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Engel und Dämonen: Kriminalroman (German Edition)

Engel und Dämonen: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Engel und Dämonen: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Haderer
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nur von Angehörigen, Vernehmungen stehen nicht zur Diskussion, solange sich der Zustand von Major Schäfer, der durchaus als kritisch zu bezeichnen ist, nicht gebessert hat; das schwöre ich bei Apollon dem Arzte und Asklepios und Hygieia und Panakeia und allen Göttern und Göttinnen (und bei meinem guten Freund Bernhard Bergmann, dem ehrenhaften Polizisten und zärtlichen Exliebhaber, dem ich sowieso nichts abschlagen kann).
    Ja, Bergmann hatte noch keine Idee, wie er mit dem Fall Schäfer in weiterer Folge umgehen sollte. Erstens fehlten ihm zu viele Details, als dass er seinen (ehemaligen) Vorgesetzten eindeutig als Tatverdächtigen festnehmen wollte; zweitens fürchtete er, dass eine Befragung durch das BVT den Major tatsächlich um den letzten Rest seines Verstands bringen könnte; drittens: war er befangen. Es war kein Suchen nach der Wahrheit mehr, das ihn jetzt antrieb; wer wo wie was tatsächlich, dafür fehlten ihm die Ruhe und Konzentration; Bergmann suchte nach dem grünen Leuchtkasten mit dem weißen fliehenden Mann; wohin konnte er diesen führen, abgesehen von einem Einzelzimmer mit Waldblick, das Bergmann mit der hilflosen Frage verlassen hatte, ob Schäfer irgendetwas brauche, Zahnbürste, Kleider, ein Buch, ein neues Ich; mit den Schultern hatte er noch gezuckt und andeutungsweise salutiert, da hatte sich Schäfer schon aufs Bett sinken lassen und auf die Seite gerollt, friedlich seufzend, ganz so, als ob dieser kahle Raum am Rande des Wienerwalds das eigentliche Ziel seiner Odyssee wäre.
    Bergmann verließ das Klinikgelände, fuhr gut einen Kilometer an der Mauer entlang, die die Steinhofgründe umgibt, und nahm die Straße zur Jubiläumswarte. Auf diesem Turm war er seit … Ewigkeiten nicht mehr gewesen, dachte er, während er die steinerne Wendeltreppe hinaufstieg. Auf dem Aussichtsplateau ging er die Metallschilder an der Brüstung ab, die auf die Erhebungen hinwiesen, die bei idealen Wetterbedingungen von hier oben zu sehen waren. Hermannskogel, murmelte er, Ötscher, Schneeberg, Lindkogel … er stützte sich auf das Metallgeländer und sah hinunter, die Straße, die sich durch den Buchenwald zur Feuerwache schlängelte, zum Ottakringer Friedhof, stadteinwärts zum Lerchenfelder Gürtel, diesen Weg würde er nehmen, durch diese hohle Gasse, dachte Bergmann laut, lachte auf in Gedanken an diesen Fall, diese unsäglichen Fälle damals, die Schäfer nahe am Wahnsinn zu einer ebenso wahnwitzigen Serientäterthese zusammengesponnen hatte, in der Wilhelm Tell als Figur auf doppeldeutschen Spielkarten eine Rolle gespielt hatte, dieser Schäfer, dieses Genie, das nun da unten in einem der ziegelbraunen Pavillons lag und wahrscheinlich schlief wie ein Murmeltier im Winter, was sollte er mit ihm tun, wie das alles erklären, wenn er, Bergmann, in spätestens einer Stunde in der Sicherheitsdirektion eintraf? Dass sie von Schäfers Wiederkehr wussten, daran hatte er keinen Zweifel, genug derer, die den weißen Rauch aufsteigen ließen, wenn sich irgendwo etwas zu entzünden fand, habemus Major!, sollte Kardinalprotodiakon Bergmann von diesem steinernen Turm hinabschreien, doch wen kümmerte es wirklich, außer denen, die es bereits wussten? Seinen Nachbarn Wedekind wahrscheinlich, Amos Goldmann … ja, den bestimmt, sagte sich Bergmann und schrieb Schäfers Freund eine SMS … doch sonst: ein paar Schlagzeilen, um das Sommerloch zu stopfen, das bislang übergequollen war von der Jahrhundertflut, die sich nun zumindest in Österreich beruhigt zu haben schien. Wochenlang vermisster Polizist lebendig aufgefunden! Mysteriöser Vermisstenfall geklärt! War es das? Auf einer Seehöhe von 449 Metern stand Bergmann und fühlte sich wie ein Rekordschwimmer am Ufer des Ärmelkanals, quasi verpflichtet, in dieses kalte Wasser zu gehen, einzutauchen in die Fragen und Erklärungen und Missverständnisse und Spekulationen, keine Chance, sich jetzt noch zurückzuziehen und zu sagen: Tschuldigung, hab’s mir anders überlegt, brauche erst einmal zwei Wochen an einer Strandbar mit einem Blumenkranz um den Hals. Andererseits: die Insel, war das nicht auch eine Möglichkeit? Klingeling. Lorenz!
    „Bergmann! Alles im grünen Bereich … wir haben das Tabun, der Bau ist sauber, Ehrenreich erstmal verstaut … gute Arbeit, Bergmann … Bergmann?“
    „Ja … ich bin da … Schäfer ist auf der Baumgartner Höhe, völliges Blackout, der Arzt hat gesagt, dass er erst einmal eine Woche Ruhe braucht bis …“
    „Ja ja,

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