Er legte die Arme um die beiden zappelnden Weibsbilder und versuchte, sie in eine Lage zu schieben, in der sie weniger Druck auf ihn ausüben konnten. Aber in dem Moment, in dem er mit den Fingern Allison in die Seite fasste, lachte sie noch lauter und fing an zu strampeln und wie ein Fisch an Land zu zappeln. “Nicht kitzeln, Daddy!”, kreischte sie, obwohl Sam kaum atmen, geschweige denn auch noch seine Tochter kitzeln konnte.
Gloria lachte ebenfalls. Trotz der Last, mit der sie auf ihm lag, stimulierte sie mit ihrem Körper den seinen, und mit ihrer Wange auf der seinen erwachte sinnliches Vergnügen in ihm. Aus einer längst vergessenen und vernachlässigten Ecke seiner Seele löste sich ein Lachen, fand seinen Weg zu den Lippen und verband sich mit seiner Stimme zu einem polternden Gelächter, das allerdings noch etwas eingerostet klang, weil es so lange nicht mehr benutzt worden war. “Meine Damen … bitte … gehen Sie … von mir runter”, brachte er unter all dem Gekicher und Gestrampel hervor. Aber keine der beiden reagierte auf seine Bitte, sondern sie fingen an, ihn nun ihrerseits zu kitzeln.
Als das Gerangel auf ihm zu wild wurde, ergriff Sam die Quälgeister mit einer Hand und warf sie auf den Boden. Dort hielt er sie nebeneinander fest und beugte sich über sie. “Jetzt mal im Ernst”, sagte er streng. “Wessen Idee war das?”
“Glorias.” Allies Grinsen wurde noch breiter, indem sie die Schuld von sich wies, aber ihr ausgelassenes Kichern war alles andere als unschuldig. “Sie hat angefangen. Ich habe es gesehen.”
“Sie haben angefangen, Sam”, verteidigte Gloria sich. “Ich wollte nur schaukeln.”
Sam sah von einer zur anderen und achtete darauf, dass sein Blick nicht auf Glorias geröteten Wangen hängen blieb. “Ich finde, Ihr solltet euch schämen, einen alten Mann wie mich zu kitzeln.”
“Wir schämen uns”, sagte Allison ohne einen Anflug des Bedauerns. “Komm, Gloria, krieg ihn!”
Allison bohrte ihre Finger in Sams Achselhöhle, aber Gloria konnte besser zielen. Zielstrebig fand sie die einzige Stelle auf Sams Körper, an der er kitzlig war – ein kleiner Punkt unter seinem Kinn. Er drückte das Kinn auf die Brust, musste aber trotzdem lachen und rollte sich auf den Rücken, um es frei herauszulassen. Ein Gefühl von Erleichterung und Erneuerung durchströmte ihn, und als Allison wieder auf ihn sprang, hielt er sie fest an sich gepresst. Es sollte so aussehen, dass er damit ihren Angriff abwehren wollte, aber in Wahrheit genoss er jeden wunderbar kichernden und zappelnden Zentimeter von ihr.
Gloria setzte sich lachend auf und erfreute sich an der Liebe, die sich vor ihren Augen entfaltete; einer Liebe, von der sie auf wundersame Art ein Teil war. Sie schlang sich die Arme um den Oberkörper, lehnte sich zurück und nahm den Anblick von Vater und Tochter in sich auf, die beide gemeinsam die Freude dieses Augenblicks genossen – ein Anblick, der auch ihr eigenes Engelherz erwärmte.
Gute Arbeit, Gloria.
Leonards Lob kam für sie völlig unerwartet – und ungebeten. Sie hatte seine Gegenwart gar nicht bemerkt. Ihre ganze Aufmerksamkeit galt Sam und Allie, die völlig vertieft waren in ihr Gelächter und in das Glück ihrer Zweisamkeit. Für einen Moment war sie so … menschlich.
So fühlte sich das also an, Mensch zu sein, Teil einer Familie zu sein. Alles, was sie seit ihrer Erschaffung gelernt hatte, hatte sich plötzlich in ihren Gefühlen offenbart.
Jetzt verstehe ich
, sagte sie zu Leonard.
Darum wurde ich hergeschickt, nicht wahr? Um das zu erleben
. Aber Leonard war schon nicht mehr da, und sie war wieder allein gelassen, um ihr erweitertes Bewusstsein zu erforschen, diesen endlosen Ansturm von Gefühlen, der in ihrem Körper tobte.
“Hilfe! Hilfe! Er … kitzelt mich … tot!” Allisons Ruf nach Unterstützung war durchsetzt von schrillen Schreien des Entzückens und Sams flehenden Bitten um Gnade.
Gloria beugte sich lächelnd vor, um noch fünf Finger mehr ins Spiel zu bringen, zog sich in letzter Sekunde aber wieder zurück, weil sie sich daran erinnerte, dass sie nur als Vermittler in das Leben der beiden getreten war, nicht als Teil davon. Ihre Aufgabe war, eine Brücke zu bauen von dem “was war” und dem “was
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