Engel und Dämonen: Kriminalroman (German Edition)
Wasser zu trinken, da ihm die Erinnerung an besagtes Gebräu einen fahlen Geschmack in den Mund getrieben hatte.
„Ayahuasca. Das ist ein pseudowissenschaftlicher Ausdruck für die Liane Banisteria caapi, die hauptsächlich im südamerikanischen Dschungel wächst … gleichzeitig wird der Name auch für einen Trank verwendet, der aus der Banisteria und den Blättern der Psychotria viridis gekocht wird …“
„Du hast das eh irgendwo aufgeschrieben und schickst mir das per Mail, oder?“
„Eigentlich übersetze ich es dir gerade frei von einer englischen Website … ich schick dir dann den Link …“
„Danke … und was bewirkt dieser Höllentee?“
„Höllentee … ja, ha ha, nicht so weit daneben … auf Quechua bedeutet Ayahuasca Liane der Geister oder Toten … es wird vor allem in Brasilien bei rituellen Zeremonien getrunken, um Geister zu treffen oder in die Zukunft blicken zu können … die halluzinogene Wirkung beruht auf einem Tryptamin-Alkaloid in Verbindung mit einem MAO -Hemmer aus der Harmala-Reihe … ich glaube, das ist sogar in einem alten Antidepressivum verwendet worden, aber sicher bin ich mir jetzt nicht …“
„Zwischenfrage: Kann das bleibende Schäden verursachen?“, Bergmann füllte sein Wasserglas erneut.
„Was? Schmarrn … du bist doch ein gesunder junger Mann … wenn es ganz blöd hergeht, verursacht es vielleicht noch ein paar Intrusionen, wie man sie von LSD oder psychotropen Pilzen kennt … Flashbacks, verstehst du?“
„Ja, leider … und bei langfristiger Anwendung …“
„Keine Ahnung … ich gehe davon aus, dass es wie bei allen Halluzinogenen stark auf die psychische Konstellation des Konsumenten ankommt … also bei Schäfer hättest du wahrscheinlich gar nicht bemerkt, wenn er das Zeug als Kaffeeersatz verwendet“, Koller geriet ob seines Witzes so ins Lachen, dass ihn ein Hustenanfall packte, der bestimmt eine Minute ins Telefon dröhnte. „Scheiß Pfeife, sollte ich langsam lassen … aber im Ernst: Du gehst nicht davon aus, dass unser lieber Major das regelmäßig konsumiert hat …“
„Nein … erstens ist die Packung voll … und wenn ich daran denke, in welchem Zustand ich nach zwei Tassen war … das wäre mir doch aufgefallen … ich weiß es nicht … das wird alles immer mysteriöser …“
„Also was mache ich jetzt mit dem Tee? Kann ich ihn behalten?“
„Du spinnst wohl … das ist ein Beweismittel!“
Bergmann saß auf der Couch und starrte in den Raum. Wieso hatte er plötzlich das Gefühl beobachtet zu werden? Verarschten ihn die allesamt? War er ohne sein Wissen in ein perfides Spiel geraten, an dem sich Kamp, Koller, Lorenz und vielleicht sogar Schäfer erfreuten? Er stand auf und suchte ein paar Stellen ab, an denen er eine Minikamera verstecken würde. Blödsinn, natürlich. Aber so ferngesteuert, mitunter so außerhalb der eigenen Kontrolle wie in den letzten Wochen hatte er sich noch nie gefühlt. Das ist die neue Verantwortung, in die ich erst hineinwachsen muss, versuchte er sich zu beruhigen; heißt ja nicht umsonst neue Position; weil man woanders steht und den Blick noch nicht gewohnt ist; dazu diese Unmengen an Informationen, die ich erst einmal alle verdauen muss!
Als er aufstand, drehte er sich dennoch mit erhobenem Mittelfinger im Kreis und sagte: Ihr könnt mich alle, alle könnt ihr mich einmal! Dann nahm er seinen iPod und legte sich ins Bett, aus den Kopfhörern floss Flotation Toy Warning, eine englische Band, die ihm Schäfer einmal empfohlen hatte. Tryin’, tryin’ to understand it all, to understand it all, just makes your head hurt, jammerte der Sänger. Bergmann stand auf, holte seine Waffe aus dem Vorraum und legte sie aufs Nachtkästchen. Weil es gerade cool war.
Die erste Besucherin am folgenden Tag passte perfekt in sein Konzept der Fremdbestimmung. Erstens kannte er sie, zweitens verachtete er sie, drittens fragte er sich, was zum Teufel diese Psychohexe bei ihm wollte.
„Herr Bergmann“, wiederholte sie und stand immer noch in der offenen Tür.
„Ja?“
„Darf ich reinkommen?“
„Sicher … nehmen Sie sich den Stuhl da … Kaffee, Wasser, Ayahuasca?“
„Wie bitte?“
„Ob Sie was trinken möchten …“
„Nein, danke … ich will Sie auch gar nicht lange aufhalten, aber …“
„Ich höre?“, anscheinend hatte sie plötzlich der Mut verlassen.
„Herr Bergmann … was damals mit Ihrer Bekannten passiert ist …“
„Das nennt man nicht passiert … sie hat sich das Leben
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