Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Engel und Dämonen: Kriminalroman (German Edition)

Engel und Dämonen: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Engel und Dämonen: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Haderer
Vom Netzwerk:
Zöllnern einlassen, das höchstwahrscheinlich in einer Zelle und wer weiß wo sonst noch enden würde. Am Bahnhof von Montreux hatte er sich einen Sack voll Sandwiches, Hartwürste, Käse, Obst, Vanillepudding und Schokolade gekauft und bereits am Bahnsteig in sich hineingestopft, was der Magen aushielt. Dazu einen Pack Tageszeitungen aus der Schweiz, Deutschland und Österreich – vielleicht half ihm die aktuelle Wirklichkeit ja dabei, den einen oder anderen Scheinwerfer aufzustellen in diesem aussichtslosen Dunkel, in das ein Großteil seines Lebens gefallen war. Wenn er zu nüchterner Reflexion, zur Betrachtung seines Selbst von außen fähig gewesen wäre, hätte er sich allerdings auch eingestehen müssen, dass sein Wunsch nach Erleuchtung nicht widerspruchsfrei war. Schließlich war er selbst es, der mit dem Rücken zum Licht stand und die finsteren Schatten warf. Sein beschädigtes Gehirn, Drogen, ein Trauma – er wusste es nicht, er fühlte sich ängstlich und unsicher, stand zitternd vor diesem schwarzen Loch, das ihn anzog und abstieß zugleich. Hin zu einer Erkenntnis, mit der er nicht fertigwerden würde? Oder zurück? Wohin zurück? Er sah aus dem Zugfenster, die Schweizer Landschaft, die wie geschaffen war für eine Projektion von Sehnsüchten nach einem Leben in vorsündhafter Unschuld. Ruth, sie hätte ihn mitnehmen sollen. Sie hätte keine Fotografin sein sollen, sondern eine Schafbäuerin auf einem einsamen Hof im Wallis oder Tessin. Wo er mit ihr ein neues Leben begonnen hätte. Frühmorgens die Schafe auf die Alm führen, ihnen Kommandos zurufen wie Öyöyö, hayaho, do her, dem treuen Hirtenhund den Kopf kraulen, einmal in der Woche einem Wanderer zunicken, friedvoll und wortkarg wäre er über die Jahre geworden, genügsam und knorrig wie die alte Eiche, in deren Schatten er zu rasten liebte, zu Mittag ein einfaches Mahl einnehmen, das ihm Ruth in einem Blechgeschirr brachte, schon von weitem winkend und hüpfend wie ein junges Mädchen, trotz der Jahre, die ihre Haare grau gefärbt, ihr Gesicht hatten faltig werden lassen, die vielen Jahre, die er nun schon in reinem Glück mit ihr lebte. Er hatte nicht einmal ihre Telefonnummer.

34.
    „Danke, dass Sie sich gemeldet haben …“, sagte Bergmann, nachdem er dem etwa fünfundzwanzigjährigen Mann die Hand gereicht und sich ihm gegenübergesetzt hatte.
    „Ist doch klar … also … ja, so was gehört sich …“
    „Ohne Ihnen zu nahe treten zu wollen … haben Sie schlechte Erfahrungen mit der Polizei gemacht?“
    „Gibt’s jemanden außerhalb der Polizei, der nicht?“ Brühl grinste vorsichtig.
    „Das ist eine landläufige Irrmeinung“, Bergmann winkte der Kellnerin, die gerade eine einzelne Tasse Tee in Zeitlupe durchs Lokal trug, „ich bin mir ziemlich sicher, dass ich mehr schlechte Erfahrungen mit Polizisten gemacht habe als die meisten Zivilpersonen …“
    „Ja … aber verdroschen sind Sie nie worden, oder?“
    „Fünfter Dan … das hilft …“
    „Sagt mir nichts …“
    „Das heißt, dass ich als Jugendlicher so viel Schiss hatte, dass ich angefangen habe, wie ein Blöder Karate, Hapkido und Wing Tsun zu trainieren, bis ich mich nicht mehr fürchten brauchte …“
    „Wer hat dich verdroschen … darf ich du sagen?“
    „Klar … von der WEGA welche … bei der Demo gegen den Burschenschafterball …“
    „Ah … hast du Major Schäfer vielleicht da schon getroffen, ohne es zu wissen …“
    „Der hat da mitgemacht? So eine Sau …“
    „Falsch … auf eurer Seite …“
    „Verstehe ich nicht …“
    „Er hat auch gegen diese Neonazis demonstriert … wahrscheinlich war er sogar vermummt, der Spinner … hat ein eher zwiespältiges Verhältnis zur Staatsmacht, mein Major … gut: du hast ihn also bei diesem Seminar getroffen … wer hat dir das vermittelt?“
    „Einer auf der Uni … hat gemeint, dass ich das unbedingt einmal machen soll, weil das total das Bewusstsein öffnet und so …“
    „Hast du seinen Namen? … Okay, verstehe, falsche Frage … bei wem hast du dich gemeldet, also wen hast du angerufen für die Teilnahme?“
    „Einen Journalisten … der hieß …“
    „Linus Foster?“
    „Ja … kennen Sie den?“
    „Nein, leider nicht … du hast dich also angemeldet, bist ins Waldviertel gefahren, und dann?“
    „Das war von Anfang an ziemlich strange … einmal waren da nur Männer, wo ich eh schon gedacht habe, dass das vielleicht so ein Paintball-Scheiß in Camouflage oder so was wird … wir

Weitere Kostenlose Bücher