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Engel und Dämonen: Kriminalroman (German Edition)

Engel und Dämonen: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Engel und Dämonen: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Haderer
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verdrängen lassen, dass das Böse existierte, oder? Und er selbst, Chefinspektor Bergmann? Wie sah es mit seinem Gefühlsleben, seinen Idealen, seinem Umgang mit dem Bösen aus? Vielleicht hatte er die beste aller Strategien: Er dachte so gut wie nie darüber nach. Er konnte abschalten, er rauchte nicht, trank wenig Alkohol, ernährte sich gesund, trieb viel Sport, bildete sich regelmäßig in Stressbewältigung fort … eigentlich bist du ein spießiger Beamter, sagte er sich, während er ins Bad ging. Aber was soll’s? Ich will meine Pension gesund erleben, ein kleines Haus am Land, einen Badeteich … und als Liebhaber einen ungestümen Stallknecht wie bei Lady Chatterley. Er stellte sich vor den Spiegel, hob seine Arme und spannte die Bizepsmuskeln an. Sancho, sattle mein Pferd!
    Frühstück gab es erst ab sieben. Zu diesem Zeitpunkt stand Bergmann schon auf dem Gürtel – Stehen im Sinne von Frühverkehr, nichts geht weiter, alles Trottel diese Pendler, und noch schlimmer diese Affen, die in Wien wohnten und mit den Öffentlichen schneller wären, einen Hass konnte man bekommen, wenn man bei der Seitenscheibe hinaussah und in die ausdruckslosen Visagen dieser Menschmaschinen, die ihr Leben auf diese Weise abspulten, weil sie nun einmal dazu verdammt waren, sich selbst dazu verdammt hatten, diese trägen Rädchen eines Getriebes, das aufgrund seiner Millionen Teile unaufhaltbar wälzte … Krieg dich wieder ein, ermahnte sich Bergmann, hättest auch mit dem Zug nach Stein fahren können.
    Vor der Morgenbesprechung suchte er Kamp auf; erzählte ihm, dass Tannhäuser keinerlei brauchbare Aussagen geliefert hatte, und anschließend von Jean Plier, seinen Verstrickungen in die Machenschaften der Sonnentempler und seinem offensichtlich vorgetäuschten Tod. Kamp ließ sich Zeit mit einer Antwort; kritzelte mit einem Druckbleistift auf der Titelseite der Tageszeitung herum, die über verheerende Überschwemmungen in Australien berichtete, legte schließlich die Hände ineinander und sah Bergmann in die Augen.
    „Gehen wir einen Schritt zurück“, sagte er und räusperte sich, „Schäfer lernt diesen Mann auf Réunion kennen, wie uns Isabelle bestätigt hat. Er freundet sich mit ihm an, sie bleiben in Kontakt. Ein halbes Jahr später veranstaltet dieser Marsant oder Plier oder wie auch immer ein Seminar im Waldviertel, an dem auch Schäfer teilnimmt … dabei geht es um … um was ist es da gegangen?“
    „Ähm … systemische Aufstellung … irgend so ein Esoterikquatsch halt …“
    „Gut … das mit dem Quatsch sei dahingestellt … diesbezüglich sind Sie ja etwas voreingenommen, wie wir beide wissen.“ Kamp machte eine bedeutsame Pause, die Bergmann daran erinnerte, dass der Oberst über seine Abneigung gegen jene selbst ernannte Therapeutin, die er für den Selbstmord einer Bekannten verantwortlich hatte machen wollen, durchaus Bescheid wusste.
    „Was wäre also eine Erklärung, die keine Straftat unterstellt? … Schäfer will sein Leben in den Griff bekommen … Plier verspricht, ihm dabei zu helfen … nach diesem Seminar und möglicherweise noch weiteren Treffen entschließt sich unser Major – dessen Unberechenbarkeit uns nicht fremd ist – den Polizeidienst zu quittieren … nicht auf die konventionelle Art, weil ihm das aller Wahrscheinlichkeit nach nicht gelingen würde … er verschwindet und bricht alle Kontakte ab, wie dieser Franzose es ihm geraten hat … nach ein paar Wochen fällt ihm ein, dass er in seiner Wohnung etwas Wichtiges vergessen hat … er gibt Plier seinen Schlüssel und bittet ihn, diesen Gegenstand für ihn zu holen … ehrlich gesagt, Chefinspektor Bergmann: Ich würde diese Lösung begrüßen …“
    Bergmann hatte Kamps Tempo nicht folgen können; er hatte verstanden, was dieser meinte; dass sich alles ganz anders zugetragen haben könnte, dass Plier ein Guter war und Schäfer geholfen hatte; dass aus einem nur leicht veränderten Blickwinkel alles anders aussehen konnte, dass man zu nahe am Objekt den Überblick verlor und so weiter. Gut, in der Analyse solcher Sachverhalte war Kamp ein Ass, keine Frage; sein Wissen stand auf den Lehrplänen der Polizeiausbilder, seine Einvernahmen waren Legende. Aber in diesem Fall konnte Bergmann nicht anders, als seinem Vorgesetzten unrecht zu geben. In diesem Fall war Kamps Nase nicht nahe genug dran, um riechen zu können, dass hier etwas faul war.
    „Möglich“, erwiderte Bergman ruhig, „das Maß an krimineller Energie, das da

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