Engel und Dämonen: Kriminalroman (German Edition)
Dämonen gibt! … Dass es kein Böses gibt, das wir aus der Welt schaffen sollen …“
„Sie hören sich an wie Tannhäuser …“, sagte Bergmann und wandte den Blick ab. Er wollte sich nicht anstecken lassen von Schäfers loderndem Furor, seiner beschränkten Logik, der Möglichkeit, dass er recht hatte. „Wir sind Polizisten, keine Richter.“
„Nein, Bergmann … wir, wir beide sind keine Erfüllungsgehilfen … wir haben diesen Beruf nicht gewählt, weil wir Cowboy spielen wollten oder weil es halt in der Familie so der Brauch ist …“
„Mein Stiefvater war Gendarm …“
„Von mir aus … aber deswegen sind Sie nicht zur Kripo gegangen … wir sind berufen, wir sind …“
„Die Hand Gottes?“
„Warum nicht … die einen schickt der Teufel, die anderen der Himmel …“
Bergmann wusste nicht mehr, was er erwidern sollte. Mit solch reaktionären Ansichten hatten ihn schon zu viele selbst ernannte Rächer genervt – Pensionisten, die mit dem Luftgewehr auf lärmende Migrantenkinder schossen, Neonazis, die Brandbomben auf Asylheime warfen, Türken, die ihre ehrlose Tochter erstachen – und er hatte keine Lust, Schäfer einen Vortrag über das Wesen des modernen europäischen Rechtssystems und dessen Vorteile für eine soziale und demokratische Gesellschaft zu halten. Mit wem redete er denn hier? Doch nicht mit einem emotional verwahrlosten HTL-Schüler, der wahllos Roma erschoss. Das war Major Schäfer, neben dem er sich auf einem gefällten Baumstamm niedergelassen hatte, juristisches Examen, Offiziersausbildung, zwanzig Jahre im Polizeidienst; wieso musste er dem erklären, dass Selbstjustiz und Todesstrafe alles nur noch schlechter machten. Natürlich: Jeder konnte einmal in diese Falle tappen; dem Einbrecher eins mit dem Baseballschläger überziehen, dem Pädophilen die Hauswand vollschmieren, den Elternmörder im Verhörraum foltern, je brutaler das Verbrechen, desto schmaler wurde der Grat, auf dem sie balancierten, wer konnte etwas dagegen haben, jemanden zu töten, der ein vierjähriges Mädchen auf dem Gewissen hatte; doch so funktionierte es nicht, und das wusste Schäfer – zumindest hatte er es einmal gewusst.
„Wer außer Ihnen ist noch Teil dieser … Gruppe?“
„Was weiß ich … jeder, der sich nicht damit abfinden will, dass der Teufel das Kommando übernimmt“, erwiderte Schäfer trotzig und legte seinen Kopf in die Hände.
„Ohne mich gehen Sie in eine Anstalt für abnorme Rechtsbrecher“, Bergmann ging vor Schäfer in die Hocke, nahm ihn bei den Schläfen und zwang ihn, ihn anzusehen. „Ich kann es so hindrehen, dass Troger das Amulett besessen hat … dass Sie Plier während Ihres Urlaubs oder kurz danach auf die Schliche gekommen sind … dass Sie Tannhäuser besucht haben, weil Sie in ihm einen Komplizen vermutet haben … ich kann den Film verschwinden lassen und Sie waren wirklich zufällig am Donaukanal, sind angegriffen worden und haben in Notwehr gehandelt … dass Sie sich nicht gemeldet haben, Ihre überstürzte Fahrt in die Schweiz … das erkläre ich damit, dass Plier Ihnen Drogen gegeben hat, von denen Sie nichts gewusst haben …“
„Drogen?“, Schäfer schüttelte Bergmanns Hände von seinem Kopf, „was für Drogen?“
„Kraft & Zuversicht? Der Tee in Ihrer Küche?“
„Keine Ahnung, wovon Sie reden … wieso sollte ich Drogen in meiner Küche aufbewahren … die verstecke ich wenn woanders …“
„Ich habe bei Ihnen übernachtet, zum Frühstück eine Tasse Tee aus Ihrem Regal getrunken und war danach jenseits von Gut und Böse … Koller hat die Kräuter analysiert: Ayucairgendwas, aus Lianen und irgendwelchen anderen Urwaldpflanzen … ein Zeuge hat uns bestätigt, dass Plier diese Droge den Teilnehmern des Seminars in Ottenstein verabreicht hat … klingelt da was?“
„Wer ist dieser Plier, von dem Sie dauernd reden? … Und wieso haben Sie bei mir übernachtet?“
„Egal … Marsant … Phillipe … er heißt eigentlich Jean Plier und war eins der führenden Mitglieder bei den Sonnentemplern … diese Selbstmordsekte in den Neunzigern … sagt Ihnen doch etwas, oder?“
„Ja … nein … das ist mir zu hoch … Phillipe … ich meine … der war schon … aber der hätte mir nie … er war bei mir … aber dass er …“
„Er war bei Ihnen? In Ihrer Wohnung?“
„Ja … wieso nicht … er ist mein Freund … habe ich zumindest geglaubt …“
„Noch einmal: Wer war Mitglied in dieser Gruppe? Wer hat aller diese
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